PNP-Interview
Lehrerverband beklagt Druck von muslimischen Eltern und Schülern

19.10.2020 | Stand 20.09.2023, 6:42 Uhr

Heinz-Peter Meidinger, Chef des Deutschen Lehrerverbands. −Foto: dpa

Der Deutsche Lehrerverband hat vor einem "Klima der Einschüchterung" bei Lehrkräften hierzulande gewarnt.

"Wir haben die tiefe Sorge, dass auch in Deutschland ein Klima der Einschüchterung entsteht", erklärte Verbandschef Heinz-Peter Meidinger im Gespräch mit der Passauer Neuen Presse mit Blick auf die Enthauptung eines Lehrers nahe Paris durch einen Islamisten.

"Der Druck ist vor allem in Brennpunktschulen mit einem hohen Anteil von Schülern mit einem entsprechenden Migrationshintergrund sehr hoch", sagte Meidinger. Lehrer würden beispielsweise aufgefordert, Themen wie den Nahostkonflikt oder Israel nicht im Unterricht zu behandeln. "Lehrkräfte trauen sich an manchen Schulen nicht mehr, einen Film wie ,Schindlers Liste‘ zu zeigen. Sie bekommen Druck von den Eltern, aber auch von Schülern. Da entsteht bei manch einem schon eine Schere im Kopf", erklärte der Präsident des Lehrerverbandes.

Meidinger: "Klima der Einschüchterung befürchtet"

Viele Kolleginnen und Kollegen hätten wohl auch in Deutschland Angst, beispielsweise in einer Unterrichtsstunde über Meinungs- und Kunstfreiheit auf die Mohammed-Karikaturen zu verweisen. "Davon lassen diese dann lieber die Finger", so Meidinger. Wenn Lehrer zu politisch und geschichtlich sensiblen Themen Stellung nehmen, müssten sie damit rechnen, Druck zu bekommen. "Es gibt immer mehr Versuche, Lehrer bei ihrer Aufgabe, Werte und Demokratie zu vermitteln, zu beeinflussen und zu behindern", sagte der Verbandschef. "Wir haben die tiefe Sorge, dass auch in Deutschland ein Klima der Einschüchterung entsteht", warnte er. Auch die AFD-Meldeportale seien ein Versuch, Lehrkräfte einzuschüchtern und an den Pranger zu stellen. "Werteerziehung und Demokratieunterricht dürfen nicht zur Mutprobe für Lehrkräfte werden!", forderte Meidinger.

− pnp