Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Gabriel Felbermayr, hat mit Blick auf die Unions-Forderung, der Staat solle sich wieder stärker aus der Wirtschaft zurückziehen, skeptisch reagiert.
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"Wir brauchen in manchen Bereichen eher mehr als weniger Staat", sagte er gegenüber der Passauer Neuen Presse. Dies gelte etwa im Bereich der Gefahrenabwehr, der Energiewende und anderen Zukunftsfragen. "Der Staat muss in seinem Tätigkeitsfeld nicht größer oder kleiner werden, sondern besser", forderte der Wirtschaftsforscher. Dafür müsse es wieder mehr Möglichkeiten für unternehmerische Freiheiten in Deutschland geben. "Der Staat muss die Räume weiter aufmachen, in denen sich die Unternehmen bewegen können. Das sollte weit oben in der politischen Agenda stehen", so Felbermayr weiter. In diesem Zusammenhang sprach er sich auch für Steuererleichterungen für Unternehmen aus: "Denn wir haben in der Unternehmensbesteuerung weiterhin international einen Spitzenplatz."
Angesichts des "Tags der deutschen Industrie" hat Felbermayr der deutschen Industrie ein gutes Krisenzeugnis ausgestellt. "Es sieht insgesamt nicht so aus, als habe Corona auf Dauer größere Schäden in der deutschen Industrie angerichtet", sagte er. Für eine abschließende Beurteilung sei es allerdings noch zu früh. "Was man aber zugleich sagen muss, ist, dass Teile der Industrie in der Corona-Krise ihre Hausaufgaben gemacht haben, so dass sie jetzt schneller vorankommen, als vorher gedacht", so Felbermayr weiter. Dies treffe etwa auf den Bereich der Elektromobilität zu. Wobei es auch dort Unwägbarkeiten gebe: "Eine große Unsicherheit für die Industrie momentan ist, dass der ohnehin hohe Strompreis noch weiter steigen könnte, weil die Erneuerbaren Energien nicht konsequent ausgebaut werden. Denn wenn etwa die Elektromobilität hochgefahren wird, nimmt auch die Nachfrage nach Strom massiv zu. Hier muss die Politik Antworten geben."