Die Bundesregierung hat die hart umkämpfte Kindergrundsicherung beschlossen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus Regierungskreisen. Doch es gibt bereits erste Kritik.
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Künftig sollen bisherige Leistungen wie Kindergeld, Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder und Kinderzuschlag gebündelt werden. Durch mehr Übersichtlichkeit und eine zentrale Plattform sollen auch Familien erreicht werden, die bisher aus Unkenntnis oder wegen bürokratischer Hürden ihnen zustehendes Geld nicht abrufen. Der Gesetzentwurf muss nun noch Bundestag und Bundesrat passieren.
Das Vorhaben hatte in den vergangenen Wochen immer wieder für Knatsch in der Ampel-Koalition gesorgt. Insbesondere Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) stritten sich über die Finanzierung – Ende August einigten sich beide schließlich.
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Rund 2,4 Milliarden Euro Mehrkosten veranschlagt
Im Jahr der Einführung 2025 werden von der Ampel nun zunächst rund 2,4 Milliarden Euro Mehrkosten veranschlagt. Aus Regierungskreisen hatte es zudem geheißen, dass bei steigender Inanspruchnahme der Leistungen der Kindergrundsicherung die Kosten in den Folgejahren auf bis zu sechs Milliarden Euro ansteigen könnten.
„Es wird zukünftig endlich bessere, schnellere und direktere Leistungen für alle Familien geben“, sagte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) im Anschluss an den Kabinettsbeschluss. Die Kindergrundsicherung schaffe „einen Systemwechsel - weg von der Holschuld von Bürgerinnen und Bürgern hin zu einer Bringschuld des Staates“. Schließlich würden Familien künftig direkt vom Familienservice über mögliche Ansprüche informiert, und die Berechnung und Auszahlung der Leistungen werden einfacher.
Städte- und Gemeindebund kritisiert teure Doppelstrukturen
Deutschlands Kommunen haben den Kabinettsbeschluss zur Einführung einer Kindergrundsicherung kritisiert. Kinderarmut zu begrenzen sei zwar richtig und dringend angezeigt, sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), im Gespräch mit der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ). „Die Maßnahmen, die die Bundesregierung dazu vorsieht, werden den Zielen allerdings nicht gerecht.“ Eine effektive Bekämpfung der Kinderarmut könne so nicht gelingen.
Laut Landsberg werden nun „Doppel- und Parallelstrukturen“ geschaffen, die bis zu 500 Millionen Euro von den insgesamt 2,4 Milliarden geplanten Mehrausgaben im Jahr 2025 kosten. Die versprochene Vereinfachung bleibe ebenso eine Illusion wie die Vereinheitlichung der Ansprechpartner, beklagte der DStGB-Hauptgeschäftsführer.
Um Kinderarmut zu bekämpfen, müssten die Transferleistungen „zwingend“ um gezielte Investitionen in die soziale Infrastruktur wie in Kitas, Schulen sowie in Sprachförderung bei Kindern mit Migrationshintergrund ergänzt werden, sagte Landsberg weiter.
Bär: Kindergrundsicherung ist keine Antwort auf Kinderarmut
„Die Bundesregierung schickt ihr völlig unausgegorenes und nach wie vor umstrittenes Konzept zur Kindergrundsicherung auf den Weg in das Gesetzgebungsverfahren“, kritisiert die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär. Sie delegiere kurzerhand ihre fehlende Einigungsfähigkeit an das Parlament. Dieser „billige Trick verhöhnt die Kinder und die Familien in unserem Land“.
Die Kindergrundsicherung sei auch keine Antwort auf Kinderarmut: „Als Union werden wir alles daransetzen, im weiteren Verfahren das Schlimmste zu verhindern, denn diese handwerklich wieder sehr schlecht gemachte und horrend teure Verwaltungsreform ist in keiner Weise geeignet, einem einzigen Kind eine chancenreiche Zukunft zu ermöglichen“, so Bär.
− dpa/che
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