US-Vizepräsidentin Kamala Harris startet mit viel Rückenwind als mögliche Ersatzkandidatin für Joe Biden in den Präsidentschafts-Wahlkampf. Spätestens beim Nominierungsparteitag der Demokraten vom 19. bis 22. August in Chicago könnte Harris zur Kandidatin gekürt werden.
Die 59 Jahre alte Demokratin hat laut Medien-Schätzungen derzeit die Unterstützung von genügend Delegierten der Demokraten, um im November als Präsidentschaftskandidatin ihrer Partei gegen den Republikaner Donald Trump anzutreten. Zudem sammelte sie seit dem Rückzug ihres Chefs mit 81 Millionen US-Dollar in 24 Stunden eine Rekordsumme an Spenden. US-Präsident Biden kehrt indes wieder in die Hauptstadt Washington zurück, nachdem er sich seit vergangenem Mittwoch mit einer Corona-Infektion in seinem Privathaus isoliert hatte.
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Der Erfolg von Harris weckt bei den Demokraten die Hoffnung auf die langersehnte Wende im Wahlkampf gegen Trump. Wichtige Parteimitglieder, unter anderem Top-Demokratin Nancy Pelosi, stärkten ihr öffentlich den Rücken. Die Unterstützung von den beiden demokratischen Spitzen im US-Kongress steht allerdings noch aus.
Medien: Genug Delegierte stellen sich hinter Harris
Spätestens beim Nominierungsparteitag der Demokraten vom 19. bis 22. August in Chicago könnte Harris zur Kandidatin gekürt werden. Die Präsidentenwahl findet am 5. November statt. Doch bereits jetzt haben etliche Delegierte angekündigt, der Empfehlung Bidens zu folgen und ihre Stimme der Vizepräsidentin zu geben – sie dürfen wegen des Rückzugs von Biden frei entscheiden, wen sie wählen. Um zur Kandidatin gekürt zu werden, benötigt Harris etwas weniger als 2000 Delegiertenstimmen. Diese Hürde hat sie den Schätzungen verschiedener US-Medien zufolge schon erreicht. Allerdings steht es den Delegierten des Parteitags im August frei, doch noch auch für einen anderen Kandidaten zu stimmen.
Gleichwohl bedankte sich Harris in einer Stellungnahme bei den Delegierten für deren Unterstützung. „Ich freue mich darauf, die Nominierung bald offiziell anzunehmen“, hieß es darin. Sie sei stolz darauf, dass die Delegierten aus ihrer Heimat Kalifornien dazu beigetragen hätten, sie über die entsprechende Hürde zu bringen, betonte Harris. Medienberichten zufolge geht die Unterstützung der vielen Delegierten aus dem einwohnerstärksten Bundesstaat der USA vor allem auf Pelosi zurück, die als Kongressabgeordnete einen kalifornischen Wahlbezirk vertritt.
Pelosi unterstützt Harris „offiziell, persönlich und politisch“
Die frühere Vorsitzende des Repräsentantenhauses hatte sich zuvor hinter Harris gestellt. Als langjährige Abgeordnete hat die 84-Jährige weiterhin großen Einfluss innerhalb der eigenen Partei – in der Debatte um Bidens Eignung für eine zweite Amtszeit galt sie als wichtige Strippenzieherin. Der Präsident hatte seiner Stellvertreterin als erster die volle Unterstützung zugesagt.
Weitere Parteigrößen sprachen sich danach zügig für sie aus - darunter vor allem die ebenfalls als mögliche Bewerber gehandelten Gouverneure Gavin Newsom (Kalifornien), Josh Shapiro (Pennsylvania) und Roy Cooper (North Carolina). Auch Konkurrenz von der einflussreichen Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, muss die Vizepräsidentin nach deren Verzicht nicht fürchten. Aus dem linken Flügel der Partei bekam Harris Unterstützung von der Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez.
Der ehemalige Präsident Barack Obama sprach dagegen nur von der Zuversicht, dass „ein herausragender Kandidat“ gefunden werde. Ebenfalls zurückhaltend blieben zunächst der Minderheitsführer der Demokraten im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, und der Mehrheitsführer der Partei im Senat, Chuck Schumer. Sie attestierten Harris zwar „einen guten Start“. Direkte Unterstützung gab es aber nicht.
