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Heil: Mindestlohn steigt am 1. Oktober - "Gehalterhöhung" für Millionen Menschen

22.01.2022 | Stand 20.09.2023, 21:28 Uhr

Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil. −Foto: dpa

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat seine Zeitvorstellungen für die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns in einem Gesetzentwurf konkretisiert.



"Der für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geltende Mindestlohn wird zum 1. Oktober 2022 einmalig auf einen Bruttostundenlohn von 12 Euro erhöht", heißt es im Text, der der PNP vorliegt. Es gehe um mehr Leistungsgerechtigkeit und Respekt in der Gesellschaft gegenüber Menschen, die hart arbeiteten und in dieser Pandemie auch viel Applaus gekriegt hätten, begründete Heil das Vorhaben. "Diese Menschen haben mehr verdient als warme Worte". Damit setzt er ein zentrales Vorhaben um, mit dem Bundeskanzler Olaf Scholz und seine Partei in den letzten Wahlkampf gezogen waren.

Heil: "Gehaltserhöhung" für Millionen Menschen

Aktuell beträgt der gesetzliche Mindestlohn 9,82 Euro pro Stunde. Die Erhöhung bedeutet nach Heils Worten für Millionen von Menschen eine "spürbare Gehaltserhöhung" – darunter besonders viele Frauen und zahlreiche Menschen in Ostdeutschland, die wenig verdienen. Der höhere Mindestlohn mache auch ökonomisch Sinn, denn er stärke die Kaufkraft. Für die Betroffenen bedeute er eine deutliche Lohnerhöhung von bis zu 22 Prozent, die hier in Deutschland ausgegeben würden. "Es gibt Berechnungen, die von knapp zehn Milliarden Euro mehr Kaufkraft durch die Mindestlohnerhöhung ausgehen."
Mit der Erhöhung will Heil den Mindestlohn auch "armutsfester" machen. Die Entscheidung über weitere Erhöhungen in der Zukunft werde dann aber wieder Aufgabe der Mindestlohnkommission sein, versicherte er. Die direkt aus der Lohnerhöhung resultierenden Zusatzkosten für betroffene Arbeitgeber werden im Entwurf für das Gesetz mit schätzungsweise rund 1,63 Milliarden Euro für 2022 beziffert. Das könne bei einer Überwälzung zu "moderaten" Preiserhöhungen für Güter und Dienste führen.

Die Gewerkschaften begrüßten das Vorhaben. "Damit stärkt die Bundesregierung die unterste Haltelinie im Lohngefüge", sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. "12 Euro in der Stunde werden vor allem bei Frauen und in den ostdeutschen Bundesländern ihre Wirkung entfalten." Der Konsum werde bei denen gestärkt, die jeden Euro zweimal umdrehen müssten. "Uns Gewerkschaften geht es nach wie vor an erster Stelle darum, gute Tarifverträge in allen Branchen gemeinsam mit den Arbeitgebern abzuschließen." Anhaltende Tarifflucht durch die Arbeitgeber erschwere dies zunehmend.

Klage bereits angekündigt

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hatte die 12-Euro-Pläne der Regierung als "grobe Verletzung der Tarifautonomie" kritisiert und die Prüfung einer Klage angekündigt. "Ob, wann und wie wir das Vorgehen der Bundesregierung qualifiziert juristisch überprüfen lassen, kommt ganz darauf an, wann dieser politische Mindestlohn durchgesetzt werden soll", hatte Dulger gesagt. Verdi-Chef Frank Werneke sagte: "Falls die Arbeitgeber tatsächlich gegen dieses Gesetz klagen sollten, ist das nichts anderes als der Versuch, Armutslöhne zu zementieren."

Die Arbeitgeber kritisierten nicht in erster Linie die geplante neue Höhe der Lohnuntergrenze, sondern den Weg dorthin. Durch die einmalige Anhebung, so ihre Argumentation, werde das vorgeschriebene Verfahren konterkariert. Seit der Einführung bestimmt die Mindestlohnkommission die regelmäßigen Erhöhungsschritte auf der Basis der vorangegangenen Tarifentwicklung. Diese wird vom Statistischen Bundesamt im Tarifindex ermittelt - es ist also weitgehend ein Automatismus.

− pnp/dpa