Zwei Deutsche erleben das Abenteuer Afrika-Cup an der Elfenbeinküste als Co-Trainer: Fabian Träger aus Passau trat mit Namibias Kickern in ein politisches Fettnäpfchen, während für den gebürtigen Frankfurter Robby Echelmeyer schon die Flugzeug-Anreise mit dem Team Gambias zum lebensgefährlichen Horrortrip wurde.
Vor dem Turnier war für die „Scorpions“ aus der kleinen westafrikanischen Republik Gambia so ziemlich alles schiefgelaufen: die Vorbereitung verkürzt, das Testspiel gegen Marokko ausgefallen, die Rückreise aus dem Trainingslager in Saudi-Arabien zehrende 30 Stunden lang, dazu gab es einen Spielerstreik nach ausgebliebenen Prämienzahlungen. Und was Robby Echelmeyer vom ersten Anreiseversuch aus Gambias Hauptstadt Banjul zum Turnier in der Elfenbeinküste am Mittwoch erzählt, klingt nach einem furchtbaren Albtraum.
Afrika-Cup: Fast ein Unglück auf Gambias Anreise
„In der Propellermaschine von Air Cote d’Ivoire herrschte eine unglaubliche Hitze. Das Personal sagte, dass die Belüftung nach dem Start funktioniert, das hat sie aber nicht“, berichtet der 41-Jährige. Der Druck in der Kabine stimmt nicht, Sauerstoff fehlt: „Nach und nach sind viele von uns weggenickt, ich auch. Ich habe das darauf geschoben, dass ich wenig geschlafen hatte. Dann bin ich immer wieder leicht wach geworden, schweißgebadet. Eine krasse Erfahrung.“ Dass die Passagiere nicht ersticken, ist einzig der schnellen Reaktion der Piloten zu verdanken: Nach wenigen Minuten kehren sie um und landen wieder in Banjul. Einige Profis klagen hernach über starke Kopfschmerzen und Schwindel.
Der zweite Versuch am Donnerstagabend klappte ohne Zwischenfälle: Das Team traf − mit einer anderen Maschine – in der ivorischen Hauptstadt Yamoussoukro ein, wo es am Montag (15 Uhr) gegen den Nachbarn und Titelverteidiger Senegal mit Ex-Bayern-Star Sadio Mané geht. „Der große Erzrivale, noch dazu Titelverteidiger. Mehr geht nicht an Motivation für uns. In Gambia hat man fast den Eindruck bekommen, dass es nur um dieses eine Spiel geht. Hauptsache Senegal schlagen, alles andere scheint zweitrangig“, sagt Echelmeyer.
Der gebürtige Frankfurter kickte einst in der Jugend von Hannover 96 und danach hochklassig in verschiedenen Ländern, nebenbei arbeitete er als Journalist. Seit drei Jahren ist der C-Lizenzinhaber und langjährige Freund des belgischen Cheftrainers Tom Saintfiet nun Assistenzcoach Gambias. Deren weitere Gegner beim Turnier sind ebenfalls afrikanische Schwergewichte: Guinea mit Stuttgarts Torjäger Serhou Guirassy und der fünfmalige Champion Kamerun.
Kann sich Gambia so auf Fußball konzentrieren?
Doch der abgebrochene Flug wirkt bei den Gambiern um den in Bielefeld geborenen Torhüter Baboucarr Gaye noch nach – und weckt unliebsame Erinnerungen an andere lebensbedrohliche Zwischenfälle: Bei ihrer ersten Afrika-Cup-Teilnahme 2022 lag der Spielort im kamerunischen Bürgerkriegsgebiet, nahe des Trainingsgeländes lieferten sich Militärs und Rebellen eine tödliche Schießerei. Und vor exakt vier Monaten sollte das Team in Marrakesch sein letztes Qualifikationsspiel für den Afrika-Cup gegen die Republik Kongo bestreiten – doch zwei Tage vorher bebte die marokkanische Erde, tausende Menschen starben. „Wir mussten trotzdem spielen und haben zwei Nächte draußen am Pool geschlafen, weil das Hotel stark einsturzgefährdet war“, sagt Echelmeyer.
