Neue Corona-Regeln
3G am Arbeitsplatz: Was jetzt gilt - und was noch kommen könnte

10.11.2021 | Stand 10.11.2021, 6:10 Uhr

−Symbolbild: Hannes P. Albert/dpa

Die Corona-Zahlen steigen, die Politik reagiert. Das hat auch Folgen für viele Beschäftigte. Was derzeit am Arbeitsplatz gilt - und welche Maßnahmen noch kommen könnten.



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Wie ist die aktuelle Regelung?

Die Krankenhaus-Ampel in Bayern ist am Montag auf Rot gesprungen, seit Dienstag gelten deshalb verschärfte Regeln am Arbeitsplatz: Mitarbeiter von Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten (einschließlich Inhaber), die Kontakt zu Kollegen, Kunden oder sonstigen Personen haben, müssen zweimal pro Woche einen negativen Schnelltest vorlegen, wenn sie nicht ohnehin geimpft oder genesen sind (3G).

Beschäftigte mit Kundenkontakt, die in Einrichtungen oder bei Veranstaltungen arbeiten, bei denen 3G plus oder 2G gilt, müssen laut Gesundheitsministerium pro Woche zwei negative PCR-Tests vorweisen. Eine Ausnahme gibt es dabei ab Mittwoch: Mitarbeiter von Hotels, in der Gastronomie und körpernahen Dienstleistungen müssen ab Mittwoch nicht mehr zwingend zweimal pro Woche PCR-Tests durchführen lassen. Pro Arbeitstag können die Beschäftigten in Bayern auch einen Antigenschnelltest vorlegen, beschloss das Kabinett am Dienstag in München. Die Erleichterung gelte sowohl, wenn die Corona-Ampel wie derzeit auf Rot stehe, als auch bei Gelb.

Was ist geplant?

Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP planen außerdem, dass Beschäftigte am Arbeitsplatz, die weder eine Impfung noch einen Genesenen-Status haben, sich künftig täglich auf Corona testen lassen müssen. Verankert werden soll die neue Vorgabe voraussichtlich im Bundes-Infektionsschutzgesetz. Sie soll flankiert werden durch die Wiedereinführung kostenloser Corona-„Bürgertests“. Kanzlerkandidat Olaf Scholz (SPD) will am Donnerstag im Bundestag die neuen Pläne der Ampel-Parteien zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erläutern.

Wer muss die Tests bezahlen?

Laut Ministerium besteht die Pflicht der Arbeitgeber, ihren Beschäftigten - soweit diese nicht ausschließlich in ihrer Wohnung arbeiten - mindestens zweimal pro Kalenderwoche kostenfrei einen Test in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus anzubieten. Die Kosten hierfür trägt der Arbeitgeber. „Feste Tage werden dabei nicht festgelegt, es müssen nur zwei verschiedene Tage pro Woche sein“, informiert das Gesundheitsministerium auf PNP-Nachfrage.

Wer die geplanten täglichen Tests finanziert, wenn Mitarbeiter nicht vor Arbeitsbeginn einen künftig wieder kostenlosen „Bürgertest“ machen, ist noch offen.

Darf der Arbeitgeber fragen, ob man geimpft ist?

Offen ist, ob der Arbeitgeber zumindest zeitweise erfahren können soll, welche Beschäftigten geimpft sind. Bisher können nur Beschäftigte in Kitas, Schulen und Pflegeheimen vom Arbeitgeber gefragt werden, ob sie geimpft sind. Die Arbeitgeber hatten bereits ein Fragerecht für alle Branchen und Betriebe gefordert.

Wie muss der Selbsttest durchführt werden?

Ein Selbsttest als Nachweis am Arbeitsplatz muss nach Angaben des Ministeriums bestimmten Bestimmungen entsprechen:
1. Der Selbsttest muss entweder vor Ort unter Aufsicht desjenigen stattfinden, der der jeweiligen Schutzmaßnahme unterworfen ist,
2. Oder im Rahmen einer betrieblichen Testung im Sinne des Arbeitsschutzes durch Personal, das die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitzt, erfolgen,
3. Oder von einem Leistungserbringer der Coronavirus-Testverordnung vorgenommen oder überwacht werden

Wer kontrolliert, ob sich ungeimpfte Arbeitnehmer testen?

