Es war einmal vor gar nicht allzu langer Zeit, da gab es Deutschland gleich zweimal. Auf der einen Seite hat man nach dem verdammten Krieg mit US-Unterstützung die Wirtschaft angekurbelt und sich zu einer führenden Industrienation entwickelt. Die andere Seite stand unter Protektion der Sowjetunion, die erst mal alle Fabriken abgebaut und in ihr Heimatland verfrachtet hat. Nachdem die moskautreuen Entscheidungsträger den Arbeiter- und Bauernstaat planmäßig herabgewirtschaftet hatten, hatten die Bürger keine Lust mehr auf die dummdreisten Machthaber.
Sie gingen auf die Straße und skandierten: „Wir sind das Volk“. Es geschah ein Wunder. Die Grenze, die die beiden deutschen Staaten trennte, fiel quasi aus Versehen und ganz ohne Blutvergießen. Investoren, eine im östlichen Teil gänzlich unbekannte Spezies, schnupperten Morgenluft und schürten medial den Traum von einer Wiedervereinigung, was den Anschluss der Loser an die Gewinner bedeutete.
Viele Leute aus der armen Republik, die verständlicherweise auch mal Bananen, Raider oder die neue „Helloween“-Platte genießen wollten, ließen sich ködern. Plötzlich hieß es: „Wir sind EIN Volk!“ Der Beitritt wurde vollzogen und für die angebetete D-Mark wurde das gesamte Tafelsilber verscherbelt. Die Ostmark und mit ihr alles andere Ostdeutsche war schon bald keinen Pfifferling mehr wert. Die Banknoten mit den Konterfeis von Marx, Engels und Co. landeten in unterirdischen Gewölben bei Halberstadt. In eben jener Periode ist der neue Film von Natja Brunckhorst („Alles in bester Ordnung“) angesiedelt.
Sommer 1990. Maren (Sandra Hüller) und Robert (Max Riemelt) sind ein glückliches Paar mit Kids und Trabbi. Dann kehrt überraschend Volker (Ronald Zehrfeld) zurück, der einst rübergemachte, sich im goldenen Westen aber nie zuhause gefühlt hat. Dass auch er schon immer in Maren verliebt war, gestaltet die Situation ein wenig kompliziert. Aber die Freunde raufen sich zusammen.
Nun geschah es aber in jenen Tagen, dass bei Halberstadt verdächtige LKW-Kolonnen gesichtet wurden. Der alte Markowski (Peter Kurth) weiß, dass die Brummis die DDR-Banknoten in die alten Stollen transportieren. Und er hat den Schlüssel zu den Katakomben. Markowski will beobachten, was Maren und ihre Spießgesellen mit dem vormals wertvollen Sekundärrohstoff anstellen und ermöglicht ihnen die Entnahme des einen oder anderen Zentners Altpapier. Aber was tun damit? Dann steht plötzlich ein Vertreter aus dem Westen vor der Tür und bietet allerhand eitlen Tand feil. Wechselkurs 1:7, noch bis Ende der Woche. Ungeahnte Möglichkeiten tun sich auf…
Die Details der Geschichte sind erfunden, die Eckpfeiler der Story sind real. Tatsächlich wurde massenhaft DDR-Knete aus unterirdischen Depots besitzverlagert und das Verschwinden aus Peinlichkeitsgründen nie ernsthaft verfolgt. Natja Brunckhorst ließ sich von den Fakten inspirieren und präsentiert eine lustige, spannende und romantische Geschichte, der man sehr gern lauscht. Alle Hauptdarsteller sind DDR-sozialisiert, was der Authentizität der Komödie zuträglich ist. Besondere Freude machen die Szenen mit Ursula Werner, die von DEFA-Produktionen wie „Insel der Schwäne“ bis zum Kinohit „Der Junge muss an die frische Luft“ Filmgeschichte geschrieben hat. Ein Film, der mit Liebe gemacht wurde, durchweg mit den Augen zwinkert und nicht eine Sekunde langweilt. Schade nur, dass das Ende eine schöne Illusion bleiben musste.
André Wesche
•D 2024, von Natja Brunckhorst, mit Sandra Hüller, Max Riemelt, Ursula Werner, 116 Minuten, frei ab sechs Jahren
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