Weniger Netto vom Brutto
Krankenkassen-Zusatzbeiträge steigen: So viel Geld kostet das Versicherte im Schnitt

17.10.2024 | Stand 19.10.2024, 19:10 Uhr |

Die Zusatzbeiträge in der Gesetzlichen Krankenversicherung steigen nächstes Jahr wohl. Bei einer durchschnittlichen Erhöhung macht das bis zu 447,12 Euro aus – die Hälfte davon zahlt der Arbeitgeber.  − Symbolbild: Imago

Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wird nächstes Jahr wohl für die meisten Versicherten teurer: Experten des Schätzerkreises haben für 2025 eine rechnerisch nötige Beitragssatzerhöhung beschlossen. Was das bedeutet und wer wie viel weniger Netto vom Brutto hat.

  

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Im sogenannten Schätzerkreis sitzen Fachleute des Bundesgesundheitsministeriums, des BAS und des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Sie haben für das Jahr 2025 eine rechnerisch nötige Beitragssatzerhöhung auf 2,5 Prozent vom beitragspflichtigen Einkommen ermittelt, wie das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) am Mittwoch in Bonn mitteilte.

Konkret geht es um den Anstieg des sogenannten Zusatzbeitrages. Alle gesetzlich Versicherten haben den festen Beitragssatz von 14,6 Prozent – zur Hälfte getragen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Darüber hinaus erheben die aktuell 95 gesetzlichen Kassen zur Kostendeckung einen Zusatzbeitrag, der ebenfalls hälftig von beiden Seiten gezahlt wird.

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Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz lag im August bei 1,78 Prozent, wie das Bundesgesundheitsministerium kürzlich mitgeteilt hatte.

Bei 3000 Euro brutto bleiben pro Jahr fast 260 Euro weniger – die Hälfte davon zahlt der Arbeitgeber



Ein paar Rechenbeispiele, wie sich das auswirkt, wenn vom aktuellen durchschnittlichen Zusatzbeitrag (17,78 Prozent) auf die errechneten 2,5 Prozent erhöht wird.

- Bei 1500 Euro brutto zahlt ein Pflichtversicherter aktuell für seine Krankenkasse im Monat 252 Euro Krankenkassenbeitrag. Die Hälfte von übernimmt der Arbeitgeber. Die Zusatzbeitragssteigerung würde hier insgesamt 10,80 Euro ausmachen – netto bleiben also 5,40 Euro weniger pro Monat, das macht 64,80 Euro pro Jahr.

- Bei 2000 Euro brutto zahlt ein Pflichtversicherter aktuell für seine Krankenkasse im Monat 409,50 Euro Krankenkassenbeitrag. Die Hälfte von übernimmt der Arbeitgeber. Die Zusatzbeitragssteigerung würde hier insgesamt 14,40 Euro ausmachen – netto bleiben also 7,20 Euro weniger pro Monat, das macht 86,40 Euro pro Jahr.

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- Bei 3000 Euro brutto zahlt ein Pflichtversicherter aktuell für seine Krankenkasse im Monat 491,40 Euro Krankenkassenbeitrag. Die Hälfte von übernimmt der Arbeitgeber. Die Zusatzbeitragssteigerung würde hier insgesamt 21,60 Euro ausmachen – netto bleiben also 10,80 Euro weniger pro Monat, das macht 129,60 Euro pro Jahr.

- Bei 4000 Euro brutto zahlt ein Pflichtversicherter aktuell für seine Krankenkasse im Monat 655,20 Euro Krankenkassenbeitrag. Die Hälfte übernimmt der Arbeitgeber. Die Zusatzbeitragssteigerung würde hier insgesamt 28,80 Euro ausmachen – netto bleiben also 14,40 Euro weniger pro Monat, das macht 172,80 Euro pro Jahr.

- Bei 5175 Euro brutto (das entspricht der Beitragsbemessungsgrenze im Jahr 2024 – für jeden Euro darüber müssen keine Krankenkassenbeiträge gezahlt werden) zahlt ein Pflichtversicherter aktuell für seine Krankenkasse im Monat 847,67 Euro Krankenkassenbeitrag. Die Hälfte übernimmt der Arbeitgeber. Die Zusatzbeitragssteigerung würde hier insgesamt 37,26 Euro ausmachen – netto bleiben also 18,63 Euro weniger pro Monat, das macht 223,56 Euro pro Jahr.

