Der mysteriöse britische Graffiti-Künstler Banksy erfreut die Menschen in London derzeit mit einem Reigen an neuen Werken. Zum Missfallen vieler Fans haben einige aber nur kurz Bestand.
Die Briten lieben Tiere. Das weiß auch der oft recht subversiv agierende Street-Art-Künstler Banksy. Eine Woche lang überrascht er die Londoner täglich mit einem neuen Tierbild - darunter ein Steinbock, Elefanten, Äffchen, ein Wolf, Pelikane, eine Katze und zuletzt Fische.
Es sind zumeist Silhouetten, die im Banksy-Stil mithilfe einer Schablone auf Hauswände und andere Oberflächen aufgesprüht werden. Schon ist von „Banksys Zoo“ die Rede.
Das neueste Werk fällt etwas aus der Reihe: Auf die Scheiben eines Glashäuschens der Polizei in der Londoner City brachte der Künstler vor blauem Hintergrund Fischschwärme auf.
Das Häuschen, das einer Telefonzelle ähnelt und die Aufschrift „City of London Police“ trägt, wirkt dadurch wie ein Aquarium. Die Polizei teilte laut dem Sender Sky News mit, sie habe Sachbeschädigung an einem Polizeihäuschen festgestellt.
Freude ist manchmal nur von kurzer Dauer
Der mysteriöse Graffiti-Star - seine Identität ist ein gut gehütetes Geheimnis - bestätigt die an unterschiedlichen Orten in London über Nacht auftauchenden Werke stets mit einem Foto auf seinem Instagram-Account. Sie werden rasch zu Wallfahrtsorten für Fans des sozial engagierten Künstlers, der sich auch für Flüchtlinge einsetzt.
Doch die Freude ist manchmal nur von kurzer Dauer: Eine sich genüsslich streckende Katze, die auf eine verfallene Werbetafel an einer Straße im Nordwesten Londons gesprüht wurde, wird innerhalb kürzester Zeit entfernt.
Angeblich aus Sicherheitsgründen machen sich Mitarbeiter einer Firma daran, die Werbetafel im Auftrag von deren Eigentümer abzubauen. Der habe versprochen, die Katze einer Kunstgalerie zu spenden, erfährt die Nachrichtenagentur PA von der Polizei, die zum Schutz von Schaulustigen an der befahrenen Straße im Einsatz ist. Trotzdem gibt es Buhrufe von Banksy-Fans.
Satellitenschüssel mit heulendem Wolf schnell gestohlen
Noch ein zweites Werk verschwand gleich nach seinem Erscheinen wieder. Mehrere maskierte Männer hatten den auf einer Satellitenschüssel aufgesprühten heulenden Wolf im Südost-Londoner Stadtteil Peckham schon innerhalb einer Stunde nach der Bestätigung Banksys abmontiert.
Die Londoner Polizei bestätigte, dass eine Anzeige wegen Diebstahls eingegangen war. Ein Banksy-Sprecher sagte PA, der Künstler habe mit dem Diebstahl nichts zu tun und unterstütze diesen auch nicht.
Was will Banksy mit den Tier-Bildern ausdrücken?
Banksy-Fans spekulieren seit Tagen darüber, was der Künstler mit den Tier-Bildern aussagen will. Spielte er mit dem Steinbock etwa auf die rechtsextremen Ausschreitungen im Land an, mit einem Symbol für einen Sündenbock, wie ein Instagram-Nutzer meinte?
Sollen die drei Äffchen für den japanischen Spruch „nichts sehen, nichts hören, nichts sagen“ stehen? Die Weisheit, die oft mit drei Affen dargestellt wird, von denen sich je einer die Augen, Ohren oder den Mund zuhält, wurde im Westen oft als Kritik an der Neigung von Menschen interpretiert, über Unrecht hinwegzusehen.
Fische auf Polizeihäuschen sehen nach Piranhas aus
Doch Banksy lieferte keine Interpretation. Immerhin, nach Tagen des Rätselns konnte die britische Zeitung „Observer“ ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Die Bilder hätten keine tiefere Bedeutung, berichtete das Blatt aus dem Umfeld des Künstlers. Er wolle den Menschen Freude bereiten in einer Zeit, in der negative Schlagzeilen dominierten.
Banksy hoffe, „dass die Werke die Menschen mit einem Moment unerwarteter Freude aufmuntern“. Gleichzeitig gehe es darum, die Fähigkeit der Menschen zu kreativem Spiel anstatt zu Zerstörung und Negativität hervorzuheben, zitierte das Blatt einen Banksy-Vertreter.
Der Aufmerksamkeit nach, die Banksy für seinen „Zoo“ erhielt, dürfte ihm das gelungen sein. Doch so ganz ohne kritische Untertöne ist sein Werk womöglich doch nicht: Die Fische auf dem Polizeihäuschen sehen mit ihren spitzen Zähnen verdächtig nach Piranhas aus. Für die britische Polizei, die in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Skandalen zu kämpfen hatte, wäre das keine schmeichelhafte Interpretation.
© dpa-infocom, dpa:240811-930-200496/2
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