Unterschiedliche Angaben
40 Tote bei israelischem Angriff auf Hamas-Kommandozentrum in humanitärer Zone

10.09.2024 | Stand 10.09.2024, 6:45 Uhr |

ertriebene Palästinenser suchen unter Trümmern nach vermissten Personen, nachdem israelische Angriffe das Gebiet Al-Mawasi getroffen hatten. − Foto: Saher Alghorra/ZUMA Press Wire/dpa

Israel hat nach eigenen Angaben einen Luftangriff in einer humanitären Zone im Gazastreifen ausgeführt, bei dem nach palästinensischen Angaben Dutzende Menschen getötet wurden.



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Bei dem Beschuss eines Kommando-Zentrums der Hamas in Al-Mawasi seien ranghohe „Terroristen“ der radikalislamischen Palästinenserorganisation getroffen worden, erklärte die israelische Armee in der Nacht zu Dienstag. Der palästinensische Zivilschutz erklärte hingegen, es seien die Zelte von Geflüchteten bombardiert und dabei mindestens 40 Menschen getötet und 60 weitere verletzt worden.

Mohammed al-Mughair vom Zivilschutz im Gazastreifen sagte der Nachrichtenagentur AFP, nach dem Angriff in der humanitären Zone Al-Mawasi in Chan Junis im Süden des Gazastreifens seien 40 Tote und 60 Verletzte geborgen und in nahegelegene Krankenhäuser gebracht worden. „Unsere Teams versuchen immer noch, 15 Vermisste zu bergen“, fügte al-Mughair hinzu. Er sprach von einem Angriff auf „die Zelte von Vertriebenen“ in Al-Mawasi.

Luftangriff hat offenbar riesige Krater hinterlassen



Von mehreren Quellen im Zivilschutz des Gazastreifens hieß es, dass der Luftangriff riesige Krater hinterlassen habe. „Ganze Familien sind bei dem Mawasi-Chan-Junis-Massaker verschwunden, unter dem Sand, in tiefen Löchern“, sagte Zivilschutz-Sprecher Mahmud Basal. Nach seinen Angaben waren die Zivilisten in dem Gebiet vorab nicht vor dem Luftangriff gewarnt worden.

„Mehr als 20 bis 40 Zelte wurden vollkommen beschädigt“, erklärte der Sprecher und verwies auf „drei tiefe Krater“. Bei der Bergung der Verschütteten fehlte es nach seinen Angaben an der notwendigen Ausrüstung.

Die israelische Armee warf den „terroristischen Organisationen im Gazastreifen“ vor, „zivile und humanitäre Infrastruktur systematisch zu missbrauchen, darunter das ausgewiesene humanitäre Gebiet, um terroristische Aktivitäten gegen den Staat Israel und die israelische Armee auszuführen“. So habe die Hamas „von einem Kommando- und Kontrollzentrum mitten in der humanitären Zone in Chan Junis operiert“.

Hamas widerspricht Israel



Die Hamas versicherte, in dem angegriffenen Gebiet hätten sich keine Kämpfer aufgehalten. Diese Darstellung der israelischen Armee sei eine „unverfrorene Lüge“, erklärte die islamistische Organisation im Onlinedienst Telegram.

Die israelische Armee hatte Al-Mawasi in der Anfangsphase des Gaza-Kriegs als sichere Zone für Zivilisten ausgewiesen. Zehntausende durch den Krieg vertriebene Palästinenser suchten dort Schutz. Hin und wieder führt die israelische Armee jedoch in dem Gebiet und seiner Umgebung Angriffe aus.

So war nach ihren Angaben im Juli der Hamas-Militärchef Mohammed Deif bei einem dieser Angriffe getötet worden. Nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörden starben bei diesem Armeeeinsatz mehr als 90 Menschen.

Seit elf Monaten im Krieg



Israel und die Hamas befinden sich seit elf Monaten im Krieg. Er war durch den brutalen Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres ausgelöst worden. Kämpfer der Hamas und anderer militanter Palästinensergruppen hatten bei den Angriffen auf Orte im Süden Israels nach israelischen Angaben 1205 Menschen getötet und 251 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Als Reaktion auf den Hamas-Angriff geht Israel massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei seit Oktober mehr als 40.990 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs wurde die meisten der 2,4 Millionen Menschen im Gazastreifen mindestens einmal vertrieben. In Al-Mawasi nahm die Bevölkerungsdichte im Zuge der Fluchtbewegungen massiv zu. Hatten dort vor dem Krieg rund 1200 Menschen pro Quadratkilometer gelebt, sind es nach Berechnungen der UNO nun 30.000 bis 34.000 Menschen pro Quadratkilometer. Die unter Schutz stehende Zone schrumpfte derweil von 50 auf 41 Quadratkilometer.

Indirekt geführten Verhandlungen festgefahren



Die USA, Katar und Ägypten bemühen sich um die Vermittlung eines Waffenruhe-Abkommens zwischen Israel und der Hamas, das auch die Freilassung aller im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln ermöglichen soll.

Die indirekt geführten Verhandlungen zwischen den beiden Konfliktparteien sind allerdings festgefahren. Während die Hamas als Bestandteil des Abkommens einen vollständigen Abzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen verlangt, beharrt die israelische Regierung darauf, dass sie im sogenannten Philadelphi-Korridor an der Grenze des Gazastreifens zu Ägypten die Kontrolle behalten müsse.

− afp

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