Laut Medienberichten steht die Pflegeversicherung (PV) vor der Pleite. Auf der Plattform X (ehemals Twitter) äußern Unzählige ihre Angst vor höheren Versicherungsbeiträgen. Auch wer Schuld an der offenbar schlechten Finanzlage der PV hat, wird diskutiert – besonders die Ampelregierung steht im Kreuzfeuer. Am Nachmittag äußerte sich Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dazu.
„Alt werden ist in diesen Zeiten scheinbar nicht erwünscht“, schreibt einer X-Userin mit dem tausendfach verwendeten Hashtag „#Pflegeversicherung“. Unzählige Verbände, Politiker und Privatpersonen äußern seit der Hiobsbotschaft am Montagmorgen Bedenken, Wut und Schuldzuweisungen auf der Social-Media-Plattform X.
Gesundheitsminister Lauterbach im Visier
Von wütenden und besorgten X-Nutzern kritisiert wird vor allem Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Ebenso wie beim offiziellen Account des Bundesgesundheitsministerium blieb es auch auf Lauterbachs X-Kanal bislang (Stand Montag 12 Uhr) ruhig. Zuletzt thematisierte der Gesundheitsminister am Sonntagabend den Technologiefortschritt.
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X-User kritisieren, Lauterbach würde sich nicht auf Kernthemen fokussieren. So heißt es: „Würde Karl #Lauterbach auf Twitter weniger über die neuesten Studienergebnisse aus Harvard referieren und sich stattdessen um eine Reform an mindestens vier Punkten der #Pflegeversicherung (Effizienz, Finanzierungsgrundlage, Berechtigtenkreis und Verfahrensdiversifizierung) versuchen, müssten Heime, ambulante Dienste, #Angehörige und Patienten in diesen Stunden nicht über existenzielle Fragen sinnieren.“
Am Montagnachmittag hatte Gesundheitsminister Karl Lauterbach in einer Pressekonferenz Stellung bezogen und die Vorwürfe dementiert. „Die Pflegeversicherung ist nicht insolvent, ihr droht auch nicht die Insolvenz“, sagte Lauterbach.
Verantwortung von Union und SPD
Doch auch Union und SPD wird der „Schwarze Peter“ zugeschoben: „Die #Ampel dafür verantwortlich zu machen wäre unfair, auch wenn sie in der Pflicht der Lösung stehen. Der Dank muss an #Union und #SPD gerichtet werden, die im vollen Umfang diese Katastrophe zu vertreten haben“, postet ein X-User.
DAK fordert Milliarden-Rückzahlung vom Staat
Der BKK-Landesverband Bayern meldet sich mit einem Statement des Vorstands Dr. Ralf Langejürgen. Darin kritisiert er die Regierung, sich ihrer „gesamtgesellschaftlichen Verantwortung“ zu entziehen. „Aktuell zahlen Beitragszahler, also Arbeitnehmer und Unternehmen, in Summe 5,5 Milliarden Euro, die eigentlich über den Bundeshaushalt finanziert werden müssten. Darunter allein 3,5 Milliarden Euro für die Rentenversicherungsbeiträge von pflegenden Angehörigen. Diese systemwidrige Deckungslücke in der SPV muss die Bundesregierung dringend schließen“, wird Langejürgen zitiert.
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Mit einem Lösungsvorschlag meldet sich auch die DAK-Gesundheit im Netz. Ihre Forderung: Der Bund müsse 5,9 Milliarden Euro an die Pflegekassen zurückzahlen und verweist dabei an ein Rechtsgutachten samt Bewertung durch DAK-Vorstandsvorsitzenden Andreas Storm. Dieser bekundet via X mehrmals, dass „die Beitragserhöhung vermieden werden muss“.
Die DAK-Gesundheit fordert von der Bundesregierung, eine Beitragssatzerhöhung in der #Pflegeversicherung zu vermeiden. @StormAndreas: „Die Schuldenbremse darf keine Ausrede sein.“ Alle Infos zum Rechtsgutachten: https://t.co/57tLe3hA6t #pflege pic.twitter.com/sK9iIqZqiE — DAK-Gesundheit (@DAKGesundheit) October 7, 2024
Forderung nach neuem Generationenvertrag
Laut Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) kann die Pflegeversicherung nur mit einer ergänzenden kapitalgedeckten Säule stabil und für alle Generationen gerecht finanziert werden. Der Vorschlag: ein neuer Generationenvertrag. Höhere Beiträge oder zusätzliche Steuerzuschüsse seien keine Lösung.
Die Soziale #Pflegeversicherung kann nur mit einer ergänzenden kapitalgedeckten Säule stabil und für alle Generationen gerecht finanziert werden. Unser Vorschlag "Ein neuer Generationenvertrag für die #Pflege" liegt seit langem auf dem Tisch. https://t.co/MWP9yoPxiP https://t.co/hZ9W4RgVdk pic.twitter.com/H034585wm7 — PKV-Verband (@pkv_verband) October 7, 2024
Der Sozialverband VdK kritisiert in einer Stellungnahme, dass kurzfristige Maßnahmen „die vielen Löcher nicht stopfen“ könnten. Der VdK fordert eine „Grundsanierung“ der Pflegeversicherung. Denn: „Immer weitere kurzfristige Beitragssteigerungen belasten die Beitragszahlenden und führen zu massiver Verunsicherung bei Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen“, so die Begründung.
Der VdK spricht von einer bevorstehenden „Anhebung um mindestens 0,2 Prozentpunkte, es steht sogar eine Erhöhung um 0,3 Prozentpunkte im Raum“. Diese Erhöhung werde die Finanzierung laut Sozialverband nur bis zum Frühjahr 2026 sichern.
Rufe nach Vermögenssteuer
Die Pflegeversicherung müsse nachhaltig aufgestellt werden, forderte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) via Social Media. „Sie darf den Faktor Arbeit nicht noch teurer machen und die jüngeren Generationen weiter überproportional belasten“, macht die Vereinigung deutlich.
Welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, sollten 2025 die Versicherungsbeiträge steigen, postet Aktivistin und Krankenschwester Lea Reisinger (Die Linke). Mit dem Hashtag #TaxTheRich fordert sie: „Die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge MUSS durch Steuersenkungen für kleine und mittlere Einkommen abgefedert werden, sonst wird das für richtig, richtig viele Menschen ne Katastrophe!“, was ihr 1258 Views und 36 Likes einbrachte.
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