Zusatzbeitrag kann je nach Kasse auch stärker erhöht werden



Die vom Schätzerkreis errechneten 2,50 Prozent Zusatzbeitrag sind dabei kein fixer Wert. Den konkreten Satz kann jede Kasse individuell bestimmen. Manche Kassen liegen zum Teil deutlich darunter, manche deutlich darüber. Normalerweise wird nur zum Jahreswechsel angepasst. Doch höhere Gesundheitskosten zwangen 22 Krankenkassen heuer schon im laufenden Jahr zu Beitragsanpassungen – im Oktober folgten sechs weitere Kassen.

Wechsel zu günstigerer Kasse kann Hunderte Euro sparen



„Weil viele Versicherungen dieses Jahr ihren Zusatzbeitrag angehoben haben, manche sogar zum zweiten Mal, können betroffene Versicherte aktuell besonders von einem Wechsel zu einer günstigen Krankenkasse profitieren“, erklärt Barbara Weber, Krankenversicherungsexpertin beim Geldratgeber Finanztip. Wie sehr sich ein solcher Wechsel lohnt, hängt vom Einkommen ab und davon, wie viel günstiger die neue Kasse ist.

Nach Finanztip-Berechnungen kann ein Angestellter mit einem Bruttogehalt von 3000 Euro im Monat und Steuerklasse I (keine Kinder, keine Kirchensteuer) mit einem Wechsel von der Krankenkasse KKH (3,28 Prozent Zusatzbeitrag seit 01.08.2024) zu einer der günstigsten bundesweit geöffneten Krankenkassen (0,9 Prozent Zusatzbeitrag) im Monat 25,70 Euro netto sparen. So viel bleiben von 35,70 Euro Beitragsersparnis nach Steuern übrig. Im Jahr macht das 308,40 Euro Ersparnis bei der Krankenversicherung.

Welche Krankenkassen sind noch gut und günstig? Und wie kann ich wechseln?



„Derzeit empfehlen wir die HKK, TK, Audi BKK, HEK, Energie-BKK und Big direkt gesund“, teilt eine Sprecherin von Finanztip auf Nachfrage der Mediengruppe Bayern mit. Diese Kassen hätten in einer Preis-Leistungs-Bewertung am besten abgeschnitten, in die 33 Merkmale aus acht Bereichen eingeflossen sind: Service, Zähne, Vorsorge, Familie, alternative Heilmethoden, Bonus, Beitrag und Transparenz. Keine von ihnen habe zudem den Zusatzbeitrag im Sommer erhöht.

Wichtig dabei: Rund 95 Prozent der medizinischen Leistungen sind zwar bei allen Krankenkassen gleich, sie sind gesetzlich geregelt. Doch bestimmte Zusatzleistungen oder Bonusprogramme können sich unterm Strich für den Versicherten mehr auszahlen als ein niedrigerer Beitrag.

Im Fall einer Beitragserhöhung haben die Versicherten ein Sonderkündigungsrecht. Gekündigt werden muss dann bis zum Ende des Monats, für den die Kasse erstmals den erhöhten Beitrag verlangt. Es reicht dann, sich an die neue Krankenkasse zu wenden, diese übernimmt die Kündigung. Nur der Arbeitgeber sollte zeitnah informiert werden. Eine Kündigung durch den Versicherten ist dafür seit dem 1. Januar 2021 nicht mehr erforderlich. Die neue Kasse darf laut Finanztest auch niemanden ablehnen, auch nicht aufgrund von Alter oder Krankheit. Ohne Sonderkündigungsrecht ist ein Kassenwechsel nach zwölf Monaten möglich.

Lohnt sich jetzt eine private Krankenversicherung?



Wer angesichts steigender Zusatzbeiträge mit einem Wechsel zu einer privaten Krankenversicherung (PKV) liebäugelt, sollte prüfen, ob er sich die steigenden Beiträge langfristig leisten kann. Ein PKV-Tarif mit umfassenden Leistungen kostet auch entsprechend viel. Finanztip empfiehlt in den meisten Fällen, sich lieber gesetzlich zu versichern und den Versicherungsschutz auf Wunsch durch Krankenzusatzversicherungen zu ergänzen.

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