Es ist die atemberaubend schöne Kulisse Salzburgs, die „Jazz and the City“ seit rund 25 Jahren zu einem ganz besonderen Musikfestival macht. Mehr als 100 Musiker aller Stilrichtungen präsentierten ihre Klangwelten an etwa 20 Spielorten zwischen Konzertsaal, Club, Hotel, Garten, Kirche, Open-Air-Bühne, Schloss und Kloster inmitten der historischen Altstadt – und das alles bei freiem Eintritt.
Das Andromeda Mega Express Orchestra (AMEO) eröffnet das Festival im Konzertclub Szene am Fuß des Mönchsbergs, in dem vornehmlich schrägere Klänge zu hören sind. Das zwölfköpfige Kollektiv aus Berlin spielt vorwiegend Kompositionen ihres Gründers Daniel Glatzel und verbindet Elemente aus Jazz, Weltmusik, Avantgarde, Klassik, Independent und Elektronik zu einem eigenen Klangkosmos.
Die immense Fülle der oft zeitgleich stattfindenden Konzerte erfordert vom Besucher eine gewisse Vorplanung. Alles zu hören, ist praktisch unmöglich. Man muss sich entscheiden, was man hören und sehen will, wobei sämtliche Veranstaltungsorte fußläufig in relativ kurzer Zeit zu erreichen sind. Wer einmal etwas verpasst hat, muss sich allerdings nicht grämen, da viele Musiker in den vier Tagen auf unterschiedlichen Bühnen auftreten.
Die große Bühne am Residenzplatz gehört am Freitag zwei Entertainern: dem „Rhythm Innovator“ Miroca Paris von den Kapverden, der als Sänger und Multi-Instrumentalist mit seinem Trio Ethnien, Kulturen und Klangformen dreier Kontinente vereint, sowie dem 28-jährigen britischen Pianisten und Sänger Reuben James, der modernen Jazz-Soul-Pop zelebriert, der stark an Stevie Wonder erinnert.
„Jazz and the City“ soll allen Altersgruppen etwas bieten. Kinder und Jugendliche können bei altersgerechten Events und Führungen die Stadt und den Jazz für sich entdecken. Daher werden auch lokale Musikensembles eingebunden. Eingeleitet von der Big Band Groovn’ the Shades” des örtlichen Sport- und Musik-Realgymnasiums sowie der Triple BBB des Privatgymnasiums Borromäum ist Christian Muthspiels Orjazztra Vienna am Samstag als krönender Abschluss eines dreiteiligen Bigband Summits am Residenzplatz wohl der Höhepunkt des Festivalreigens. Der 61-jährige Posaunist, Pianist, Komponist und Maler Muthspiel dirigiert 17 exzellente Musiker, von denen jeder einzelne im Konzert sein solistisches Können präsentieren darf.
Eine breite Marmortreppe führt im Domquartier gleich nebenan hinauf in einen feudalen Barockfestsaal, in dem u.a. der österreichische Sitarspieler Klaus Falschlunger mit dem italienischen Akkordeon-Virtuosen Luciano Biondini und dem in Bangladesch geborenen Tabla-Künstler Niti Ranjan Biswas indische Klangwelten entstehen lässt.
Erstmalig wurde heuer das Kapuzinerkloster im Rahmen des Jazz-Festivals bespielt. Bei einem Überraschungskonzert der Hochzeitskapelle um Kontrabassist Micha Acher, bekannt von der Band The Notwist, servieren die Klosterbrüder frisch gebackenen Apfelkuchen. Der Auftritt der Hochzeitskapelle am Sonntag im idyllischen Mirabellgarten ist der würdige Abschluss dieses rundum gelungenen Festivals. Passend dazu drängelt sich sogar die Sonne durch die Nebelwolken.
Sepp Schiller
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