Der einst geschmähte, dann gefeierte österreichische Aktionskünstler und Maler Günter Brus ist tot. Er starb am Samstag im Alter von 85 Jahren, wie der Leiter des Bruseums, Roman Grabner, der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag sagte. Das Bruseum ist eine Dauerausstellung in der Neuen Galerie Graz, die dem Gesamtwerk des Künstlers gewidmet ist. Brus war Mitbegründer des Wiener Aktionismus.
„Günter Brus war eine der herausragenden Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts, der mit seiner Kunst an die Grenzen gegangen ist und seinen Körper sprichwörtlich der Zerreißprobe ausgesetzt hat“, schrieb Grabner in einer Würdigung. „Er hat bedingungslos für die Kunst gelebt und nie vor den Konsequenzen seiner Radikalität zurückgeschreckt.“
Brus wurde durch einen Skandal berühmt: im Protestjahr 1968 nahm er mit anderen Künstlern an einer Performance an der Universität Wien teil, wo Brus sich teils nackt mit eigenem Kot beschmierte, onanierte und die österreichische Nationalhymne sang. Die als „Uni-Ferkelei“ berüchtigte Aktion, die die Gesellschaft aus der Nachkriegslethargie holen sollte, schockierte das Publikum. Die Aktion sei „der einzige relevante Beitrag Österreichs zu den weltweiten Protesten dieses Jahres“ gewesen, schreibt das Bruseum. Brus wurde damals unter anderem wegen „Verletzung der Sittlichkeit und Schamhaftigkeit“ verurteilt und flüchtete vor einer Haftstrafe für einige Jahre nach Berlin.
Brus war zwar als Aktionist bekannt, aber die Phase spektakulärer Aktionen dauerte nach Angaben des Bruseums nur sieben Jahre. Die Sammlung zeigt Werke aus seinen 60 Schaffensjahren, darunter Zeichnungen, Fotomappen, Aktionsskizzen, Druckgrafiken und sogenannte Bild-Dichtungen, die Brus erfand: Text-Bild-Dialoge, in denen das Bild und die Dichtung gleichbedeutend nebeneinanderstehen. US-Künstler wie Paul McCarthy oder Raymond Pettibon sahen darin europäische Vorfahren der Comic-Art.
Christiane Oelrich
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