Filmfestspiele
Die Lehrjahre des Donald J. Trump: „The Apprentice“ sorgt in Cannes für Aufregung

21.05.2024 | Stand 21.05.2024, 18:49 Uhr |
Sascha Rettig

Immer auf Angriff gehen! Seine eigene Wahrheit schaffen! Niederlagen nie zugeben! Donald Trump (Sebastian Stan) lernt im New York der 70er und 80er Jahre von Anwalt als Roy Cohn (Jeremy Strong).  − F.: Cannes Festival

Das konnte Donald J. Trump natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Und tatsächlich kam die wetternde Reaktion auf die Cannes-Wettbewerbspremiere von „The Apprentice“, Ali Abbasis Film über die frühen Jahre des ehemaligen US-Präsidenten, schneller, als man „Maga“ sagen kann.



Der Film sei Müll und reine Fiktion, der Lügen sensationalisiere, so ein Sprecher. Während das Trump-Camp zudem drohte, rechtlich gegen das von biografischen Begebenheiten inspirierte Werk vorzugehen, gab sich Regisseur Abbasi gelassener: Er bot Trump vielmehr an, sich mit ihm zu treffen und ihm den Film zu zeigen, der auf dem Festival für einige Aufregung sorgte.

Was er dann sehen würde, ist natürlich keinesfalls eine polternde Trump-Kritik aus dem Reich der Fantasie. Vielmehr zeichnet „The Apprentice“, inspiriert von wahren Ereignissen, die prägenden Jahre und Begegnungen dieses Mannes nach, die ihn zu dem gemacht haben, was er heute ist. „The Apprentice“ folgt Trump durch das New York der 70er und 80er Jahre vor der neuen Aufbruchszeit, an der er später mit seinen großen Immobilieninvestitionen massiv profitierte.

Schüchterner Trump



Wichtigster Mann an seiner Seite damals: Roy Cohn (Jeremy Strong). Ein fast noch schüchterner, verunsicherter Trump trifft auf den Anwalt in einem Club der einflussreichsten Männer New Yorks und wird von ihm schnell unter die Fittiche genommen. Dieser skrupellose Lehrmeister zeigt ihm die längst nicht immer legalen Methoden, um voranzukommen. Zudem bekommt er von ihm auch die Regeln eingebläut, die er bis heute verinnerlicht hat und mit absoluter Vehemenz befolgt: Immer auf Angriff gehen! Seine eigene Wahrheit schaffen! Niederlagen niemals zugeben! Ivana Trump, seine damalige Frau, bringt es in einer Szene auf den Punkt: „Er hat kein Schamgefühl.“

„The Apprentice“ wird derweil zu so etwas wie eine Indiziensuche. Worin erkennt man die heutige Figur? Einige der anstrengenden Manierismen, auch diese Art zu reden, all das fließt dabei recht subtil ein in den Film – auch durch das zurückgenommene Spiel von Hauptdarsteller Sebastian Stan. Der US-Star, unter anderem aus einigen Marvel-Blockbustern bekannt, trifft die richtigen Zwischentöne in der schleichenden Entwicklung zum rücksichtslosen, narzisstischen, eitlen Immobilien-Megalomanen. Strong hingegen als Cohn wirkt mit seinem Spiel so, als würde er seine Rolle aus der mediensatirischen Serie „Succession“ mit weiteren Facetten neuauflegen. Vor allem zeigt sich: Der homophobe Anwalt ist selber eigentlich schwul und stirbt letzten Endes in den 80ern an den Folgen von Aids.

Sicher gibt es im Film umstrittene Szenen, etwa die Vergewaltigung in der Ehe mit seiner damaligen Frau Ivana. Doch reine Fiktion? Ist „The Apprentice“ keinesfalls. Der Vorwurf, den man dem Werk machen kann, ist eher, dass es dem bekannten Wissen letztlich nur wenig hinzufügen kann und das Geheimnis hinter dieser irrsinnigen Persönlichkeit nicht wirklich entschlüsseln vermag.

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