Auf der Suche nach Freiheit
Wie Frauen zu Piratinnen wurden – Arte dokumentiert vier Schicksale

16.01.2025 |

Auf der Suche nach Freiheit wurde Frauen schon im 17. Jahrhundert Piratinnen: Hier Anne Bonny (Margaux Wicart) im Kampf. − F.: Goyaves/ Amour fou Luxembourg/Emilie Aujé

Sie verkleideten sich als Männer, segelten an der Seite rauer Kerle über die Meere und führten eine scharfe Klinge. Geschichtsbücher widmeten ihnen lange Zeit kaum Aufmerksamkeit. Eine Arte-Dokumentation erinnert am Samstag an die Schicksale vierer ungewöhnlicher Frauen, die sich in einer ausgesprochenen Männerdomäne behaupteten: Sie wurden Piratinnen.

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Aber: Wie in aller Welt wird man eine Seeräuberin? Und zwar im 17. Jahrhundert, in dem Frauen nur begrenzte Möglichkeiten offen standen? Im Wesentlichen konnten sie zwischen Kloster, Prostitution oder Heirat wählen.

Marie-Anne Dieu-le-Veut, 1661 in der Bretagne geboren, wählte letzteres – allerdings in den Kolonien in Übersee. Auf der Insel Saint-Domingue, heute Haiti, betrug die Sterblichkeitsrate der Siedler etwa 25 Prozent. Marie-Anne war jedoch klug, zäh und konnte sich anpassen. Sie überlebte zwei ihrer Ehemänner und war als verwitwete Plantagenbesitzerin eine begehrte Partie. Sie aber ehelichte den berüchtigten Freibeuter Laurens de Graaf, an dessen Seite sie sich aktiv an Beutezügen beteiligte. Da sie eine gute Klinge zu führen verstand, erhielt sie den Spitznamen „Der Schnitt“ (la tallie).

Skurriler noch ist das Schicksal der Britin Mary Read, geboren um 1685 in London. Nach dem Tod ihres Mannes heuerte sie, als Mann verkleidet, auf einem Schiff an, das von Piraten gekapert wurde. Sie schloss sich den Seeräubern an und avancierte – an der Seite von Anne Bonny – zur berühmtesten Piratin ihrer Zeit. Im Jahr 1720 wurden beide von den britischen Behörden gefasst und zum Tode durch den Strang verurteilt. Weil aber beide schwanger waren, musste ihre Hinrichtung verschoben werden: Man wollte keine Unschuldigen mit erhängen. Nicht minder bemerkenswert ist die Geschichte der Französin Louise Antonini, die von der französischen Revolution inspiriert war und in den 1790er Jahren für die Freiheit der schwarzen Sklaven auf Haiti kämpfte.

Im wahrsten Sinne ikonisch wurden diese Piratinnen durch Daniel Dafoes berühmtes Buch „A General History of the Pyrates“. In der Dokumentation gezeigt wird das Titelbild. Zu sehen ist eine barbusige Heldin mit Säbel, die große Ähnlichkeit hat mit jener berühmten Frauenfigur der Marianne, die auf Eugene Delacroix’ etwa 100 Jahre später gemaltem Bild „Die Freiheit führt das Volk“ eben jene Freiheit recht freizügig repräsentiert.

Unterstützt von Geschichtswissenschaftlern und Schauspiel-Szenen schlägt die Dokumentation von Laurence Thiriat und Frédéric Malègue einen Bogen vom 17. Jahrhundert bis nach der französischen Revolution. Die vier Frauenporträts werden im Film gewürdigt als Wegbereiterinnen des Feminismus. Die vier Biografien, so der Tenor der Dokumentation, „stehen auch für all die anderen unbekannten Frauen, die als Männer verkleidet über die Meere fuhren und nie entdeckt wurden“.

Manfred Riepe


Die Piratinnen. Ein Leben in Freiheit, Arte, Sa., 18.1., 20.15 Uhr, in der Mediathek zu sehen bis 9.4.2025

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