Wegen steigendem CO2-Preis
Heizen mit Öl und Gas: In schlecht gedämmten Häusern wird das ab 2027 teuer

14.10.2024 | Stand 17.10.2024, 15:18 Uhr |

Den Heizkörper weiter aufdrehen könnte ab 2027 ein teurer Luxus werden: Ab 2027 steigt der CO2-Preis wohl deutlich – und damit auch die Heizkosten. Vor allem in schlecht gedämmten Gebäuden könnte das zur Kostenfalle werden, so eine aktuelle Studie. − Symbolbild: Fabian Sommer/dpa

Drei Viertel aller Wohnungen in Deutschland werden mit Gas oder Öl beheizt. Beide Energieträger sind im Vergleich zum Vorjahr günstiger geworden – doch ab 2027 könnte das Heizen vor allem in schlecht gedämmten Gebäuden sehr teuer werden. Grund ist der steigende CO2-Preis. Eine aktuelle Studie liefert Rechenbeispiele.

  

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Im Gebäude- sowie Verkehrsbereich gilt aktuell in Deutschland eine nationale CO2-Bepreisung. Die Einnahmen daraus fließen in den Klima- und Transformationsfonds, aus dem Projekte unter anderem für Klimaschutz finanziert werden. Der Preis von 45 Euro pro Tonne im Jahr 2024 steigt 2025 auf 55 Euro.

Ab 2026 beginnt dann ein Emissionshandel mit einem festgelegten Preiskorridor - dieser sieht einen Mindestpreis von 55 Euro für ein sogenanntes Emissionszertifikat und einen Höchstpreis von zunächst 65 Euro vor.

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Warum der CO2-Preis sich bis 2027 mehr als verdoppeln könnte



Der nationale Emissionshandel soll dann 2027 in einen europäischen Emissionshandel für Gebäude und Verkehr überführt werden. Die Folge: Dann gelten keine festen Preise mehr. „Wie viel es in Zukunft kosten wird, eine Tonne CO2 auszustoßen, kann niemand genau sagen. Der CO2-Preis wird wie ein Börsenpreis ausgehandelt werden und schwanken“, sagt Benjamin Weigl, Energieexperte beim Geldratgeber Finanztip.

  

Es gibt aber laut Weigl eine Prognose: „Wenn die EU ihre Klimaziele im Gebäudesektor erreichen möchte, dann müsste der CO2-Preis im Jahr 2030 im Schnitt bei 275 Euro pro Tonne liegen. Das prognostiziert das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt Ariadne in einem Hintergrundpapier“.

So hoch muss der Preis 2027 noch nicht sein, eine Verdoppelung des aktuellen CO2-Preises ist aber sehr wahrscheinlich: „Wenn man die Studienlage betrachtet, werden wir ab 2027 ziemlich sicher dreistellige CO2-Preise sehen. Auch 200 Euro oder 300 Euro pro Tonne sind realistisch“, sagt Experte Benjamin Weigl.

Rechenbeispiele: So viel teurer könnte der CO2-Preis das Heizen machen



Der gestiegene CO2-Preis könnte „finanziell folgenschwere Auswirkungen“ für Gebäudeeigentümer und Mieter haben, ergab eine Studie des Münchner Forschungsinstituts für Wärmeschutz im Auftrag des Bundesverbands energieeffiziente Gebäudehülle. Das gelte vor allem für energetisch schlechte Gebäude.

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Das Forschungsinstitut hat mehrere Rechenbeispiele durchkalkuliert, wie sehr der höhere CO2-Preis das Heizen verteuern könnte:

Einfamilienhaus (150 Quadratmeter):

- In einem Einfamilienhaus der Energieeffizienzklasse B (Neubau ohne Effizienzhausstandard) rechnet man bei einer Gasheizung und 100 Euro CO2-Preis mit 200 Euro Mehrkosten pro Jahr gegenüber dem Jahr 2024. Bei einer Ölheizung sind es 264 Euro.

Steigt der CO2-Preis auf 150 Euro, liegen die jährlichen Mehrkosten bei 382 Euro (Gas), beziehungsweise 505 Euro (Öl).

