Laut Lauterbach "Außenseiterposition"
Impfung von Kindern: Stiko bleibt bei abwartender Haltung

02.08.2021 | Stand 20.09.2023, 0:08 Uhr

−Foto: Peter Kneffel/dpa

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält Corona-Impfungen von Kindern ab zwölf Jahren für angemessen. Die Stiko hält sich mit einer generellen Empfehlung noch zurück.

Das sagte Lauterbach am Montag im Deutschlandfunk vor Beratungen der Gesundheitsministerkonferenz zu dem Thema. Die wesentlichen Studien zur Impfung von Kindern zeigten, dass eine Durchseuchung mit der Delta-Variante des Coronavirus gefährlicher sei als eine Impfung. Wissenschaftlich komme er klar zu dem Ergebnis, dass Impfungen Kindern helfen.



Auch die US-Gesundheitsbehörde CDC, die weltweit wohl die besten Experten habe, empfehle die Impfung von Kindern. In den USA seien mehr als sechs Millionen Kinder geimpft, die Immunisierung sei hier gut untersucht.

Lauterbach: Stiko vertrete "Außenseiterposition"

Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte im Mai den Covid-19-Impfstoff von Biontech/Pfizer für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren zugelassen, vor wenigen Tagen folgte auch die Freigabe für Moderna. Für Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) die Impfung trotz heftigen politischen Drucks bisher jedoch nur vor allem Kindern und Jugendlichen mit bestimmten Vorerkrankungen wie Diabetes oder Adipositas, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Lauterbach sagte, die Stiko vertrete hier eine "Außenseiterposition".

Die Ständige Impfkommission (Stiko) bleibt trotz politischen Drucks bei ihrer abwartenden Haltung zur Impfung von Kindern und Jugendlichen. Der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens sagte am Montag dem Sender NDR Info, es gebe noch zu wenige Daten über mögliche gesundheitliche Folgeschäden für 12- bis 17-Jährige. "Wir sagen, wir können nicht eine generelle Empfehlung aussprechen, solange wir diesbezüglich nicht die notwendige Datensicherheit haben."

Politischer Druck für eine schnelle Entscheidung habe keinen Einfluss auf die Stiko, machte Mertens deutlich. "Es kann durchaus sein, dass wir unsere Empfehlung ändern werden, aber sicher nicht, weil Politiker sich geäußert haben", sagte der Stiko-Vorsitzende.

Müller: Angebot, aber keine Pflicht

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller verteidigt Pläne, Kindern ab 12 Jahren ein Corona-Impfangebot zu machen. Obwohl die Ständige Impfkommission (Stiko) hier noch zögere, seien viele Ärzte und Wissenschaftler der Ansicht, dass eine Impfung junge Menschen deutlich besser schütze, sagte der SPD-Politiker am Montag im ARD-"Morgenmagazin". In Berlin sei bereits zu sehen, dass die Gruppe der 15- bis 25-Jährigen eine doppelt bis vierfach so hohe Inzidenz aufweise wie andere Bevölkerungsgruppen. Darauf zu reagieren und ein Angebot zu machen, das keine Pflicht sei, halte er für "sehr sachgerecht".

An diesem Montag beraten die Gesundheitsminister von Bund und Ländern über Corona-Impfangebote für Jugendliche. "Es werden nunmehr alle Länder Impfungen für 12- bis 17-Jährige in den Impfzentren anbieten", schreibt das Bundesgesundheitsministerium in einem an die Länder versendeten Beschlussvorschlag.

Holetschek: Impfangebot für Kinder kein Widerspruch zur Stiko

Vor den Beratungen der Gesundheitsminister von Bund und Ländern hat sich Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) erneut klar für ein Impfangebot an Jugendliche ausgesprochen. "Wir wollen heute gemeinsam darüber diskutieren und dieses Impfangebot noch einmal deutlich machen", sagte der derzeitige Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz am Montag im ARD-"Morgenmagazin". "Es ist jetzt wichtig, dass wir auch keine Zeit versäumen."

Holetschek sieht in einem Impfangebot keinen Widerspruch zur Stiko: Sie habe diese Möglichkeit eröffnet bei ärztlicher Aufklärung, mit Einwilligung und nach individueller Risikoabschätzung. "Nichts anderes machen wir." Der CSU-Politiker betonte zugleich, niemandem solle etwas aufgezwungen werden. "Es ist ja ein Impfangebot. Das muss man immer so sagen."

− dpa