Harris-Wahlkampfteam verkündet Rekordspenden
Nicht nur die innerparteiliche Unterstützung scheint Harris sicher - auch finanziell würde sie gut ausgestattet in ein Rennen gegen Trump starten: Ihr Wahlkampfteam hat eigenen Angaben zufolge in den vergangenen 24 Stunden 81 Millionen US-Dollar gesammelt (73 Millionen Euro). Dabei handele es sich um die höchste Summe, die jemals in dieser Zeitspanne von einem möglichen Kandidaten oder eine Kandidatin gesammelt worden sei, hieß es. Die 81 Millionen US-Dollar fließen demnach in eine bereits mit rund 240 Millionen US-Dollar gefüllte Kasse (220 Millionen Euro).
Biden kommt zurück nach Washington
Während Harris sich für den Wahlkampf warmläuft, wird Biden heute wieder in die US-Hauptstadt Washington zurückkehren. Der 81-Jährige hatte er sich seit vergangenem Mittwoch aufgrund seiner Corona-Infektion in seiner Privatresidenz in Rehoboth Beach im US-Bundesstaat Delaware isoliert. Nach Angaben seines Leibarztes befindet Biden sich auf dem Weg der Besserung. Offen blieb allerdings, ob der US-Präsident weiterhin mit dem Coronavirus infiziert ist. Welche Termine Bidens diese Woche genau stattfinden, ist ebenfalls unklar. Vor der am Mittwoch geplanten Rede von Benjamin Netanjahu vor beiden US-Kongresskammern wollte etwa Israels Ministerpräsident mit Biden zusammentreffen. Außerdem hat der US-Präsident angekündigt, seine Beweggründe für seinen Rückzug aus dem Wahlkampf diese Woche näher zu erläutern.
Harris: „Kenne Typen wie Donald Trump“
Kurz vor Bekanntwerden seiner Rückkehr ins Weiße Haus hatte sich Biden telefonisch bei einem Besuch von Harris in der Wahlkampfzentrale der Demokraten zugeschaltet. Es war das erste Mal seit seinem Rückzug, dass die Stimme des Präsidenten öffentlich zu hören war. Seine Entscheidung hatte er schriftlich aus der Corona-Isolation heraus verkündet.
Bei dem Auftritt vor Wahlkampfhelfern in Wilmington im US-Bundesstaat ließ Harris schon einmal durchblicken, wie sie sich als Gegenkandidatin zu Trump präsentieren würde. Sie sagte unter anderem, sie habe als Staatsanwältin und Generalstaatsanwältin von Kalifornien mit Verbrechern aller Art zu tun gehabt. „Verbrecher, die Frauen missbraucht, Betrüger, die Verbraucher abgezockt und Schwindler, die Regeln zu ihrem eigenen Vorteil gebrochen haben. Hört mir also zu, wenn ich sage, dass ich Typen wie Donald Trump kenne.“
Vance: Harris „eine Million Mal schlimmer als Biden“
Die republikanische Gegenseite gingen ihrerseits zu weiteren verbalen Attacken auf Harris über. Bei Auftritten in den Bundesstaaten Ohio und Virginia bezeichnete Trumps Vizekandidat J.D. Vance sie unter anderem als „eine Million Mal schlimmer als Biden“. Sie habe die Politik des Amtsinhabers mitzuverantworten, so der Tenor. Vance zeichnete das Bild von „vernebelten Räumen“, in denen „Elite-Demokraten“ den Sturz von Biden konspirativ geplant hätten. Vergangene Woche hatte das Harris-Team den Vizekandidaten als „Extremisten“ bezeichnet, der selbst von Großspendern aus dem Silicon Valley „gekauft“ worden sei.
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Ob Harris Trump schlagen kann, ist offen. Viele Demokraten hoffen darauf, dass sie zumindest verhindert, dass die Republikaner am Ende auch beide Kammern des US-Parlaments kontrollieren – denn bei der Wahl im Herbst werden auch alle Sitze des Repräsentantenhauses sowie rund ein Drittel der Sitze im Senat neu vergeben.
− dpa
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