- In einem Einfamilienhaus der Energieeffizienzklasse F (nicht sanierte Häuser aus den 80er-Jahren) betragen die jährlichen Mehrkosten bei 100 Euro CO2-Preis 532 Euro (Gas), beziehungsweise 706 Euro (Öl). Bei 150 Euro CO2-Preis sind es 1016 Euro (Gas), beziehungsweise 1348 Euro (Öl).

- In einem Einfamilienhaus der schlechtesten Energieeffizienzklasse H (unsanierte und schlecht gedämmte Altbauten) sieht die Rechnung bei 100 Euro CO2-Preis jährliche Mehrkosten von 799 Euro (Gas) oder 1059 Euro (Öl) vor. Bei 150 Euro CO2-Preis seien es 1525 Euro (Gas), beziehungsweise 2022 Euro (Öl).

Wohnung (70 Quadratmeter):

- In einer Wohnung der Energieeffizienzklasse B (Neubauten ohne Effizienzklasse) rechnet man bei einer Gasheizung und 100 Euro CO2-Preis mit 83 Euro Mehrkosten pro Jahr. Bei einer Ölheizung sind es 110 Euro. Steigt der CO2-Preis auf 150 Euro, liegen die jährlichen Mehrkosten bei 158 Euro (Gas), beziehungsweise 210 Euro (Öl).

- In einer Wohnung der Energieeffizienzklasse F (nicht sanierte Häuser aus den 80er-Jahren) betragen die jährlichen Mehrkosten bei 100 Euro CO2-Preis 221 Euro (Gas), beziehungsweise 293 Euro (Öl). Bei 150 Euro CO2-Preis sind es 421 Euro (Gas), beziehungsweise 559 Euro (Öl).

- In einem Einfamilienhaus der schlechtesten Energieeffizienzklasse H (unsanierte und schlecht gedämmte Altbauten) sieht die Rechnung bei 100 Euro CO2-Preis jährliche Mehrkosten von 799 Euro (Gas) oder 1059 Euro (Öl) vor. Bei 150 Euro CO2-Preis seien es 1525 Euro (Gas), beziehungsweise 2022 Euro (Öl).

Wie kann ich die Mehrkosten abschätzen, wenn ich die Energieeffizienzklasse meines Hauses nicht kenne?



Das Geldportal Finanztip hat anhand von Beispielrechnungen ebenfalls durchgerechnet, wie teuer Heizen künftig werden könnte. „20.000 kWh Gas oder 2000 Liter Heizöl sind für durchschnittlich energieeffiziente Einfamilienhäuser realistische Werte“, sagt Energie-Experte Benjamin Weigl.

Bei 20.000 Kilowattstunden Verbrauch zahlen Hausbesitzer mit einer Gasheizung im Jahr 2024 bei aktuell 45 Euro CO2-Preis pro Tonne und inklusive Mehrwertsteuer rund 230 Euro CO2-Abgabe. Bei 100 Euro CO2-Preis steigt der Wert auf 513 Euro brutto. Bei 150 Euro CO2-Preis pro Tonne sind es schon 769 Euro.

Hausbesitzer mit einer Ölheizung und 2000 Litern Jahresverbrauch zahlen im Jahr 2024 bei aktuell 45 Euro CO2-Preis pro Tonne und inklusive Mehrwertsteuer rund 342 Euro CO2-Abgabe. Bei 100 Euro CO2-Preis steigt der Wert auf 760 Euro brutto. Bei 150 Euro CO2-Preis pro Tonne sind es schon 1140 Euro.

Dreiviertel aller Wohnungen werden mit Gas oder Öl beheizt, 30 Prozent der Gebäude haben schlechte Energieeffizienzklassen



Nach den Ergebnissen des Zensus 2022 werden drei Viertel (75 Prozent) aller Wohnungen in Deutschland mit Gas (56 Prozent) oder Öl (19 Prozent) beheizt und weitere 15 Prozent mit Fernwärme. Erneuerbare Energiequellen zum Heizen von Wohngebäuden spielen im Gesamtbestand bislang eine untergeordnete Rolle, heißt es. Wärmepumpen kamen im Jahr 2022 lediglich auf einen Anteil von 7,3 Prozent.

Rund 30 Prozent der Wohngebäude befinden sich laut dem Münchner Forschungsinstitut für Wärmeschutz in den schlechtesten Energieeffizienzklassen F bis H und sind damit schlecht oder gar nicht gedämmt.

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