Lizenzvertrag mit Verband läuft aus
Mit "Fifa 23" endet die Spielereihe: Volltreffer oder Eigentor?

Mit "Fifa 23" erscheint der letzte Ableger der Konsolenspielreihe – Lizenzvertrag mit Verband läuft aus

10.10.2022 | Stand 19.09.2023, 3:58 Uhr

Noch härter und präziser kann man, in diesem Fall Jack Grealish von Manchester City, mit dem neuen "Powerschuss" auf das Tor des Gegners schießen. Und wenn er nicht trifft, lauert sicher irgendwo noch Teamkollege Erling Haaland auf den Abpraller. −Foto: EA Sports

Ein bisschen Wehmut schwingt mit: Gerade hat EA Sports mit "Fifa 23" den letzten Ableger der beliebten Computerspielreihe veröffentlicht. Was 1994 mit der ersten Fußball-Simulation begann, endet mit der 30. Ausgabe zum Jubiläum. Grund ist der auslaufende Lizenzvertrag mit der Fifa. Die DNA des Spiels bleibt indes auch im kommenden Jahr enthalten, wenn der Hersteller unter dem recht sperrigen Namen "EA Sports FC" versucht, die Bedürfnisse von Kickerfreunden an Konsolen und PC zu befriedigen.

Der Frauenfußball bekommt seinen Platz

Zunächst aber spendiert der Spielehersteller Gamern noch den heiß erwarteten Abschluss der Fußballreihe. Mehr als 30 Ligen, über 700 Teams, Männer- wie Frauen-Vereinsfußball, die WM in Katar, dazu noch feinere "Hypermotion 2"-Animationen und ein authentisches Physiksystem – EA Sports klotzt zum Abschluss. Doch was ist wirklich neu? Was verbirgt sich hinter den Schlagwörtern? Und kann "Fifa 23" auf dem Platz überzeugen?



Nicht nur wegen der mitreißenden Spiele der Frauennationalmannschaft bei der diesjährigen EM in England erlebt der Frauenfußball derzeit einen Boom. Dem trägt auch EA Sports Rechnung. Erstmals in der Geschichte der Fußballsimulation lässt sich auch auf Vereinsebene mit Frauenmannschaften zocken. Verfügbar sind die englische und die französische Liga. Auch der nahenden Männer-WM in Katar wird Rechnung getragen. Ein umfangreiches Update zum Turnier ist im Preis inbegriffen und steht zu einem noch nicht näher benannten Zeitpunkt zum Download bereit.

In Sachen Grafik verspricht "Fifa 23" mit der "Hypermotion 2 Technology" noch lebensechtere Simulation inklusive maschinellen Lernens – vom Lauftstil über Zweikämpfe bis hin zu individuellen Charakteristika. Einziger Wermutstropfen für Zocker: Die innovative Technologie ist nur auf Next-Gen-Konsolen verfügbar. Das heißt: Nutzerinnen und Nutzer der Playstation 4 und der Xbox One dürfen in Sachen realistischeres Spielerlebnis, Spielfelder und Atmosphäre keine großen Sprünge erwarten.

Selbiges gilt für einige der groß angekündigten Gameplay-Anpassungen. Die neue Dribbling-Physik, von EA Sports "Technisches Dribbling" getauft, soll Profis noch intelligenter vorgehen lassen. Auch in der Defensive setzt "Fifa 23" auf maschinelles Lernen und lässt Zocker ihre Verteidiger zu effektiverem Abdrängen einsetzen. Dazu unterscheidet die neue "Accelerate"-Beschleunigung zwischen verschiedenen Sprintertypen auf dem Feld. Es gilt also für den Spieler, seine Mannschaft gut zu kennen.

Immerhin: Spieler, die Konsolen der alten Generation nutzen, dürfen sich über neue Features bei Standardsituationen freuen. In puncto Flugbahn, Treffpunkt und Effet eröffnen sich bei Freistößen, Ecken und Elfmetern neue Möglichkeiten, die allerdings etwas Übung erfordern.

Größere Neuerung beim "Fifa Ultimate Team"

Auch der neue "Powerschuss" bietet Abwechslung. Hat der gesteuerte Spieler Platz und die nötigen Fähigkeiten, kann er zum präziseren und härter ausgeführten Schuss ansetzen. Überarbeitet wurde zudem die CPU-KI, die sich an Spielstand, verbleibende Spieldauer und die verfügbaren Einwechselspieler anpasst.

Seit Jahren zählt "Fifa Ultimate Team" zu den beliebtesten Modi in der "Fifa"-Welt. In diesem Jahr erwartet Liebhaber eine der größten Neuerungen seit langem. EA Sports erlaubt ab sofort ein spiel über verschiedene Plattformen derselben Generation hinweg. Einzig in den Kooperations-Modi seien dafür die technischen Hürden (noch) zu groß, ließ EA Sports verlautbaren.

Im Karrieremodus dreht "Fifa 23" weiter an Stellschrauben, die große Revolution bleibt aber auch beim neuesten Ableger der Spielereihe aus. Spielbare Trainer aus der "echten Welt" – von Pep Guardiola bis Jürgen Klopp– und ein Mehr an immersiven Sequenzen, etwa Spielervorstellungen oder Pressekonferenzen, sind eher nette Spielereien als eine wirkliche Fortentwicklung. Auch die groß angekündigte neue Menüführung im Managermodus fällt in diese Reihe. Neu ist zudem die Transferanalyse, die neu verpflichtete Spieler nach Preis-Leistungs-Verhältnis einstuft.

Unter dem Claim "The World’s Game" lehnte sich EA Sports vor der Veröffentlichung weit aus dem Fenster. Eine Revolution ist "Fifa 23" zwar nicht, dennoch ist ein größerer Sprung bei dem Spiel zu erkennen, als es vielfach bei den Vorgängern der Fall war. "Hypermotion 2" erweist sich in Sachen Grafik als erkennbare Fortentwicklung, die neuen Gameplay-Variationen machen das Spiel noch variabler, die Ballphysik überzeugt – und dank des maschinellen Lernens sollte das Spiel sich von selbst positiv entwickeln.

Schade ist jedoch, dass EA Sports mit "Fifa 23" mehr denn je eine Zwei-Klassen-Gesellschaft etabliert. Während sich Besitzer der neuesten Konsolengeneration über einen tollen Abschluss freuen, schauen Nutzer von PS4 und Xbox One in die Röhre. Sie bekommen nur etwas bessere Kader als in "Fifa 22"– und nicht etwa "das beste Fifa aller Zeiten".

− tsch