In dieser Woche sind mit Baden-Württemberg und Bayern auch die letzten beiden Bundesländer ins neue Schuljahr gestartet. Verstärkter Fokus lag in Deutschland in der Forschung der vergangenen Jahre vor allem auch auf der Zeit vor der Schule: der frühkindlichen Bildung. Damit könnten langfristig Probleme vermieden werden. Der am Dienstag vorgestellte OECD-Bericht „Bildung auf einen Blick 2024“ widmet sich dem Aspekt schwerpunktmäßig. Daneben blickt er auf die, die längst raus sind aus der Schule, den Erwachsenen ohne Abschluss.
Negativ sticht Deutschland in der Studie bei jungen Erwachsenen hervor. Denn der Anteil der 25- bis 34-Jährigen ohne Abschluss im Sekundarbereich II, also ohne Berufsausbildung oder Hochschulreife, ist hierzulande zwischen 2016 und 2023 gestiegen. Das war nur in drei weiteren OECD-Ländern der Fall, in Tschechien, Slowenien und Israel. Ihr Anteil liegt nun mit 16 Prozent über dem OECD-Schnitt von 14 Prozent. Höhere Ausgaben halfen hierbei offenbar nicht, denn zwischen 2015 und 2021 stiegen diese für den Primar- und Sekundarbereich im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) um acht Prozent, während sie im OECD-Durchschnitt nur um ein Prozent erhöht wurden. Deutschland gibt also viel Geld im Bildungswesen aus und erreicht damit doch weniger als andere.
Von eigenen Ansprüchen weit entfernt
„Jeder sechste junge Erwachsene ist gering qualifiziert“, sagte Jens Brandenburg, Parlamentarischer Staatssekretär im Bildungsministerium, in Anbetracht der Zahlen. „Dabei ist unser eigentlicher Anspruch natürlich die Spitzengruppe.“ Dort lägen beispielsweise Kanada und Irland mit nur fünf Prozent der 25- bis 34-Jährigen ohne Abschluss.
„Bei den jungen Erwachsenen gibt es eine besondere Gruppe, wo wir das Potenzial noch nicht gut ausschöpfen“, sagte Brandenburg. Er meint damit die Zuwanderer und ihre Nachkommen. Denn bei dieser Gruppe läge, so Brandenburg, der Anteil der Geringqualifizierten sogar bei 29Prozent. Die Bundesregierung hofft, dass langfristig mit dem mit zehn Milliarden Euro für zehn Jahre ausgestatteten Startchancen-Programm die Zahl dieser Niedriglöhner sinkt. Das Programm richtet sich nämlich vornehmlich an Grundschulkinder und nimmt gerade die in Blick, die aus dem Ausland zuwandern und kein gutes Deutsch können. Schnelle Veränderungen sind da aber nicht zu erwarten.
Laut der OECD-Studie sind auch die Ausgaben für die Bildung vor dem Kindergarten seit 2015 im Verhältnis zum BIP um ganze 42Prozent gestiegen. Im gesamten OECD-Gebiet liegt dieser Zuwachs bei gerade mal neun Prozent. Deutschland ragt also heraus. Aber: „Die frühkindliche Bildung findet häufiger bei wohlhabenden Familien statt“, sagte Nicola Brandt, Leiterin des OECD Berlin Centre, bei der Vorstellung des Berichts. Doch gerade bei den Kindern aus sozial benachteiligten Familien sei die Teilnahme an frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung besonders wichtig, heißt es in der Studie.
Die Investitionen kommen also nicht da an, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Die gestiegenen Investitionen erreichten zudem prozentual gesehen weniger Kinder: Waren es 2013 noch 96 Prozent, fiel dieser Anteil bis 2022 auf 93 Prozent.
Viele Flüchtlingskinder im Vorschulalter
Dies, so die Verfasser, liege an der zahlenmäßig besonders starken Zunahme von Kindern im Alter von drei bis fünf Jahren. In Deutschland sei deren Anzahl um 18 Prozent gestiegen. Flüchtlingskinder, gerade aus der Ukraine, dürften dazu einen erheblichen Teil beitragen. Oft ist die erste Hürde dann die größte: die deutsche Sprache.
Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbands, fordert angesichts sprachlicher Probleme zu Beginn der Schullaufbahn „verbindliche Sprachtests, die im Bedarfsfall einen Kita-Besuch verpflichtend machen“. Auch Susanne Lin-Klitzing, Vorsitzende des Philologenverbands, wünscht sich ab dem Alter von viereinhalb Jahren eine „vorschulische verbindliche (Sprach-)Förderung“.
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