Bei einer Kundgebung am Abend vor Donald Trumps Vereidigung in Washington hat die Band Village People den designierten US-Präsidenten musikalisch unterstützt. Während seines Wahlkampfs hatte der Republikaner ihren weltbekannten Hit „Y.M.C.A.“ und auch das Lied „Macho Man“ (beide 1978) bei nahezu jeder Veranstaltung als Stimmungsmacher genutzt. Der Liveauftritt kurz vor seiner Machtübernahme setzte dem Ganzen sozusagen das i-Tüpfelchen auf.
Dabei ließ Trump auch seine leicht ungelenke Choreografie sehen, die bei den Anhängern für Begeisterung sorgt. Der „Trump Dance“ galt als fester Bestandteil seiner Auftritte und hat sich längst als Meme im Internet verbreitet. Wenn seine Anhänger Trump feiern, erkling ein Song besonders häufig: „Y.M.C.A.“.
Die Village People – heute nicht mehr in ihrer Ursprungsbesetzung – spielen bei mehreren Veranstaltungen rund um die Vereidigung. Dabei hat die Gruppe eine ambivalente Beziehung zu Trump. Anfangs äußerte sie ihren Unmut, dass ihre Songs ohne Genehmigung und in einem politischen Kontext bei seinen Wahlkampfveranstaltungen gespielt wurden. Später nahmen sie es aber ohne weitere Kritik hin.
Leadsänger Victor Willis hatte die Teilnahme an den Feierlichkeiten in Washington gegen Kritik von Fans verteidigt: „Wir wissen, dass einige von euch das nicht gerne hören werden, aber wir glauben, dass Musik ohne Bezug zu Politik gespielt werden sollte“, schrieb er bei Facebook. Der Song solle helfen, das Land nach einem turbulenten Wahlkampf zu vereinen.
Wenige Lieder verbinden so viele Menschen wie der Klassiker aus den 1970er Jahren – der eingängige Refrain und die dazugehörigen Armbewegungen, die die Buchstaben „Y.M.C.A.“ in die Luft zeichnen, sind ein Tanz, den sehr viele kennen. Das Lied gilt aber auch als Hymne der „LGBTQ+“-Gemeinschaft (Sammelbegriff für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, queer). Der Text, der das Leben rund um die Young Men’s Christian Association („Y.M.C.A.“) beschreibt, wurde von vielen als subtiler Hinweis auf sichere Räume für homosexuelle Männer interpretiert – ein Thema, das zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Liedes vor mehr als 40 Jahren noch tabuisiert war.
Leadsänger Willis hat diese Interpretation zwar zurückgewiesen, doch die Symbolkraft bleibt. Dass das Lied nun ausgerechnet mit dem Republikaner Trump in Verbindung gebracht wird, wirkt paradox: Seine Partei vertritt vielfach Positionen, die auf die Einschränkung von LGBTQ+-Rechten zielen, und macht sich unter anderem massiv gegen die Rechte von Trans-Menschen stark. Dem Präsidenten ist damit ein fast nicht für möglich zu haltender Akt der kulturellen Aneignung gelungen.
Luzia Geier
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