Brüssel
EU-Parlament äußert Bedenken an ungarischem Ratsvorsitz

01.06.2023 | Stand 02.06.2023, 1:49 Uhr

Viktor Orban - Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban. - Foto: John Thys/AFP/AP/dpa

Das Europaparlament zweifelt an, ob das Land für die Ratspräsidentschaft im kommenden Jahr in Frage kommt. Kritisiert werden die Rechtsverstöße und die Blockade der EU-Gelder durch Orbans Regierung.

Das Europaparlament hat infrage gestellt, ob Ungarn für den Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft im kommenden Jahr geeignet ist. Die Abgeordneten verabschiedeten n Brüssel mit großer Mehrheit eine entsprechende Resolution.

Angesichts der eingefrorenen EU-Gelder und der zunehmenden Rechtsverstöße Ungarns gegen fundamentale Grundrechte sei es zweifelhaft, ob Ungarn diese wichtige Aufgabe übernehmen könne. Ungarn soll eigentlich turnusmäßig von Juli bis Dezember 2024 die Ratspräsidentschaft innehaben. «Einmal mehr bringt das Europäische Parlament einhellig seine tiefe Besorgnis über die Verschlechterung der rechtsstaatlichen Situation in Ungarn zum Ausdruck», sagte die zuständige Berichterstatterin Gwendoline Delbos-Corfield (Grüne).

Die ungarische Justizministerin Judit Varga kritsierte den Schritt: «Die schlechte Nachricht für die kriegsbefürwortende linke Mehrheit im Europaparlament ist, dass sie die Resolution, die Ungarn verurteilt, heute völlig überflüssigerweise beschlossen hat», schrieb sie auf ihrer Facebook-Seite. Die Vorbereitungsarbeiten für die ungarische Präsidentschaft seien nämlich schon voll im Gange.

Lage des Rechtsstaats deutlich verschlechtert

Die EU blockiert derzeit rund 30 Milliarden Euro an EU-Geldern, die für Ungarn vorgesehen sind - darunter 12 Milliarden an Hilfen und begünstigten Krediten aus dem Corona-Wiederaufbau-Fonds. Sie begründet dies damit, dass Justiz und Aufsichtsorgane im Land von Ministerpräsident Orban nicht ausreichend unabhängig seien, um eine korrekte Verwendung der EU-Gelder zu gewährleisten.

Die Lage des Rechtsstaats habe sich in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert, hieß es in der Resolution. Beispielsweise seien Gesetze ohne ausreichende parlamentarische Kontrolle verabschiedet worden. Das EU-Parlament forderte die Länder nun auf, eine «angemessene Lösung» zu finden. Das Parlament könne sonst auch geeignete Maßnahmen ergreifen, hieß es in der Resolution.

«In den letzten Monaten hat die Regierung unter Herrn Orban fast wahllos wichtige Gesetzesvorhaben auf europäischer Ebene in Geiselhaft genommen, um Zugeständnisse für sich zu erpressen. Kann ein Land, das so vorgeht, die politische Führung in Europa übernehmen? Diese Entscheidung liegt bei den EU-Mitgliedsstaaten, nicht dem Europäischen Parlament», sagte die Europaabgeordnete Monika Hohlmeier (CSU).

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