Schlappe vier Jahre noch, dann feiert die Band 50. Geburtstag – „dann miaßts ihr alle kemma nach München!“, zur großen Party die Olympiahalle, sagt Günther Sigl, Sänger und Bassist der Spider Murphy Gang. Und verspricht: „Wir ziang s’ ned aus, unsre Rock-’n’-Roll-Schuah! Die nächsten 10 Jahr’ ned! Oder 20! oder 30! Da seids ihr aa scho ganz schee oid!“
Alter spielt offensichtlich keine große Rolle bei der Spider Murphy Gang und auch bei der Münchener Freiheit – zwei prägende Bands der bayerischen Popmusikgeschichte, die jetzt zum ersten Mal zusammen auf Tour durch Bayern und Deutschland sind. Am Montagabend war Tourauftakt vor 2800 Besuchern in der Passauer Dreiländerhalle, demnächst geht es nach Landshut, Ingolstadt, Salzburg und München. Die Fans können sich schon mal freuen.
Sie erwartet ein charmanter, drei Stunden langer Abend von exzellenter musikalischer Qualität, der zugleich voller Nostalgie und von freundlicher Zeitlosigkeit ist. Opa wie Enkelin bejubeln da Spider-Sänger Günther Sigl, 74 Jahre alt und 1,62 Meter groß „mit Absatz“, und Gitarrist Barny Murphy, 67 Jahre alt und 1,65 Meter groß „ohne Absatz“ – und alle zusammen tanzen den Twist, als hätten wir gerade das Jahr 1960. Übrigens tanzt das Publikum beim Tourstart in Niederbayern „vui besser wie neulich im Seniorenstift Baden-Baden“.
Auf „Überdosis Rock ’n’ Roll“ folgen die „Rock ’n’ Roll Schuah“, und überhaupt ist die Spider Murphy Gang wohl die Band mit dem meisten Rock ’n’ Roll in den Songtiteln. „Wollts ihr mehr Rock ’n’ Roll hören?“, fragt Sigl scheinheilig und antwortet gleich selber: „Mir spuin eh nix anderes!“ Und wie wie es spielen. Drummer Matthias Keller, Sigl am Bass, Ludwig Seuss an den Tasten, Otto Staniloi am Bariton-, Tenor- und Sopransaxofon und die Gitarristen Barny Murphy und Willie Duncan treiben die Songs in einem jugendlichen Groove voran, präsentieren sich als erstklassige Solisten und können sich auf eine beneidenswert junge und in allen Höhen klare Stimme des Sängers verlassen.
Nichts als Hits gibt es zu hören an diesem Abend: den Frosch im Hals, Sommer in der Stadt. Stop, stop, stop, i muaß nach Schwabing! Die Schickeria natürlich, die Rosi im Sperrbezirk sowieso. Die Herrschaften spielen das mit der ganzen Professionalität ihrer Jahre und wirken dabei auf der Bühne frisch und lebenslustig wie Buben beim ersten Auftritt vor Publikum. Auch wenn anders als Anfang der 80er in der Nibelungenhalle die Dreiländerhalle heute bestuhlt ist und keiner mehr durchgeschwitzt nach Hause geht: Allein für Perlen der Poesie wie „Pfiati Gott Elisabeth, hast mi geschaukelt in dein Wasserbett, oh-uh-oh-uu-oh, s’ war so schee“ muss Bayern der Band ewig dankbar sein.
Im Grunde passen sie ja überhaupt nicht zusammen, die Spider Murphys und die Münchener Freiheit. Rock ’n’ Roll im Dialekt und Schmuse-Gitarrenpop auf Hochdeutsch. Doch entwickelt die „Freiheit“ mit Gründungsgitarrist Aron Strobel und Tim Wilhelm – seit 2012 Nachfolger von Stefan Zauner als Sänger – auch im ersten Konzert des Doppelpacks einen wunderbaren Zauber. Man weiß gar nicht, was süßer ist: die hohe helle Stimme, das lockig blonde Haar im Ventilatorwind oder die Texte: Ist es so schwer mir zu verzeih’n, wird es nie mehr wie früher sein? Diese Band hat eine Menge richtig starker Songs geschrieben: Herzschlag ist der Takt. SOS. 1000 mal du. Ohne dich. Solang man Träume noch leben kann. Alles so wohlig wie ein Fernsehabend mit der ZDF-Hitparade.
Bleibt nur ein Wunsch offen: Wenn die Bands schon zusammen touren, könnten sie wenigstens ein Lied gemeinsam spielen. Oder noch lustiger: Die Münchener Freiheit spielt den „Sperrbezirk“, die Spiders „Herz aus Glas“.
Raimund Meisenberger
14.4. Landshut, 17.4. Ingolstadt, 18.4. Salzburg, 6.7 München
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