KOMMENTAR
Kleben fürs Klima? – Die Aktivisten folgen einer simplen Logik

24.11.2022 | Stand 19.09.2023, 3:34 Uhr

„Die Aktivisten wissen genau, dass Kunst das falsche Ziel ist, sie wissen aber auch: Greife ich einen Kohlebagger an, kommt die Polizei. Greife ich einen van Gogh an, kommt das Fernsehen.“ – Raimund Meisenberger. −Foto: Studio Weichselbaumer

Spätestens, wenn die eigenen Kinder die Schule schwänzen, auf die Straße gehen und demonstrieren, die gewählten Politiker möchten doch bitte in die Gänge kommen und so handeln, dass in 50 Jahren noch lebenswertes Klima herrscht in Wurmannsquick und weltweit – spätestens dann ist Klimaschutz im eigenen Leben angekommen. In allem emotionalen Ernst.

Doch so selbstverständlich die Eltern das unterstützt haben, so übel stößt ihnen auf, was Teile der jungen Generation jetzt in den Kultureinrichtungen treiben: unersetzliche Kulturgüter angreifen, Kleber aufs Dirigentenpult, Dosensuppe auf den van Gogh – da hört der Spaß auf! Die alten Meister in den Museen können ja nun wirklich nix dafür, dass die Menschheit immer noch Kohle zu Strom verbrennt. Gerade Kulturmenschen zeigen sich angewidert von den Attacken.

Dass bisher kein Werk zerstört ist, ist bewusstes Kalkül der Aktivisten: Sie sind auf drastische Bilder aus, nicht auf Millionenschäden, und beschmieren daher geschützte Werke. Bisher. Doch es braucht keinen Hellseher, um zu ahnen, dass sich das ändern kann. Denn der Klimaprotest folgt einer simplen Logik: 2019 brachte Fridays for Future in Deutschland weit über eine Million Menschen auf die Straße. Eine Pandemie und einen Krieg später ist ihr Anliegen aus der „Tagesschau“ verschwunden. Die Aktivisten wissen genau, dass Kunst das falsche Ziel ist, sie wissen aber auch: Greife ich einen Kohlebagger an, kommt die Polizei. Greife ich einen van Gogh an, kommt das Fernsehen (die Polizei nehmen sie dafür in Kauf). Sie füttern die Ökonomie der Aufmerksamkeit. Und solange Klimagipfel um Klimagipfel für die Katz ist und der CO2-Ausstoß weiter steigt anstatt zu sinken, solange ist zu befürchten, dass die junge Generation sich weiter radikalisiert. Die ältere Generation sollte alles tun, genau das zu verhindern.

Raimund Meisenberger