Erste Ergebnisse
SPD liegt bei Bremen-Wahl vorn - Rot-Grün-Rot könnte weiterregieren

14.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:08 Uhr

Die Wahllokale in Bremen sind geschlossen. Jetzt wird ausgezählt. −Symbolbild: dpa

Seit Jahrzehnten ist die Hansestadt Bremen in sozialdemokratischer Hand. Vor vier Jahren konnte sich die SPD nur knapp an der Macht halten. Diesmal schafft sie es wieder ganz nach oben. Einen Dämpfer müssen die Grünen hinnehmen. Die FDP muss zittern.



Bei der Wahl im Land Bremen ist die SPD Prognosen zufolge stärkste Kraft geworden. Nach den Zahlen von ARD und ZDF vom Sonntag liegen die seit fast 80 Jahren regierenden Sozialdemokraten von Bürgermeister Andreas Bovenschulte deutlich vor der CDU.

Die bisher mitregierenden Grünen landen den Prognosen zufolge auf Platz drei, jedoch mit deutlichen Verlusten. Dahinter folgen der dritte Koalitionspartner Linke und die rechtspopulistische Wählervereinigung Bürger in Wut (BiW). Der Wiedereinzug der FDP in das Landesparlament, die Bremische Bürgerschaft, steht auf der Kippe. Die AfD war nicht zur Wahl zugelassen, weil sie zwei konkurrierende Wahllisten eingereicht hatte.

In Westdeutschland einmalige Koalition



Bislang führt Bovenschulte seit 2019 eine in Westdeutschland einmalige Koalition aus SPD, Grünen und Linkspartei. Die oppositionelle CDU war 2019 erstmals Wahlsieger im Land Bremen, konnte aber keine Regierung bilden.

Den Prognosen zufolge liegen die Sozialdemokraten mit 29,5 bis 30 Prozent vorn - sie können ihr historisch schlechtes Ergebnis von 2019 (24,9 Prozent) verbessern. Die CDU mit Spitzenkandidat Frank Imhoff liegt bei 24,5 bis 25,5 Prozent (2019: 26,7). Die Grünen rutschen deutlich ab auf 12 bis 12,5 Prozent (17,4). Die Linke erreicht mit 10,5 bis 11 Prozent in etwa das gleiche Ergebnis wie 2019 (11,3). Die Bürger in Wut legen stark zu auf 10,5 Prozent (2,4). Die FDP nimmt mit 5 bis 5,5 Prozent nur knapp die Fünf-Prozent-Hürde (5,9). Ihr Einzug in die Bürgerschaft ist unsicher. Die Wahlbeteiligung wird mit 57 bis 62 Prozent angegeben - weniger als 2019 mit 64,1 Prozent.

Die SPD erhält laut den Prognosen 27 bis 28 Sitze in der Bürgerschaft. Die CDU kommt auf 23 bis 24 Sitze und die Grünen auf 11 bis 12 Sitze. Die Linke bekommt 9 bis 10 Mandate, die FDP 5 und die BiW 10 Sitze. Damit wäre eine Fortsetzung von Rot-Grün-Rot möglich, die im Vorfeld der Wahl als wahrscheinlich galt. Auch eine große Koalition hätte aber eine Mehrheit.

AfD nicht zugelassen



Die rechtspopulistischen BiW profitieren davon, dass die AfD nicht zugelassen war. Sie ziehen nun erstmals in Fraktionsstärke in die Bürgerschaft ein. Die AfD hatte bei der Wahl 2019 6,1 Prozent der Stimmen geholt. Die BiW verorten sich selbst zwischen CDU und AfD.

Mit einem vorläufigen amtlichen Endergebnis wird erst Mitte der Woche gerechnet - die Auszählung ist wegen des komplizierten Bremer Wahlsystems langwierig. Bei der Stimmabgabe können Wählerinnen und Wähler bis zu fünf Kreuzchen machen. Am späteren Abend veröffentlicht der Landeswahlleitung nur eine amtliche Hochrechnung, die erfahrungsgemäß schon nah am finalen Ergebnis ist.

Im kleinsten deutschen Bundesland, dem Zwei-Städte-Staat aus Bremen und dem kleineren Bremerhaven, waren rund 463 000 Wahlberechtigte aufgerufen, die neue Bürgerschaft zu wählen. Die einst reiche Hansestadt Bremen mit ihrer Tradition von Seefahrern und Kaufleuten hat einen harten Strukturwandel durchlitten und ist heute hoch verschuldet. Der Anteil von Bürgergeld-Empfängern, früher Hartz IV genannt, liegt laut Statistischem Bundesamt im Ländervergleich mit 17,1 Prozent am höchsten, und auch in der Rangliste der besten Bildungssysteme liegt Bremen laut INSM-Bildungsmonitor 2022 auf dem letzten Platz.

Viele Menschen mit Migrationsgeschichte



Mit 17,8 Prozent hat das Land nach Angaben des Bremer Sozialressorts im Ländervergleich den höchsten Anteil von Menschen mit Migrationsgeschichte unter den Wahlberechtigten - der bundesweite Durchschnitt liegt bei 11,5 Prozent. Doch ist das Land auch ein starker Wirtschaftsstandort - mit seinen Häfen, dem weltweit zweitgrößten Mercedes-Werk und Unternehmen der Luft- und Raumfahrt.

SPD-Spitzenkandidat Bovenschulte ist seit vier Jahren Bürgermeister und Präsident des Senats. Der 57-jährige promovierte Jurist war zuvor Bürgermeister der Nachbargemeinde Weyhe in Niedersachsen, aber von 2010 bis 2013 auch Vorsitzender der SPD in Bremen. Der fast zwei Meter große Rockmusik-Fan, genannt „Bovi“, gilt als Parteilinker. CDU-Spitzenmann Imhoff ist gelernter Landwirt und Landschaftspfleger und betreibt mit seiner Familie in fünfter Generation einen Bauernhof im Stadtteil Strom. Der 54-Jährige gehört der Bürgerschaft seit 1999 an.

Vor allem FDP blickte nach Bremen



In der Bundespolitik hatte vor allem die FDP gebannt nach Bremen geblickt, denn sie musste seit der Bundestagswahl 2021 eine wahre Niederlagenserie in den Ländern verkraften. Das hat die Stimmung in der Berliner Ampel-Koalition enorm gereizt. Nun könnte es erneut ungemütlich werden.

Die wochenlangen Querelen um die Personalpolitik und das Heizungsgesetz von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bekam seine Partei in Bremen nun zu spüren. Die SPD dürfte nun weiter die Regierung führen. Aktuell stellen die Sozialdemokraten inklusive Bovenschulte noch 7 der 16 Ministerpräsidenten. Für die Linke ist die Bremen-Wahl eine willkommene Abwechslung von der Dauerkrise der Bundespartei.

Für die CDU ist Bremen traditionell kein Heimspiel - im Bund schaut man daher eher auf die im Herbst anstehenden Wahlen in Bayern und Hessen. Dann ist fast ein Viertel der Wahlberechtigten in Deutschland zur Stimmabgabe aufgerufen.

− dpa