Papier der Finanzminister
Vor Gipfel mit Kanzler Scholz: Länder fordern „rund 1000 Euro je Flüchtling“

08.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:30 Uhr

Kriegsflüchtlinge stehen auf dem Gelände einer Unterkunft zusammen. Bei einem Bund-Länder-Treffen berät die Politik über die Flüchtlingspolitik. −Foto: Arne Dedert/dpa

Vor dem Bund-Länder-Treffen zur Flüchtlingspolitik bestehen die Länder auf einer größeren finanziellen Beteiligung des Bundes. Auch der Ruf nach Sachleistungen statt Geld wird laut.



In einem Papier der Länderfinanzminister von Sonntagabend wenden sich die Länder unter anderem gegen das Argument der Bundesregierung, der Bundeshaushalt müsse Milliardendefizite schultern, während die Länder und Kommunen Überschüsse verzeichneten. Dies sei ein vorübergehendes Phänomen, das durch die Doppelkrise aus Pandemie und russischem Angriffskrieg verursacht worden sei, heißt es im Länderpapier, das den Zeitungen der Funke Mediengruppe vorliegt.

Mit Blick auf die bis Ende 2021 geltende monatliche Pro-Kopf-Pauschale für Asylbewerber verweisen die Länder auf inzwischen deutlich gestiegene Kosten: Die Pauschale von 670 Euro beruhe auf älteren Daten. „Aus einer Aktualisierung auf der jüngsten Datengrundlage ergäbe sich ein Betrag von rund 1.000 Euro je Flüchtling“, heißt es in dem Papier.

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Auch in anderen Bereichen bemühen sich die Länderfinanzminister, die Argumentation der Bundesregierung zu entkräften: „Mit den Ukraine-Flüchtlingen kommt ein hoher Anteil an Kindern unter 16 Jahren nach Deutschland, die Kosten für die Kitas und Schulen liegen bei den Ländern und Kommunen“, heißt es etwa im Papier. Die mehrheitlich vom Bund getragenen Sozialleistungen für ukrainische Flüchtlinge deckten bei weitem nicht die Gesamtkosten.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) rief den Bund dazu auf, mindestens die Hälfte der Kosten für Unterbringung und Integration von Geflüchteten zu übernehmen. „Parteiübergreifend haben sich die 16 Länder verständigt, dass sich der Bund und die Länder die Kosten teilen sollten, also wenigstens 50:50“, sagte Wüst der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ und dem Bonner „General-Anzeiger“ (Montag). Der Bund habe eine Pflicht gegenüber den Kommunen, betonte der der CDU-Politiker. „Bisher erhalten wir in Nordrhein-Westfalen 600 Millionen Euro vom Bund. Wir haben aber Gesamtkosten in diesem Jahr von 3,7 Milliarden Euro, wovon 1,8 Milliarden Aufwendungen an die Kommunen gehen.“

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Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU), warf Bundeskanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) vor, seit Monaten teilnahmslos zuzuschauen, wie Helferinnen und Helfer, Bürgermeister und Landräte verzweifelt nach Unterstützung riefen. „Es geht um Unterkünfte, Unterstützung und Integration. Das gibt es nicht zum Nulltarif“, sagte Lindholz der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Sie sprach sich dafür aus, Asylanträge an den Außengrenzen der EU zu prüfen und mehr Staaten zu sicheren Herkunftsländern zu erklären.

Die FDP forderte die Ministerpräsidenten auf, Asylbewerbern Sachleistungen statt Geld zukommen zu lassen. Zu „Bild“ sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr: „Geldleistungen können ein Pull-Faktor für Menschen sein, um in die sozialen Sicherungssysteme einzuwandern. Deswegen müssen wir über andere Möglichkeiten sprechen.“ Die Gesetze erlaubten in vielen Fällen Sachleistungen statt Geldzahlungen für den lebensnotwendigen Bedarf, sagte Dürr: In den Niederlanden etwa sei das bereits Praxis. Auch Wertgutscheine seien laut Asylbewerberleistungsgesetz möglich.



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Die SPD lehnte das ab. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, sagte „Bild“: „Wir müssen Dinge vereinfachen. Sachleistungen bedeuten einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand.“ Vielmehr müsse der Fokus „auf einer Vereinfachung der Abläufe und besseren Kooperation von Bund, Ländern und Kommunen, insbesondere bei Rückführungen liegen“.

− kna