Polizei warnt vor „Generalverdacht“
Trauer in Illerkirchberg: Viele Fragen nach tödlicher Attacke auf Schulweg

06.12.2022 | Stand 06.12.2022, 16:20 Uhr

Kerzen und Blumen stehen an einem Tatort, an dem am Tag zuvor zwei Mädchen von einem Mann mit einem Messer angegriffen wurden. −Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Der Fall des Angriffs auf zwei Schülerinnen in Illerkirchberg bei Ulm, nach dem eine 14-Jährige starb, könnte eine politische Dimension bekommen. Denn: Ein 27-jähriger Asylbewerber aus Eritrea gilt als tatverdächtig. Mehrere AfD-Politiker gingen darauf schon am Montag ein.



Die Ermittler stehen erst am Anfang ihrer Arbeit. „Jetzt ermitteln Staatsanwaltschaft und Polizei, weshalb es zum Angriff auf die beiden Mädchen kam und ob der Tatverdächtige und die beiden Mädchen sich vorher kannten“, teilten die Behörden mit.

Zwei Mädchen mit Messer angegriffen



Der Beschuldigte hatte die Jugendlichen nach bisherigen Erkenntnissen auf der Straße vermutlich mit einem Messer angegriffen. Eine 14-Jährige musste noch am Tatort wiederbelebt werden, bevor sie in eine Klinik gebracht wurde. Dort starb sie Stunden später. Eine Obduktion der Leiche soll Hinweise auf die genaue Todesursache geben. Eine 13-Jährige sei schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt. Die psychische Lage des Mädchens sei schwierig, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Es habe erfahren, dass seine Freundin getötet worden sei.

Der 27-Jährige wurde den Angaben zufolge ebenfalls verletzt. Ein Polizeisprecher sagte, der Mann habe sich vermutlich mit dem Messer verletzt. Ob absichtlich oder aus Versehen, wüssten die Ermittler noch nicht. Er kam unter polizeilicher Bewachung in ein Krankenhaus. Er wurde dem Sprecher zufolge am Montagabend operiert.

Nach der Tat sei er in eine Flüchtlingsunterkunft geflüchtet, aus der er vor dem Angriff auch gekommen sein soll. Dort waren den Angaben zufolge zwei weitere Männer aus Eritrea, die die Beamten mit zur Dienststelle nahmen. Ob sie Auskunft zum Geschehen und den möglichen Motiven des 27-Jährigen machen konnten, blieb zunächst unklar. Sie sind mittlerweile wieder auf freiem Fuß. Das bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Ulm der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Der Verdacht gegen die beiden Männer habe sich nicht erhärtet, so dass man sie wieder auf freien Fuß habe setzen können. Der mutmaßliche Tatverdächtige berufe sich indes auf sein Aussageverweigerungsrecht.

Motiv unklar - Polizei warnt vor „Generalverdacht“



„Wir werden diese schlimme Tat restlos aufklären“, kündigte der baden-württembergische Innenminister und Vizeregierungschef Thomas Strobl (CDU) an. „Diese Tat rührt uns zutiefst, wenn das Leben eines unschuldigen Kindes so brutal ausgelöscht wird“, teilte er mit. „In Gedanken sind wir in diesen schweren Stunden bei den Eltern, der Familie, den Hinterbliebenen der Getöteten sowie bei den Mitschülerinnen und Mitschülern und Freunden des jungen Mädchens.“

Auf die Herkunft des Tatverdächtigen ging Strobl in der Erklärung nicht ein. „Die Hintergründe der Tat, insbesondere die Motivlage, stellen sich noch als unklar dar.“ Die Polizei appellierte in ihrer Mitteilung nach der Tat, „keinen Generalverdacht gegen Fremde, Schutzsuchende oder Asylbewerber allgemein zu hegen oder solchem Verdacht Vorschub oder Unterstützung zu leisten“. Ihr sei bewusst, „dass Ereignisse dieser Art Ängste und Emotionen schüren“.

27-Jähriger wird dem Haftrichter vorgeführt



Der Tatverdächtige soll am Dienstag dem Haftrichter vorgeführt werden. Dabei solle auch die Schuldfähigkeit des 27-Jährigen aus Eritrea geprüft werden, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Ulm am Dienstag sagte. Der 27-Jährige äußerte sich zunächst nicht zu Tat. Ob er und die Jugendlichen sich kannten oder ob es sich um eine Zufallstat handelte, war laut Staatsanwaltschaft zunächst unklar.

Der junge Mann ist den Behörden bislang nie durch Gewaltdelikte aufgefallen. Er sei lediglich einmal als Schwarzfahrer erwischt worden und sonst nicht polizeibekannt, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Ulm der Deutschen Presse-Agentur.

− dpa/afp