Gastbeiträge
Höhere Rentenbeiträgen für Kinderlose: Pro & Contra

31.03.2020 | Stand 19.09.2023, 22:40 Uhr

Johannes Vogel. −Foto: Archiv dpa

Zum Ruf nach höheren Rentenbeiträgen für Kinderlose und eine Abschaffung des gesetzlichen Renteneintrittsalters, die Unionsabgeordnete aus der "Jungen Gruppe" der Bundestagsfraktion fordern, äußern sich in Gastbeiträgen für die Passauer Neue Presse Kai Whittaker (CDU) und Johannes Vogel (FDP) in Form von "Pro und Contra".

Die Beiträge im Wortlaut:

PRO: Kai Whittaker, CDU-Bundestagsabgeordneter und Mitglied der "Jungen Gruppe" in der Unionsfraktion

",Kinder bekommen die Leute immer.‘ Dieses Zitat stammt von Konrad Adenauer. Es beendete 1956 die Rentenreformdebatte über die Frage, ob es neben einem Umlagesystem für Ältere (Altersrente) auch ein Umlagesystem für Kinder (Unterhaltsrente) geben sollte. Urheber dieser Idee war Dr. Wilfrid Schreiber. Seine Begründung erscheint einfach wie einleuchtend.
Zum einen muss ein Kind von etwas leben. Ein Kind verdient kein Geld. Genauso wie ein Rentner in der Regel kein Geld mehr verdient. Diese zwei Lebensphasen müssen finanziert werden. Das geht nur, wenn man die Phase als erwerbstätiger Erwachsener nutzt, und das dort verdiente Geld teilweise auf die Phase von Jugend und Alter ,umlegt‘. Zum anderen bleibt der Anreiz erhalten, auch weiterhin Kinder zu bekommen. Früher waren die Kinder die ,Rentenversicherung‘. Je mehr Kinder man hatte, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass sie einen im Alter versorgten. Mit der Rentenversicherung wurde diese Verantwortung auf die gesamte Gesellschaft ausgeweitet. Schreiber hat aber schon damals vorausgesagt, dass damit die Geburtenzahlen sinken werden. Denn die eigene Rente hängt nun von ,irgendwelchen‘ Kindern und nicht den eigenen ab. Schlimmer noch: Wer eigene Kinder hat, der stellt sich wirtschaftlich schlechter als der Kinderlose. Das wollen wir ändern. Die Rente ist unter Druck, weil wir einen demografischen Wandel haben. Denn um eine Gesellschaft stabil zu halten, braucht es ungefähr zwei Kinder pro Frau. Wenn also jemand weniger als zwei Kinder hat, dann muss er einen Aufschlag zahlen. Wenn es mehr als zwei sind, wird er unterm Strich entlastet. Konrad Adenauer lag leider ausnahmsweise falsch. Diese Fehler sollten wir korrigieren."

CONTRA: Johannes Vogel, rentenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion

"Angesichts der massiven finanziellen Folgen der Corona-Krise ist es wichtiger denn je, die Rente endlich zukunftsfit zu machen. Dass jüngere Unionsabgeordnete die Antwort nun vor allem in einer Strafabgabe für Kinderlose suchen, ist der falsche Weg. Das übersieht den gesamtgesellschaftlichen Charakter des Generationenvertrags und wäre nichts anderes als eine Diskriminierung auch ungewollt Kinderloser. Das ist weder fair noch löst es auch nur im Ansatz die Finanzierungsprobleme der Rentenversicherung. Stattdessen brauchen wir einen mutigen und großen Wurf, der die individuellen Lebenswege der Menschen stärker berücksichtigt.
Die FDP-Fraktion schlägt vor, den Nachhaltigkeitsfaktor wieder wirksam, die kapitalgedeckte Vorsorge nach internationalen Vorbildern besser und einen flexiblen Renteneintritt möglich zu machen. Länder wie Schweden nutzen solche Modelle längst sehr erfolgreich. Dort entscheiden die Menschen selbst, wann sie in Rente gehen. Wer früher geht, bekommt weniger, wer später geht, mehr – das ist fair. Und wer nicht mehr arbeiten kann, bekommt eine faire Erwerbsminderungsrente. Die Zahlen dort zeigen, dass so individuelle Lösungen möglich sind, die Menschen im Schnitt deutlich später in Rente gehen und die Rente tragfähig finanziert ist. Union und SPD haben bislang Fragen nach einer fairen, langfristigen Finanzierung der Rente und Kritik an der Manipulation der Rentenformel immer mit Verweis auf den Bericht der Rentenkommission abgebügelt. In diesem sucht man aber jeden konkreten Lösungsvorschlag vergebens. Wir brauchen jetzt keine Strafabgabe, sondern endlich ein generationengerechtes Gesamtkonzept."