Generalsekretär Huber: „Fehlstart“
Faeser will in Hessen kandidieren und Ministeramt behalten

02.02.2023 | Stand 02.02.2023, 19:39 Uhr

Nancy Faeser, damals Generalsekretärin der hessischen SPD, steht beim Landesparteitag der SPD Hessen auf der Bühne. Nancy Faeser steht als Spitzenkandidatin der SPD für die hessische Landtagswahl am 8. Oktober bereit. Innenministerin will sie bleiben, wie die Vorsitzende der hessischen SPD in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview dem «Spiegel» sagte. −Foto: Swen Pförtner/dpa

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat eine Kandidatur als Spitzenkandidatin der SPD bei der Wahl in Hessen angekündigt.



Ihr Amt im Bundeskabinett wolle sie als Kandidatin behalten, sagte Faeser am Donnerstag dem „Spiegel“. Sollte sie nach der Wahl am 8. Oktober nicht hessische Ministerpräsidentin werden können, wolle sie Bundesinnenministerin bleiben. Faeser verwies darauf, dass sie die Rolle als Oppositionsführerin im hessischen Landtag bereits vor ihrem Wechsel nach Berlin ausgeübt hatte.

„Ich möchte Verantwortung tragen“



„Ich bewerbe mich bei den Hessinnen und Hessen um das Amt der Ministerpräsidentin“, sagte sie. „Ich möchte gestalten, ich möchte Verantwortung tragen - Oppositionsführerin war ich schon.“ Sollten die Wählerinnen und Wähler „sich anders entscheiden, werde ich weiterhin als Bundesinnenministerin meiner Verantwortung gerecht werden“.

Sie halte es „in einer Demokratie für eine Selbstverständlichkeit, dass man aus einem Amt heraus für Wahlen kandidieren kann“, sagte sie. Ihr Amt als Innenministerin werde nicht unter ihrer Rolle als Spitzenkandidatin in Hessen leiden. „Ich habe in sehr schwierigen Zeiten Verantwortung für ein sehr schwieriges Amt übernommen, und diese Verantwortung gebietet es mir, dass ich meine Aufgaben ebenso klar und ernsthaft wie bislang erfülle.“

Zurückhaltung im hessischen Wahlkampf



Faeser deutete an, dass sie sich im hessischen Wahlkampf zurückhalten werde. „Es sind jetzt nicht die Zeiten, um Wahlkampf zu machen“, sagte sie. „Wir haben einen furchtbaren Krieg in Europa, die Bedrohungslagen sind groß.“ Sie habe „mehr als mein halbes Leben lang Kommunal- und Landespolitik in Hessen gemacht“, sagte Faeser. „Die Menschen in Hessen kennen mich.“

Faeser verwies darauf, dass sie nicht das erste Mitglied der Bundesregierung ist, das eine Spitzenkandidatur in Hessen übernimmt. Die CDU-Bundesminister Walter Wallmann und Manfred Kanther hatten dies bereits vor ihr gemacht.

CSU-Generalsekretär Huber spricht von „Fehlstart“



CSU-Generalsekretär Martin Huber hat nach der Ankündigung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser, Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Hessen werden zu wollen, von einem „Fehlstart“ gesprochen.

Huber sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: „Was für ein Fehlstart: die eigene Partei in Hessen erfährt durch die Berliner Presse von Frau Faesers Kandidatur. Und Bundesministerin will sie auch bleiben. Viel klarer kann man den Wählern gar nicht sagen: ich gewinne eh nicht.“ Die SPD gebe laut Huber „auf allen Ebenen ein erbärmliches Bild ab“. Faeser hatte am Donnerstag im „Spiegel“-Interview ihre Kandidatur angekündigt. Am Freitag trifft sie sich mit ihrer Partei zum Hessengipfel. Eigentlich war eine Verkündung bei dem Termin erwartet worden.

Alexander Throm wirft Faeser Bruch ihres Amtseids vor



Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Throm (CDU), wirft Nancy Faeser vor, ihren Amtseid zu brechen. Throm sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: „Nancy Faeser wird dem Eid, den sie als Innenministerin dem deutschen Volk geschworen hat, nicht gerecht. Ab jetzt ist Wahlkampf. Dieses Amt verträgt keine Teilzeitministerin.“ Throm sagte, dass Faeser ihre Kandidatur „generalstabsmäßig“ vorbereitet habe. „All ihr Tun lief seit eineinhalb Jahren auf die Spitzenkandidatur hinaus.“ Der CDU-Politiker erwartet, dass nun auch die Partner in der Ampel Faeser noch stärker kritisieren werden. „Es ist doch bemerkenswert, dass in den vergangenen Tagen nicht nur die Union, sondern auf FDP und Grüne, Faesers Absichten, trotz einer Kandidatur Innenministerin zu bleiben kritisierten. Ich bin gespannt, ob sie dem nun Taten folgen lassen.“

Faesers schreibt Brief an ihre Mitarbeiter



Unterdessen legte Faeser in einem Brief an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums ihre Gründe dar. In dem Schreiben, das der Mediengruppe Bayern vorliegt, heißt es: „Ich weiß, dass viele von Ihnen die Frage beschäftigt, ob ich mich im Oktober in meiner Heimat Hessen um das Amt der Ministerpräsidentin bewerbe. Und es ist mir wichtig, dass Sie es von mir selbst erfahren: Ja, ich kandidiere. Ich bin die erste Frau an der Spitze des Bundesinnenministeriums – und ich möchte die erste Ministerpräsidentin in Hessen sein. Und Sie kennen mich: ich trete an, um zu gewinnen.“

Und weiter: „Ich werde mein Amt auch weiterhin mit voller Kraft und Leidenschaft ausfüllen. Und auch hier schaffe ich von Anfang an Klarheit: Wenn die Wählerinnen und Wähler sich im demokratischen Wettbewerb anders entscheiden, werde ich weiterhin als Bundesinnenministerin meiner Verantwortung gerecht werden. Das gebührt der Respekt vor dem Amt und den Wählerinnen und Wählern.“ Sie kündigt an, keinen langen Wahlkampf machen zu wollen. „Für einen langen Wahlkampf sind die Zeiten ohnehin zu ernst. Die Auswirkungen des furchtbaren russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine beschäftigen uns weiter sehr. Genauso möchte ich die vielfältigen Reformen umsetzen, die wir uns mit dem Koalitionsvertrag vor- genommen haben, und mich weiter der ganzen Bandbreite der BMI-Aufgaben widmen, die wir gemeinsam jeden Tag angehen. Darauf werde ich mich weiter voll konzentrieren.“

− afp