Kaiserin der Herzen
Szenen-Applaus und Jubel: „Elisabeth“ am Deutschen Theater ist ein Knüller

10.01.2025 | Stand 17.01.2025, 16:17 Uhr |
Sabine Busch-Frank

Das Schicksal von Kaiserin Elisabeth von Österreich hat ganze Generationen berührt. Bis heute ist ihr Mythos weit über die Grenzen Europas hinaus lebendig. Das Musical erzählt davon. − Foto: Tianran

„Elisabeth ist in!“ heißt es im Text des gleichnamigen Musicals, und das gilt mehr denn je. Ob auf Netflix oder im Bücherregal, die Kaiserin hat posthum gerade eine neue Reinkarnationsstufe erklommen: Als Reiterin, als anorexische Sportsüchtige, als Vertreterin der „regretting motherhood“, also der bedauerten Mutterschaft. Manche dieser Aspekte hat das 1992 am Theater an der Wien uraufgeführte Musical von Michael Kunze und Sylvester Levay damals bereits abgedeckt. In der sogenannten „Schönbrunner Fassung“, welche seit 2019 „am Originalschauplatz“ in Wien gegeben wird, gastiert das Stück derzeit am Münchner Deutschen Theater.

Es wurde halbszenisch inszeniert von Gil Mehmert, so dass die Bühne von einem Orchesteraufbau und einer mittigen Treppe mit einem überdimensionalen Bilderrahmen dominiert wird. Irgendwo davor findet der Dirigent Platz, dahinter Projektionsfläche. Dass bei diesen minimalen räumlichen Möglichkeiten mittels Kostüm, Maske, Licht und dem Spiel der Darstellenden maximaler Effekt erzeugt wird, muss auch jeder zugeben, der die Uraufführungsregie des Opernregisseurs Harry Kupfer kannte und liebte.

Parforce-Ritt durch das Leben

 Das Münchner Premierenpublikum war jedenfalls begeistert und beklatschte intensiv die Songs von Tod, Elisabeth und jenem Kaiser, der zwischen Macht und Liebe, Mutter und Ehefrau wundgerieben wird. Wird im österreichischen Kaffeehaus die politische Apokalypse erwartet, ist das Stück kurz sogar bedrückend aktuell.
 Kleine Details belegen, wie genau der Parforce-Ritt durch das Leben der Reiterin recherchiert wurde: Wenn Papa Maxl mit dem Zitherkasten auftritt oder Elisabeth nach dem Selbstmord des Erbprinzen nur noch schwarz trägt, beispielsweise. Anderes, wie der ursprüngliche Plan der Kaiserinnenmutter, in Bad Ischl die ältere Tochter und nicht „Sisi“ zu verloben, ist zwar hübsch erzählt, muss aber dafür noch lange nicht stimmen. Nun geht aber bei einem Biopic-Musical wie diesem theatrale Wirkung über Authentizität: Die Story muss zünden! Hier könnte man sich fragen, ob der Sprint durch ein 61 Jahre währendes Leben ohne die entsprechenden Vorkenntnisse nachvollziehbar ist. Dafür spricht, wie erfolgreich das Musical seit Jahrzehnten in Ländern wie Japan und Südkorea ist.

Musikalisch bleibt in München unter dem Dirigat von Bernd Steixner leider mancher Wunsch offen, so ist die Kaisermutter krass fehlbesetzt, dem Mörder-Revoluzzer (Riccardo Greco) mangelt es stellenweise an Textverständlichkeit und Durchschlagskraft. Das zentrale Trio aber, Elisabeth (Bettina Mönch), Kaiser (Dennis Henschel) und Tod ist überzeugend. Lukas Mayer als androgyner Prinz der Nacht erinnert hier eher an einen kühlen Riemenschneider-Engel als einst Uwe Kröger im wallenden Blondhaar. Mimisch scheint er in Schönheit eingefroren zu sein, kaum ein Funke springt zwischen ihm und Elisabeth, der großartigen Bettina Mönch, über. Macht nichts, schon als für den bekanntesten Song des Abends „Ich gehör nur mir“ der 70-jährige Komponist den Dirigentenstab übernimmt, ist das Publikum nicht zu halten.

Der heikle Part des Kindersolisten gelingt überzeugend

 Der heikle Part des Kindersolisten (Marlon) gelingt überzeugend, das Ensemble ist hochmotiviert auch in kleinen Rollen und auch das zentrale Bühnenbild entpuppt sich als überraschend vielseitig. Es kann als Schaukel, Tür, Puppenbühne dienen und beklettert werden. Das Ensemble ist in seiner exzentrischen Choreografie und den Kostümen – Hofdamen in allzu schlichten Trikotoberteilen – sichtlich auf Fernwirkung hin inszeniert, was aber an diesem Abend niemanden stört. Das Volk tobt, die Kaiserin wird geliebt bis über ihren dramatischen Tod hinaus.

Sabine Busch-Frank


Weitere Vorstellung bis 2. Februar; Karten: deutsches-theater.de

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