Die niederbayerische Wirtschaft hat sich versammelt, um über aktuelle Probleme zu sprechen – und Albert Füracker (CSU) ist gekommen. Bayerns Finanzmister müsse sich „keine Strafpredigt anhören“, sagte Thomas Leebmann, Präsident der Industrie- und Handelskammer Niederbayern (IHK). Immerhin sei der CSU-Politiker nicht beim Nockherberg oder beim Maibockanstich. Die Samthandschuhe hat Leebmann trotzdem daheim gelassen.
Der Empfang der niederbayerischen Wirtschaft fand am Montagabend zum dritten Mal statt. Knapp 300 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und der Finanzbranche kamen ins IHK-Gebäude in Passau. Die Veranstaltung wird von der IHK und der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz organisiert.
Leebmann sagte mit Blick auf die Politik: „Im direkten, persönlichen Austausch erfahren wir immer viel Verständnis für die Anliegen und Positionen der Wirtschaft. Wenn es dann aber später darum geht, mit politischen Entscheidungen die Anliegen der Betriebe umzusetzen – dann herrscht viel zu oft Fehlanzeige.“ Er wollte deshalb die Missstände „deutlich ansprechen“.
Im Endeffekt sind es dieselben drei Kernthemen, die die IHK und die Handwerkskammer umtreiben: die überbordende Bürokratie, der Fachkräftemangel und die Energieversorgung. Diese Probleme gebe es nicht erst seit gestern, sagte HWK-Präsident Georg Haber. „Die niederbayerischen Betriebe brauchen Entlastung“, forderte er. „Bloße Zusagen“ von der Politik reichten nicht mehr.
Füracker stellte sich den Forderungen der Wirtschaft. „Einen Finanzminister zur Wirtschaft einzuladen, ist ein Risiko“, sagte er gleich zu Beginn. Seine 75-minütige Rede war ein flammendes Plädoyer für Investitionen, eine Absage an neue Schulden und eine symbolische Ohrfeige für die Bundesregierung.
• Fachkräftemangel: „In der Analyse bin ich ganz bei Ihnen“, sagte Füracker zu Leebmann und Haber. Man könne zwar eine bessere Pflege und mehr Kinderbetreuung fordern, um beispielsweise mehr Frauen in die Vollzeitbeschäftigung zu bringen. „Aber ich brauche die Leute erst mal.“ Der bayerische Finanzminister stellte sich gegen Pläne wie eine Vier-Tage-Woche. „Damit können wir nicht unseren Wohlstand gewährleisten“, sagte er. Er sprach sich außerdem dafür aus, die berufliche Bildung mehr zu schätzen. „Wir brauchen Hochschulen und Berufsschulen. Weil ohne Berufsschulen ist niemand in der Lage, überhaupt Hochschulen zu bauen.“
• Energieversorgung: „Ich verstehe bis heute nicht, wie man gleichzeitig aus Kohle- und Atomstrom aussteigen kann“, monierte Füracker. Das sei „Prinzip Hoffnung“. Es brauche mehr Leitungen und Speicher. „Wir sind auf einem ordentlichen Weg, aber die Energiepreise sind noch viel zu hoch.“
• Bürokratie: Bei diesem Thema machte der CSU-Politiker erst mal ein Eingeständnis: „Wir haben uns angewöhnt, viel zu regeln“, sagte er. „In den letzten Jahren war es zu viel. Das müssen wir jetzt zurückregeln. Bayern tut, was es kann.“ Die ausufernde Bürokratie sei eine Gefahr für den Standort.
• Kritik an Berlin: Füracker kritisierte das grundlegende Wirtschaftsverständnis der Ampel-Koalition. „Bevor man Geld verteilt, muss man es erst mal erwirtschaften“, erklärte er. „Man muss die Ausgaben in Einklang mit den Einnahmen bringen“ – an dieser Stelle erntete er den lautesten Applaus des Abends. Bayerns Finanzminister machte auch keine Gefangenen, als es ums Thema Schulden ging. „Wir haben die vergangenen Krisen immer mit mehr Schulden bewältigt, aber das rächt sich irgendwann.“ Im Bundeshaushalt müsse man teils Schulden machen, um die Zinsen finanzieren zu können.
• Investitionen: Füracker zufolge sollten nicht Wege gesucht werden, wie man neue Schulden machen, sondern wie man die Investitionen hochfahren könne. „Das ist der bayerische Weg.“ Er sprach sich etwa für ein neues KfW-Programm aus. Das Geld, mit dem das Deutschlandticket finanziert wird, hätte lieber in die Infrastruktur gesteckt werden sollen.
• Steuern: Füracker will die Unternehmenssteuer senken und den Spitzensteuersatz später beginnen lassen. „Die Steuern sind zu hoch. Wir können die Schwachen auf Dauer nur stärken, wenn wir die Starken nicht schwächen.“
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