Rund 20.000 Teilnehmer
Anti-Corona-Demos in Berlin aufgelöst - Veranstalter angezeigt

01.08.2020 | Stand 20.09.2023, 2:22 Uhr

Dicht gedrängt und ohne die Abstandsregeln zu beachten stehen Tausende bei einer Kundgebung gegen die Corona-Beschränkungen auf der Straße des 17. Juni. −Foto: Christoph Soeder/dpa

Der Demonstrationszug gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin ist vorzeitig beendet worden. Auch eine spätere Kundgebung wurde von der Polizei aufgelöst. Zuvor hatte die Polizei Anzeige erstattet.

Die Demonstranten forderten ein Ende aller Auflagen. "Aufgrund der Nichteinhaltung der Hygieneregeln wurde eine Strafanzeige gegen den Leiter der Versammlung gefertigt", hieß es auf Twitter. Zum Zeitpunkt der Auflösung der Demonstration hatte der Zug sein Ziel nahe des Brandenburger Tores bereits erreicht. Zu Spitzenzeiten hatten sich an dem Demonstrationszug nach Angaben der Polizei 20.000 Teilnehmer beteiligt.

Nach Polizeiangaben wurden dabei die Hygienevorgaben wie Abstand und Mund-Nasen-Schutz nicht eingehalten. Menschen mit Mund-Nasen-Schutz wurde aus dem Protestzug "Masken weg" entgegengerufen. Einsatzkräfte gingen dagegen zunächst mit Lautsprecherdurchsagen oder Einzelansprachen vor. "Darüber hinaus werden Verstöße dokumentiert, sodass auch im Nachgang die Ahndung von Verstößen möglich ist", kündigte die Polizei an.

Polizei holt Veranstalter von der Bühne

Später hat die Polizei auch die Kundgebung, die unabhängig von der Demonstration angemeldet worden war, aufgelöst. Die Veranstalter seien nicht in der Lage, die Hygienemaßnahmen einzuhalten, sagte ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur. Bei der Auflösung der Kundgebung hat die Polizei die Veranstaltungsbühne besetzt. Mehrere Vertreter der Veranstalter wurden unter Protestrufen von Kundgebungsteilnehmern von der Bühne geholt. Als sich eine Person dagegen wehrte, gingen die Beamten mit Körpereinsatz vor.

Zuvor hatte die Polizei die zunächst etwa 20.000 Teilnehmer der Kundgebung mehrfach aufgefordert, den Bereich auf der Straße des 17. Juni zu räumen. Nach anfänglichen Bitten wies ein Polizeisprecher darauf hin, dass die Demonstranten nun Ordnungswidrigkeiten begingen. Das wurde stets von Buh- und Protestrufen begleitet. Viele Teilnehmer wanderten dennoch ab oder verteilten sich auf den Wiesen des angrenzenden Tierparks. Etwa 3000 versammelten zwischenzeitlich sich vor dem nahen Reichstag. Vor der Bühne der Kundgebung hielt sich zunächst noch ein harter Kern der Teilnehmer.

Demonstranten rufen nach "Freiheit" und "Widerstand"

Bei den Demonstranten waren Ortsschilder und Fahnen verschiedener Bundesländer zu sehen. Ihrem Unmut über die Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus machten die Menschen mit Trillerpfeifen und Rufen nach "Freiheit" oder "Widerstand" Luft. Auch Parolen wie "Die größte Verschwörungstheorie ist die Corona-Pandemie" waren zu hören. An mehreren Stellen wurden Protestzug und Gegendemonstranten von Polizeieinheiten abgeschirmt. Gegendemonstranten unter dem Motto "Omas gegen rechts" riefen dem Zug "Nazis raus" entgegen, der Spruch schallte als Echo zurück.

Spahn kritisiert Demo: "Nicht so"

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat das Demonstrationsrecht unterstrichen, zugleich aber harsche Kritik am Berliner Protestzug gegen staatliche Corona-Beschränkungen geäußert. "Ja, Demonstrationen müssen auch in Corona-Zeiten möglich sein. Aber nicht so", schrieb der CDU-Politiker am späten Samstagnachmittag auf Twitter. Abstand, Hygieneregeln und Alltagsmasken dienten dem Schutz aller. Die Pandemie sei nur "mit Vernunft, Ausdauer und Teamgeist" zu meistern. "Je verantwortlicher wir alle im Alltag miteinander umgehen, desto mehr Normalität ist trotz Corona möglich", betonte Spahn.



SPD-Chefin Esken kritisiert "Covidioten"

Unverständnis für die Demo gab es von politischer Seite. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken schrieb auf Twitter: "Tausende #Covidioten feiern sich in #Berlin als "die zweite Welle", ohne Abstand, ohne Maske. Sie gefährden damit nicht nur unsere Gesundheit, sie gefährden unsere Erfolge gegen die Pandemie und für die Belebung von Wirtschaft, Bildung und Gesellschaft. Unverantwortlich!"



Brandenburgs CDU-Landtagsfraktionschef Jan Redmann schrieb auf Twitter: "Wieder 1000 Neuinfektionen/Tag und in Berlin wird gegen Coronaauflagen demonstriert? Diesen gefährlichen Blödsinn können wir uns nicht mehr leisten."

− dpa