Für die Qualifikation brauchte der 126. der Fifa-Weltrangliste noch einen Punkt – den er nach 0:2-Rückstand in letzter Minute tatsächlich holte. „Es wird nicht langweilig“, schließt Echelmeyer voller Galgenhumor. „Nur schade, dass wir uns allzu oft nicht auf den Fußball konzentrieren können. Natürlich liegt nicht alles in der Hand unserer Funktionäre, aber viele Dinge schon.“
Afrika-Cup: Ex-Schanzer Fabian Träger ist Co-Trainer Namibias
Ungleich entspannter verlief die Anreise für Fabian Träger und die Namibier, die ein Trainingslager in Ghana inklusive eines achtbaren 0:0 im Test gegen die „Black Stars“ hinter sich haben. Der 33-Jährige kickte einst in der Regionalliga beim SV Schalding, danach arbeitete er bei den Löwen und beim FC Ingolstadt als Nachwuchscoach. „Ich habe leider kurz vor Corona beim FCI angefangen, dann lag alles auf Eis. Als der Klub die Rückkehr in die 2. Bundesliga verpasste, musste gespart werden“, erinnert er sich.
Der Niederbayer ging für drei Jahre an eine Fußballakademie in Kolumbien, ehe im November dann ein alter Kumpel bei Träger durchklingelte: Collin Benjamin, Ex-Fußballer beim Hamburger SV und 1860 München – und inzwischen Namibias Nationaltrainer. „Wir kannten uns von den Löwen, und es war schon länger Collins Gedanke, mich irgendwie ins Trainerteam einzubauen. Als der Anruf dann kam, sagte ich: ,Collin, sag’ wann und wo, und ich versuche dort zu sein’“, berichtet Träger von seiner „Bauchentscheidung“.
Nun sind er und die „Brave Warriors“ im schwülheißen Spielort Korhogo mit den anderen Teams ihrer Vorrundengruppe – Tunesien, Südafrika und Mali – in einem Camp mit verschiedenen Familienhäusern untergebracht. „Eine gute Idee, denn diese Wohnungen sollen nach dem Turnier an Einheimische verkauft werden, damit der Komplex nicht ungenutzt bleibt“, erzählt Träger, der im Trainerteam für die Gegneranalyse und die Vor- beziehungsweise Nachbereitung der Spiele zuständig ist.
Afrika-Cup: Fabian Träger mit Namibia nur Außenseiter, aber...
Sportlich ist der Weltranglisten-115. wie auch Gambia krasser Außenseiter. „Aber wir wollen trotzdem überraschen“, sagt Uefa-Lizenzinhaber Träger vor Namibias Auftakt am Dienstag (18 Uhr) gegen Tunesien um den Frankfurter Ellyes Skhiri. „Deswegen lieben wir diesen Sport ja: weil wir nicht wissen, wie es ausgeht.“ Mit einer Schwierigkeit kämpfen jedoch auch die Südwestafrikaner: „In Namibia herrscht großes Stammesdenken, das macht es nicht einfacher“, erzählt Träger. So hatte das Team für ein Social-Media-Foto in blau-rot-grünen T-Shirts posiert − zwar die Nationalfarben, aber eben auch jene der Regierungspartei Swapo. „Um weiteren Aufruhr zu vermeiden, verzichten wir jetzt auf dieses Shirt“, erklärt Träger.
Unverzichtbar bei einem Länderspiel sind für die Namibier hingegen die Tänze vor Anpfiff in der Kabine. „Damit putschen sich die Jungs auf“, erklärt Träger. „Ein tolles, beeindruckendes Ritual, da kriege ich Gänsehaut.“ Mit der Nationalhymne jedoch fremdelt der Niederbayer noch: „Ich habe mir tatsächlich Gedanken gemacht, ob ich mitsingen soll“, verrät der Co-Trainer lachend. „Aber die hab’ ich noch nicht drauf.“ Ein paar Tage zum Text-Lernen hat Träger ja noch.
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