Besuch in Taiwan
Strack-Zimmermann (FDP) wirbt für Reduzierung der Abhängigkeiten von China

11.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:47 Uhr

Dieses vom taiwanesischen Präsidialamt zur Verfügung gestellte Foto zeigt Tsai Ing-wen (r), Präsidentin von Taiwan, bei einem Treffen mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages. −Foto: Uncredited/Taiwan Presidential Office/AP/dpa

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), hat bei einem Besuch in Taiwan mehr wirtschaftliche Unterstützung für die von China bedrohte Insel gefordert und die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Region beschrieben.



„In der ganzen Region beobachtet man genau, ob und wie wir die Ukraine unterstützen“, sagte Strack-Zimmermann den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. „Diese Solidarität wird auch hier als Signal an die freie Welt deutlich wahrgenommen.“

„Dass Deutschland als erfolgreiche westliche Volkswirtschaft so intensive Handelsbeziehungen mit China führt, die in vielen Bereichen bereits zu großen Abhängigkeiten geführt hat, das wird hier genau und auch kritisch gesehen.“ Strack-Zimmermann plädiert deshalb für eine Reduzierung der Abhängigkeit von China.

Sie sind die dritte deutsche Delegation in kurzer Zeit vor Ort in Taiwan. Was bringen diese Besuche?
Strack-Zimmermann: Es ist ein Signal an Taiwan und die freie westliche Welt, dass wir auch wahrnehmen, was auf der anderen Seite des Globus passiert. China schaut derzeit genau hin, wie Europa auf Russlands Angriff auf die Ukraine reagiert. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, Taiwan zu signalisieren, dass wir das System „Ein Staat, zwei Systeme“ – wie einst auch in Hongkong – respektieren, aber die militärischen Drohungen gegenüber dem demokratischen Taiwan als inakzeptabel erachten. Taiwan will, dass weltweit wahrgenommen wird, welcher Aggression es durch China ausgesetzt ist. Für die taiwanesische Regierung beziehungsweise das taiwanische Volk ist die Furcht begründet, dass sie ihr demokratisches System wie inzwischen auch Hongkong verlieren könnten.

Ihr Besuch hat Kritik von chinesischer Seite hervorgerufen. Verschlechtern Sie die Lage nicht?
Strack-Zimmermann: Das war zu erwarten, die Ansicht Pekings ist bekannt. Aber wenn das die Richtlinie wäre, könnte kein demokratisch gewählter Politiker mehr nach Taiwan reisen. Die militärischen Provokationen finden zu Wasser und zu Luft hier tagtäglich statt und hat mit unserem Besuch wenig zu tun. Die Zwölf-Meilen-Zone vor der Küste wird hier konsequent und seit Monaten von chinesischen Marine verletzt.

Sie sind mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen zusammengetroffen. Wie ist Ihr persönlicher Eindruck?
Strack-Zimmermann: Wir waren alle sehr angetan. Sie ist ausgesprochen sympathisch, kenntnisreich und unprätentiös. In unserem Gespräch waren wir uns auch in der Einschätzung der derzeitigen Lage einer Meinung.

Wie sieht die aus – vor allem vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs?
Strack-Zimmermann: In der ganzen Region beobachtet man genau, ob und wie wir die Ukraine unterstützen. Diese Solidarität wird auch hier als Signal an die freie Welt deutlich wahrgenommen. In Taiwan wird gehofft, dass die demokratischen Regierungen an der Seite der Taiwaner stehen. Vor allem was die wirtschaftliche Zusammenarbeit betrifft. Dass wir als erfolgreiche westliche Volkswirtschaft so intensive Handelsbeziehungen mit China führen, die in vielen Bereichen bereits zu großen Abhängigkeiten geführt hat, das wird hier genau und auch kritisch gesehen. Unser Hinweis, mehr deutschen Unternehmen in Taiwan den Zuschlag bei großen Projekten zu geben, wurde verstanden.

Welche Schlüsse ziehen Sie aus Ihrem Besuch mit Hinblick auf die China-Strategie, an der die Bundesregierung gerade arbeitet?
Strack-Zimmermann: Für Deutschland wird es in Zukunft auch darum gehen, den Einfluss Chinas auf unsere Wirtschaft zu reduzieren und die wirtschaftlichen Abhängigkeiten von China abzubauen. Freihandelsabkommen mit demokratischen Ländern wie Kanada und den USA aber auch mit den Asean-Staaten wären Alternativen.

Muss Deutschland seine Ein-China-Politik überdenken?
Strack-Zimmermann: Die Situation ist hier vor Ort sehr komplex. Wir haben deutlich gemacht, dass wir die Ein-China-Politik akzeptieren. Die Erwartungshaltung diesbezüglich war hier durchaus realistisch. Es geht darum, die Balance zu halten zwischen Handel mit der Volksrepublik und dem Abrutschen in Abhängigkeiten.

Wie sieht es mit künftigen Marine-Missionen ähnlich der mit der Fregatte Bayern in der Region aus?
Strack-Zimmermann: Die Mission wie die der Fregatte Bayern haben wir als FDP in dieser Form seinerzeit kritisch gesehen. Die europäische Flagge im Flottenverband zu zeigen, wäre ein deutlicheres Zeichen gewesen – und dass Frau Kramp-Karrenbauer (ehemalige CDU-Verteidigungsministerin, Anm. der Red.) aus Sorge vor China nicht zuließ, dass unsere Fregatte durch die Straße von Taiwan fährt, war ein völlig falsches Zeichen. Es gilt schließlich die Freiheit, internationale Gewässer zu befahren. Und da duckt man sich nicht einfach zurück.

Unterstützung gibt es jetzt für die Ukraine mit dem Schützenpanzer Marder. Wann schicken wir Leopard-2-Panzer in die Ukraine?
Strack-Zimmermann: Endlich wird der Schützenpanzer Marder auf den Weg geschickt. Seit Monaten fordern wir das. Jetzt werden die Ukrainischen Soldaten am Marder ausgebildet. Klug wäre die Soldaten jetzt auch gleichzeitig am Leopard 2 auszubilden. Damit nicht wieder Monate ins Land gehen, bevor diese gegebenenfalls auch zum Einsatz kommen.

Der Leopard 2 kommt also?
Strack-Zimmermann: Wir haben Monate den Einsatz des Marders gefordert. Das tun wir auch weiterhin beim Kampfpanzer Leopard 2. In diesem Fall wäre es besonders sinnvoll, sich mit den europäischen Partnern zusammentun. Dann könnten wir den Leopard 2 aus mehreren Staaten stellen und auch daran ausbilden. Aus Finnland kommen bereits solche Signale und Spanien hat angeboten, ukrainischer Soldaten in Lettland am Leopard 2 auszubilden. Wir sollten aktiv sein und uns nicht immer bitten lassen.