Scarlett Johansson, Tom Hanks und Co.
Ein Reisebus voller Stars: Wes Andersons „Asteroid City“ glänzt in Cannes

24.05.2023 | Stand 16.09.2023, 21:35 Uhr
Doris Groß

Wenn Regisseur Wes Anderson (r.) ruft, dann kommt halb Hollywood – so auch in seinem neuen Film „Asteroid City“, den er mit unter anderem Scarlett Johansson und Tom Hanks in Cannes vorstellte. −F.: Cole, dpa

Als die Stargäste nach langem Posieren auf dem roten Teppich auf ihren Premierensitzen saßen, schaute sich Wes Anderson plötzlich nervös um. Eine Person fehlte schließlich noch und die kam einen Moment später durchs Kino geeilt: Scarlett Johansson, im knallengen Kleid und mit genauso rotem Lippenstift. Ja, wenn so viele Berühmtheiten zusammengetrommelt werden wie bei der Cannes-Premiere seines Wettbewerbsfilms „Asteroid City“, kann durchaus schon mal eine verlorengehen. Es waren schließlich so viele, dass sie sogar im Reisebus am Palais vorgefahren kamen. Neben Anderson und Johansson stiegen auch Tom Hanks, Bryan Cranston, Matt Dillon, Adrien Brody, Jason Schwartzman, Maja Hawke aus – unter anderem.

Obwohl selbst diese Namen schon für mehrere starbesetzte Filme reichen würden, tauchen in den episodischen Geschichtchen des Films noch mehr bekannte Gesichter auf, viele von ihnen Stammgäste in Anderson-Werken: Willem Dafoe, Tilda Swinton, Liev Schreiber gehören auch noch dazu und Edward Norton als Dramaturg, der in der schwarzweißen Rahmenhandlung sein neues Theaterstück „Asteroid City“ auf die Bühne bringt.

Die drei Akte dieses Stücks führen ins Jahr 1955 und ins gleichnamige Kaff mitten in die Wüste, drumherum nichts als Sand und rote Felsen in der Ferne. Gerade findet dort der jährliche Asteroiden-Tag mit vielen jungen Hobby-Sterneguckern statt, als das Unglaubliche passiert: Über dem Krater dort taucht ein UFO auf, der entzückendste Alien seit langem steigt kurz aus, greift einen kleinen Asteroiden, rauscht wieder ab und alle Gäste, mehr oder weniger freiwillig, dürfen Asteroid City danach nicht mehr verlassen – auf Unbestimmt.

Man muss nur wenige Sekunden des Films sehen, um zu erkennen, wo man gelandet ist: im sehr vertrauten Orbit von Regisseur Anderson, in dem bereits Filme wie „Die Royal Tenenbaums“ oder „Grand Budapest Hotel“ kreisen. „Beim Dreh ist man in dieser Welt“, sagte Johansson bei der Pressekonferenz über die Zusammenarbeit. „Es wurde dafür diese Umgebung geschaffen, dieser physische Raum. Es fühlt sich so an, als würde man Theater spielen.“ Bryan Cranston verglich den Regisseur mit einem Dirigenten. „Wir sind alle die Musiker mit unseren Instrumenten und Wes dirigiert uns.“

Auch für „Asteroid City“ hat er erneut ein extrem stilisiertes Kinokunstwerk komponiert, in dem die Emotionen der Figuren zwar nur selten durch die atemberaubend hinreißende Oberfläche dringen. Dafür sind vor allem die Szenen aus dem Wüstendorf mit ihren leuchtenden Farben und der berauschenden Buntheit eine Liebeserklärung an die Designs und die US-Popkultur der 50er Jahre: voll mit lakonischem Humor und unzähligen Details, die mit allergrößter Sorgfalt in jedem einzelnen Bildausschnitt arrangiert sind. Der wohl schönste Film im Cannes-Wettbewerb.

Sascha Rettig