Der Arbeitgeber beziehungsweise Betriebsinhaber ist zur Überprüfung der vorzulegenden Impf-, Genesenen- oder Testnachweise verpflichtet, so das Ministerium. Verstöße gegen die 3G-Pflicht durch den Beschäftigten und die Kontrollpflicht des Betriebsinhabers können laut Ministerium mit einem Bußgeld geahndet werden.

Was sind mögliche Folgen bei Verstößen?

Was passiert, wenn Beschäftigte einen täglichen Test verweigern oder nicht vorlegen - und dann nicht an den Arbeitsplatz können? Können sie dann freigestellt werden oder müssen sie andere Folgen befürchten? Das ist eine wesentliche Frage, die noch nicht gelöst ist. Offen ist auch, was passiert, wenn Arbeitgeber bei Kontrollen nicht die erforderlichen Unterlagen vorweisen können.

Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht, hält es für vorstellbar, dass diejenigen, die sich Tests verweigern, mit einer Abmahnung oder gar im Wiederholungsfall mit einer Kündigung rechnen müssen. Die Weigerung könnte als Pflichtverstoß gewertet werden.

Was fordern Arbeitgeber?

Eine 3G-Regel am Arbeitsplatz mache nur mit einem Auskunftsrecht Sinn, betonte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter. Und: Komme der Arbeitnehmer seiner Nachweispflicht nicht nach, werde er vielfach nicht mehr beschäftigt werden können. „Es gilt dann der Grundsatz: Ohne Leistung kein Lohn. Nur so lässt sich der innerbetriebliche Gesundheitsschutz effektiv gewährleisten.“

Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, Stefan Genth, forderte, dass die Kosten für die Tests nicht auf die Firmen abgewälzt werden dürften. „Ansonsten droht eine organisatorische und auch finanzielle Überforderung vieler Arbeitgeber.“ Die Tests müssten vom Staat bezahlt werden.

Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga hofft darauf, dass es mit einer bundeseinheitlichen Regelung mehr Rechtssicherheit und Klarheit geben könnte. „Das erhöht die Akzeptanz der Maßnahmen durch die Mitarbeiter“, so Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges. Die bisherige Rechtslage sei verwirrend.

Was sagen Gewerkschaften?

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann sagte, aufgrund der derzeit „eskalierenden Infektionslage“ sei wirksamer Schutz vor Infektionen am Arbeitsplatz wichtiger denn je: „Zusätzlich zu den bestehenden Maßnahmen des Arbeitsschutzes können 3G-Zugangsregeln am Arbeitsplatz hierfür ein wirksames Mittel sein. Die Kosten für die Tests muss weiterhin der Arbeitgeber tragen und das Testen muss Teil der vergütungspflichtigen Arbeitszeit sein.“

Beschäftigte am Arbeitsplatz müssten bestmöglich vor Infektionen geschützt seien. Zugleich aber dürfe nicht unverhältnismäßig in die Grundrechte der Beschäftigten eingegriffen werden. Der DGB lehne deshalb eine Auskunftspflicht von Beschäftigten über den eigenen Corona-Impfstatus ab, so Hoffmann. „Gleichwohl empfehlen wir den Beschäftigten, ihren Impfstatus freiwillig offenzulegen.“

Was ist mit einer 2G-Regel oder generellen Testpflicht am Arbeitsplatz?

Das ist bisher nicht geplant. Rechtsanwalt Meyer hält die Umsetzung einer generellen 2G-Regelung am Arbeitsplatz in Deutschland für besonders schwierig. „Eine solche Regelung würde bedeuten, dass ein Arbeitnehmer nicht mehr arbeiten dürfte, wenn er von seinem Recht Gebrauch machen würde, sich nicht impfen zu lassen.“ Insofern würden mit 2G am Arbeitsplatz indirekt Beschäftigungsmöglichkeiten „gekappt“, was in vielen Fällen unverhältnismäßig wäre.

Das bayerische Gesundheitsministerium sagt außerdem: „Die Einführung einer generellen Testpflicht für geimpfte oder genesene Arbeitnehmer ist derzeit nicht beabsichtigt.“

− dpa/tka/ajk