Theater an der Rott
Oscar Wildes "Bunbury" herrlich kurzweilig in Eggenfelden

30.10.2022 | Stand 25.10.2023, 11:54 Uhr

Irgendwann kracht diese Chaiselongue zusammen wie die Lügen in "Bunbury – oder Wie wichtig es ist, Ernst zu sein". −Foto: Sebastian Hoffmann

Krankheitsbedingt mit zwei Wochen Verspätung hat "Bunbury" von Oscar Wilde am Theater an der Rott Premiere gefeiert. Gestrafft auf knapp zwei Stunden verliert die Komödie nichts von ihrem Niveau und Witz.

In "Bunbury" dreht sich alles um Lebenslügen und Erwartungen. Die Lebemänner Algernon (Martin Dreiling) und Jack (Norman Stehr) haben sich alternative Realitäten geschaffen, um aus der eigenen auszubrechen. Jack kreierte einen leichtlebigen Bruder Ernst, der in der Stadt lebt, Algernon einen kranken Freund namens Bunbury, der auf dem Land lebt und um den er sich kümmern muss. Als die Liebe ins Leben der beiden Protagonisten tritt, verbinden sich alternative und wirkliche Realität zu einem großen Chaos. Der Queen-Hit "I Want To Break Free" ("Ich will mich befreien) bildet den musikalischen Rahmen: Befreien von Lügen, von Zwängen, von gesellschaftlichen Normen – so ist die Stückfassung von Doris Harder auch ein Appell zu mehr Identität und Diversität.

Das beginnt bei den Kostümen, die Marion Hackl farbenfroh und schrill gestaltet hat. Algernon läuft in goldener Boxershorts und türkisblauen Kniestrümpfen herum, das Outfit von Lady Bracknell, herrlich skurril interpretiert von Martin Puhl, reiht sich zwischen Elton John und Dame Edna ein. Kontrast dazu: Gouvernante Miss Prism (Katharina Heissenhuber) in Etuikleid und Strickjacke – die Ausgeburt der Spießigkeit.

Übersetzungen von Oscar Wildes Werken sind schwierig, weil durch die Übertragung sprachliche Eleganz verloren geht. "Ernst" heißt im Original "E(a)rnest", was so viel wie aufrichtig bedeutet. Von einem derart aufrichtigen Mann träumen Gwendolyn (Yvonne Köstler) und Cecily (Laura Maria Puscheck) schon ihr Leben lang. Der sprachliche Unterschied zwischen "ernst" und "aufrichtig" wird durch den sehnsuchtsvollen Klang wettgemacht,, den die Damen dem Namen "Ernst" verleihen: "Eeernst", derart inbrünstig hingehaucht, ist der Inbegriff der angebeteten Männlichkeit. "Jack" oder "Algernon" hingegen klingen nicht nach Typen, die für die Ehe gemacht sind.

Jack und Algernon fallen am Ende ihre Lügen auf die Füße, Lady Bracknell ihr zur Schau gestellter Snobismus und Miss Prism ihre Vergangenheit. Die konstruierten Geschichten brechen zusammen wie die extralange Chaiselongue auf der Bühne, die einknickt, sobald die Belastung zu groß wird. Der Wunsch nach Individualität ist stärker als der Schein, am Ende heißt es Ausbrechen aus den Zwängen dieser Gesellschaft, frei sein im Lebensziel, in der Liebe, in der Art zu leben: "I Want To Break Free."

Doris Kessler

Wieder am 4., 5., 6.11. Karten unter 08721/1268980