Eine Lücke im österreichischen Gesetz?
Paar lässt sich zwölf Mal scheiden und heiratet immer wieder – wegen Witwenpension

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03.12.2024 | Stand 06.12.2024, 15:10 Uhr |

12 Scheidungen, 12 Hochzeiten - um massiv Geld zu kassieren, hat ein Paar aus Graz sich in 35 Jahren offiziell ein Dutzend mal scheiden lassen. Jetzt ermitteln die Behörden. − Symbolbild: dpa

Ein Paar aus Österreich hat sich zwölf Mal scheiden lassen – und immer wieder geheiratet. Ziel der Aktion war es offenbar, die Witwenpension aus der ersten Ehe der Frau immer weiter zu kassieren und sich elf Mal auch eine satte Abfertigung einzuholen. Jetzt ermitteln die Behörden. Es geht um Sozialleistungsbetrug im Wert von über 326.000 Euro.

  

Wie die Landespolizeidirektion der Steiermark mitteilt, hatte die heute 73-jährige Witwe ihren zweiten Mann im Jahr 1982 zum ersten Mal geheiratet. Bis zur Hochzeit bekam sie Witwenpension, mit der Hochzeit eine Abfertigung in 35-facher Höhe der Witwenpension, erklärt Markus Lamb, Pressesprecher der Landespolizeidirektion Steiermark im Gespräch mit der Mediengruppe Bayern.

Sechs Jahre nach der Hochzeit ließ sich die Frau zum ersten Mal scheiden – um den Mann daraufhin erneut zu heiraten. Während der Zeit des Geschiedenen-Daseins bekam sie wieder Witwenpension – durch die Hochzeit erneut die 35-fach Abfertigung. Dieses Spiel setzte das Paar bis zum Jahr 2022 relativ unbehelligt insgesamt elf Mal fort. Erst beim zwölften Mal gab es Probleme. In der ganzen Zeit sollen die beiden zusammen gewohnt haben – ohne großartige Unterbrechungen.

Das Umfeld bekam von den Scheidungen und Hochzeiten nichts mit



„Dabei wurde der Frau nach Einhaltung von erforderlichen Fristen jeweils wechselweise die gesetzlich zustehende Witwenpension beziehungsweise eine Abfertigung bis zur erstmaligen Verweigerung der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) im Mai 2022 ausbezahlt“, berichten österreichische Medien. Gegenüber der Polizei, so heißt es, gaben Zeugen an: Das Paar habe in den 35 Jahren eine Vorzeige-Beziehung geführt. Von den Hochzeiten und Scheidungen will das Umfeld der beiden nichts mitbekommen haben.

Erst 2022 wollte die Pensionsversicherungsanstalt nicht mehr bezahlen



Erst 2022 wollte die österreichische Pensionsversicherungsanstalt nicht mehr bezahlen – und der Fall wurde öffentlich. Denn am 12. März 2024 brachte ein Urteil des Obersten Gerichtshofes auch die kriminalpolizeilichen Ermittlungen ins Laufen. Dabei entschied das Höchstgericht, dass „die wiederholte Heirat und anschließende Scheidung vom selben Gatten rechtsmissbräuchlich ist, wenn die Ehe nie zerrüttet war und die Scheidungen nur deshalb erfolgten, um einen Anspruch auf Witwenpension zu begründen“ (OGH 10 ObS 108/23i).

Die Polizei hat den Fall an die Staatsanwaltschaft abgegeben



Die seitens der Polizei geführten Ermittlungen zu dem Fall seien „nun abgeschlossen“, heißt es in einer Mitteilung. Die Polizei hat den Fall an die Staatsanwaltschaft Graz übergeben. „Die Akte ist am 29. November bei uns eingegangen“, sagt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft im Gespräch mit der Mediengruppe Bayern. Man müsse nun ein, zwei Wochen lang erst einmal den Fall prüfen, bevor man dazu etwas Konkretes sagen könne. Zwölf Scheidungen in Folge: Selbst der Sprecher der Staatsanwaltschaft sagt dazu: „Sowas hab ich noch nie gehört.“

Eine Lücke im österreichischen Sozialgesetz?



„Es ist nicht meine Aufgabe, zu sagen, dass das Paar eine Lücke in der österreichischen Gesetzgebung gefunden und ausgenutzt hat“, sagt Polizeisprecher Lamb. Denn die Zahlungen, die das Paar kassierte, stehen ihm laut Sozialgesetz tatsächlich zu. Allein die Häufigkeit der Scheidungen und Hochzeiten, die zu den massiven Zahlungen führten, hätten die Pensionsversicherungsanstalt hellhörig gemacht – und zur Verweigerung der Zahlungen im Jahr 2022 geführt. „Hätte die Frau dagegen nicht geklagt, hätte sie die Auszahlungen aus den elf letzten Scheidungen und Hochzeiten einfach behalten können und niemandem wäre es wohl groß aufgefallen“, fasst der Polizeisprecher zusammen.

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