Massive Kritik
Rassismus-Debatte um Winnetou-Buch: Das sagt ein Experte

22.08.2022 | Stand 22.08.2022, 14:31 Uhr

Der Film "Der junge Häuptling Winnetou" ist am 11.08.2022 in die deutschen Kinos gekommen. −Foto: dpa

Der Ravensburger Verlag hat das Kinderbuch zum Film „Der junge Winnetou“ nach einer Rassismus-Debatte vom Markt genommen. Nun äußert sich ein Experte.



Karl-May-Experte Andreas Brenne kritisiert die Entscheidung des Ravensburger Verlages, das Kinderbuch zum Film „Der junge Winnetou“ vom Markt zu nehmen. „Ich halte es für nicht richtig, ein solches Buch nur aufgrund eines Shitstorms aus dem Verkehr zu ziehen“, sagte Brenne der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Der Verlag hätte sich vor diesem Schritt von Experten für das Werk Karl Mays und das Genre des Kinder- und Jugendbuches beraten lassen sollen.

Der Ravensburger Verlag hatte das Buch nach massiver Kritik auf Instagram wegen angeblich falscher kultureller Aneignung aus dem Programm genommen. Nach Brennes Worten ist das Buch unbedenklich, weil ja schon in einer Vorbemerkung klargestellt werde, dass es als fiktive Geschichte und nicht als sachgerechte Darstellung des Lebens indigener Völker zu verstehen sei. „Hier hat wohl die Angst der Marketingabteilung des Verlages, das Haus könne in Verruf kommen, das Vorgehen diktiert“, analysierte Brenne, der als Professor für Kunstpädagogik und Kunstdidaktik an der Universität Potsdam wirkt und in der Karl-May-Gesellschaft an Programmfragen mitarbeitet.

Der Wissenschaftler warnte davor, den Vorwurf der falschen kulturellen Aneignung unreflektiert zu generalisieren. „Schon das Verkleiden als Indianer gilt dann als rassistischer Akt“, kritisierte Brenne, der zugleich Karl May (1842-1912) selbst gegen den Vorwurf des Rassismus und Kolonialismus in Schutz nahm. Der Vorwurf gegen den Klassiker der Wildwestliteratur, er habe den Völkermord an den indigenen Völkern Nordamerikas ignoriert, sei falsch. In den 1893 publizierten Winnetou-Romanen werde das ja gerade geschildert. „Das ist ja gerade ein zentrales Motiv bei Karl May“, präzisierte Brenne, der im März 2023 an der Universität Potsdam eine Fachtagung zum Thema Karl May und kulturelle Aneignung ausrichtet.

− kna