Lesekompetenz bei Grundschülern
Lehrerverbands-Präsident Meidinger hält IGLU-Studie für „sozialen und politischen Sprengstoff“

Jeder vierte Viertklässler kann kaum lesen

16.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:02 Uhr

Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes: Politik dürfe Leistungsabfall nicht auf Corona schieben. −Foto: Weigel, dpa

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, hat das Ergebnis der IGLU-Studie als „sozialen und politischen Sprengstoff“ bezeichnet.



Die am Dienstag veröffentlichte Studie zur Lesekompetenz zeigt eine deutliche Verschlechterung der Lesefähigkeiten deutscher Grundschüler im internationalen Vergleich.

Jeder vierte Viertklässler kann nicht richtig lesen



„Nach dem PISA-Schock 2000 haben wir nun den IGLU-Schock 2021, nur mit dem Unterschied, dass sich Politik und Parteien mit den desaströsen Ergebnissen inzwischen abgefunden zu haben scheinen“, sagte Meidinger den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. „Wenn wir uns damit abfinden, dass ein Viertel der Grundschüler über nicht genügend Lesekompetenz verfügt, um erfolgreich lernen zu können, dann haben tatsächlich diese Kinder dauerhaft kaum Chancen auf eine erfolgreiche Schullaufbahn, auf Abschlüsse, auf eine Integration in den Arbeitsmarkt und auf echte gesellschaftliche, kulturelle und politische Teilhabechancen im späteren Leben. Das beinhaltet enormen sozialen und politischen Sprengstoff.“

Gegen abfallende Leistungen von Kindern mit Migrationshintergrund gebe es kein Konzept und die Kürzung von Deutschstunden zulasten des Frühfremdsprachenlernens seien bedenklich, sagte Meidinger und fordert verpflichtende Sprachtests. Der Anteil der Kinder, bei denen zuhause nicht Deutsch gesprochen werde, „steigt dramatisch“. Dabei seien „die Erfolgsrezepte bekannt, verpflichtende Sprachstandstests bei Vierjährigen und anschließende verpflichtende Sprachförderung“, so Meidinger.

Negativ-Trend war schon vor Corona da

„Hamburg macht das vorbildlich, die anderen Bundesländer leider weniger.“ Die negativen Ergebnisse der IGLU-Studie könnten zudem nicht als allein auf die Corona-Pandemie zurückgeführt werden, sagte Meidinger. „Ich warne die verantwortlichen Bildungspolitiker auch davor, den Leistungsabfall vor allem auf die Schulschließungen der Coronazeit schieben. Das spielt eine Rolle, der negative Trend war aber schon vorher da.“