Südostbayern
Wetterphänomen in Bildern: Das ist das Rätsel hinter der "Wolkenkante"

05.11.2018 | Stand 25.10.2023, 10:49 Uhr

Für eine deutlich sichtbare Wolkenkante in Südostbayern hat am Allerheiligentag ein Wetterphänomen namens "Dry Intrusion" gesorgt. Dabei vermischt sich trockene Luft aus der Stratosphäre mit der feuchten aus der Troposphäre. −Foto: Lakota/Deutscher Wettersdienst

Ein Blick in den Himmel, ein Riss zwischen zwei Welten. Auf der einen Seite erstreckt sich das strahlende Blau eines sonnigen Herbstnachmittags, auf der anderen Seite ein weißes Wolkenmeer. Dazwischen nur ein klarer Schnitt, als hätte jemand die Wolkendecke mit einer Schere zerschnitten.

Um einen Riss zwischen Welten handelte es sich zwar nicht, beeindruckend war das Wetterphänomen am vergangenen Donnerstag aber alle mal. Vor allem in Süddeutschland war die Wolkenkante besonders markant zu sehen. Eine Konstellation, die nicht alltäglich ist, wie auch der Diplommeteorologe Dr. Markus Übel in einer Pressemitteilung des Deutschen Wetterdienstes bestätigt: "Dass die Wolkenkante über Süddeutschland derart schnurgerade verlief, war nur eine Laune der Natur."

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Ursache für den zweigeteilten Himmel sei eine "Dry Intrusion", bei der trockene Stratosphärenluft in die obere Troposphäre eindringt. Die Troposphäre ist die unterste Atmosphärenschicht. "In der findet, salopp gesprochen, das Wetter statt", so der Experte. Die Troposphäre enthalte fast den gesamten Wasserdampf der Atmosphäre. Die Luft in der sich darüber befindenden Stratosphäre wiederum sei außerordentlich trocken. Die beiden werden durch die Tropopause getrennt, die verhindert, dass sich Stratosphären- und Troposphärenluft vermischen.Der Jetstream: Das "Loch" im Deckel


Es gebe allerdings Stellen, an denen das trotzdem gelingt, etwa auf der linken Seite des sogenannten Jetstreams. Dabei handelt es sich um ein schmales bandartiges Starkwindfeld unterhalb der Tropopause. Dieses Band formiert sich an der Polarfront, die (sub)polare Kaltluft von gemäßigter oder subtropischer Warmluft trennt. Die Polarfront und damit auch der dazugehörige Jetstream verlaufen in wellenartigen Strukturen um die Nord- und Südhalbkugel, können sich aber auch in mehrere Äste aufspalten. Sie sind für den ständigen Wetterwechsel in unseren Breiten verantwortlich.

Am vergangenen Donnerstag drang Polarluft über Westeuropa bis nach Nordwestafrika vor, erläutert Dr. Markus Übel. Die Osthälfte Deutschlands lag zu dieser Zeit auf der Ostseite der Polarluft, wo sich an der Polarfront in der Höhe ein sehr schmaler, aber intensiver Jetstream ausbildete. "Genau im Bereich der scharfen Wolkenkante befand sich somit die Öffnung der Tropopause, an der eine intensive ,Dry Intrusion‘ stattfand." Die sehr trockene Stratosphärenluft konnte also in die Troposphäre eindringen und sorgte dafür, dass die Eiskristalle schlagartig vom festen in den gasförmigen Zustand übergingen – die Wolkendecke löste sich auf und verwandelte den Himmel über Süddeutschland für kurze Zeit in ein Kunstwerk.