Neues Album „Tension“
„Die neue Generation weiß jetzt, wer ich bin“: Kylie Minogue im Interview

22.09.2023 | Stand 22.09.2023, 5:00 Uhr |

„Das sind gerade wunderbare Zeiten für mich.“ Im 35. Jahr ihrer Karriere erlebt Kylie Minogue ihren x-ten Frühling. − Foto: Yui Mok, PA Wire, dpa

Kylie Minogue, seit 35 Jahren einer der bekanntesten, zähesten und wandlungsfähigsten Popstars der Welt, ist Mitte September nach Berlin gekommen, um ihr sechzehntes Studioalbum „Tension“ vorzustellen. Wobei, „vorstellen“, trifft es nicht ganz, was die 55-jährige Disco-Dance-Pop-Großmeisterin an diesem Abend in einem Kreuzberger Club veranstaltet. Kylie lebt ihr Album mit allen Sinnen. Stellt, während an der Bar ihr eigener Rosé-Wein (Kylies Prosecco wiederum ist der meistverkaufte in Großbritannien) fließt, einen Song nach dem anderen vor, springt dann wieder in die Menge, um mit großer Hingabe zur eigenen Musik zu tanzen. Einige Stunden vorher treffen wir Minogue zum Gespräch in einem vornehmen Hotel.

Sie haben ein großartiges 2023, „Padam Padam“ ist einer der Sommerhits des Jahres, das neue Album „Tension“ ist sehr gelungen, die bevorstehende Konzertreihe in Las Vegas ausverkauft – ist das momentan eine der schönsten Phasen Ihrer Karriere?
Kylie Minogue: Ja, mir ist sehr bewusst, dass das gerade wunderbare Zeiten für mich sind. Der Enthusiasmus und die Freude über meine neuen Songs sind gigantisch, und guck dir doch nur mal an, was in den letzten drei Monaten mit „Padam Padam“ passiert ist, wo dieser Song gelandet ist. Mich hauen die Glücksgefühle gerade total um.

Haben Sie von Anfang an geahnt, dass der Song zu so einem Erfolg werden würde?
Minogue: Nein, so eine euphorische Reaktion auf einen Song habe ich zuvor nie erlebt. In all den Jahren nicht. „Padam Padam“ hat ein wahnsinniges Eigenleben entwickelt. Nach 35 Jahren habe ich zum ersten Mal einen Hit im Internet, das ist so cool. Das ist sogar supercool (lacht). Die neue Generation weiß jetzt, wer ich bin. Jetzt tauchen die Kids so richtig tief in meine Geschichte und in meinen Katalog ein. Die sind total neugierig und entdecken gerade „Can’t Get You Out Of My Head“, ein über 20 Jahre altes Lied.

In einer Welt, in der der Gesellschaft manchmal vorgeworfen wird, altersdiskriminierend zu agieren, muss es eine Genugtuung sein, wenn Zwölfjährige nach einem Selfie fragen, oder?
Minogue: Mich erinnert die Situation gerade ja seltsamerweise sogar an meine ganz frühen Tage in der Showbranche, als ich in der TV-Serie „Neighbours“ mitspielte. Damals standen alle auf mich – die Großeltern, die Eltern, die Kinder, die Säuglinge. Alle kannten mich, alle lernten dann auch meine Musik kennen, als ich mit „The Locomotion“ und „I Should Be So Lucky“ loslegte. Ich war wie ein Familienmitglied. Und jetzt passiert das gerade wieder, 35 Jahre später. Wer würde da nicht glücklich und tief dankbar sein? Ich bin jedenfalls beides.

Warum denken Sie, haben die Leute Sie quasi adoptiert? Liegt es nur an den Songs, oder vielleicht auch an Ihrer wechselvollen Vita, in der es neben vieler Triumphe auch einige Enttäuschungen sowie im Jahr 2005 eine Brustkrebserkrankung gab?
Minogue: Ich glaube, da kommt all das zusammen. „Neighbours“ war ohne Zweifel der Grundstein. Ich war durch diese Seifenoper jeden Abend in den Küchen und Wohnzimmern der Menschen, vor allem in Großbritannien und Australien, zu Besuch. Für viele war ich quasi eine Mitbewohnerin, der sie zwischen 18 und 21 täglich beim Erwachsenwerden zuschauten. Nach drei Jahren meinten die Leute mich, beziehungsweise meinen Charakter Charlene, in- und auswendig zu kennen.

Denken Sie, dass Sie dem Publikum vielleicht stärker am Herzen liegen als die meisten anderen Popsängerinnen?
Minogue: Ja, auch jenseits der Musik und der leidenschaftlichen Arbeit, die ich seit 35 Jahren in meine Karriere stecke, was ich übrigens sehr gerne tue, ist da noch etwas anderes. Ich bin den Menschen nicht egal. Sie kümmern sich um mich. Sie sind besorgt, wenn es mir nicht so gut geht, und sie freuen sich, wenn alles in bester Ordnung ist.


Das Gespräch führte Steffen Rüth.

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