Bundestagswahl
Sind meine Stimmen „verschenkt“, wenn ich kleine Parteien wähle?

24.09.2021 | Stand 24.09.2021, 17:09 Uhr

Bringt es etwas, wenn ich meine Stimme kleinen Parteien gebe? −Symbolbild: dpa

Von Christoph Eberle

Auch kurz vor der Wahl sind viele Bürger noch unentschlossen. Und nicht wenige fragen sich auch: Sind Stimmen für kleinere Parteien, die nur theoretische Chancen auf den Einzug ins Parlament haben, wirklich „verschenkt“? Drei Kleinparteien sagen dazu: „Nein!“

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Vor allem CSU-Politiker wiesen in jüngster Zeit gerne darauf hin, dass Stimmen etwa für die Bayernpartei oder die Freien Wähler vergeudet seien. Bei einer Wahlveranstaltung im Rottal warnte etwa Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU): „Eine Zweitstimme für die Freien Wähler nutzt nichts, denn sie werden nicht in den Bundestag kommen, aber sie spalten das so wichtige bürgerliche Lager.“

In der Tat tauchen Parteien wie Freie Wähler, Volt, ÖDP, Piratenpartei, Bayernpartei und ähnliche auch in Umfragen vor der Wahl selten auf, sondern werden meist unter „Sonstige“ als grauer Balken zusammengefasst.



ÖDP, Volt und Piratenpartei richteten sich in einer gemeinsamen Pressemitteilung am Freitag vor der Wahl explizit „gegen das Märchen der verschenkten Stimme“. Christian Rechholz, der ÖDP-Bundesvorsitzende sagt dazu: „Die etablierten Parteien wollen die Wähler davon abhalten, ihre Stimme wirksam für Veränderungen einzusetzen. Veränderung ist aber nicht nur möglich, sondern dringend nötig.“

Die Zusammensetzung des Bundestages sei nicht in Stein gemeißelt, wie suggeriert wird. Sonst säßen dort auch noch Bayernpartei oder das Zentrum wie 1949. Einige seien seitdem hinzugekommen, andere seien herausgeflogen. Linke, Grüne und FDP gehörten dem Bundestag nicht immer an. „Und zum Glück auch nicht die AfD“, so der ÖDP-Bundesvorsitzende.

Bei aktuellen Umfragen liegt der Anteil der „Sonstigen“ bei bis zu 10 Prozent - ein Novum in der deutschen Politik. Es zeigt nach Ansicht des ÖDP-Vorsitzenden, dass sich immer mehr Menschen einen Politikwechsel wünschen. Diese Tatsache zu ignorieren, spreche gegen jedes Demokratieverständnis.



Das bringt eine Stimme für Kleinstparteien

Mit jeder Stimme für eine der Kleinstparteien sende man dem ÖDP-Bundesvorsitzenden zufolge ein starkes Signal an die Parteien im Bundestag, dass sie neue Politik machen sollen. „Es gibt keine verschenkten Stimmen, denn eine Stimme bildet euren Willen ab - sei es innerhalb des Parlaments oder außerhalb“, sagt auch Sebastian Alscher von der Piratenpartei.

„Jede Stimme bedeutet staatliche Mittel, auch für kleine Parteien, die für politische Arbeit benötigt werden“, darauf weist beispielsweise die Tierschutzpartei hin. Ab 0,5 Prozent Anteil nehmen sie an der staatlichen Parteienfinanzierung teil und erhalten vom Bund 85 Cent pro Stimme.

Außerdem würden viele Stimmen dazu führen, dass die Kleinstpartei bei der nächsten Wahl auf dem Stimmzettel weiter nach oben rutsche. Laut Bundeswahlleiter richtet sich die Reihenfolge der Landeslisten von Parteien auf den Stimmzetteln nach der Zahl der Zweitstimmen, die sie bei der letzten Bundestagswahl im Bundesland erreicht haben. Trat eine Partei noch nicht an, geht es nach alphabetischer Reihenfolge.

Und nicht zuletzt ist es auch möglich, dass Kleinparteien so sehr wachsen, dass sie irgendwann die Fünf-Prozent-Hürde überspringen und es in den Bundestag schaffen. Obwohl alle Umfragen dagegen sprechen, hat etwa Freie-Wähler-Vorsitzender Hubert Aiwanger die Hoffnung auf den erstmaligen Einzug in den Bundestag bei der Wahl am Sonntag nicht aufgegeben.