4596 ermordete jüdische Bürger in München – das ist die nüchterne Zahl. Doch dahinter stehen individuelle Lebensgeschichten. Unter den 4596 in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten zu Tode gekommenen Menschen befanden sich auch zahllose Kinder. Oft wurden sie direkt aus den Klassenzimmern geholt und ohne ihre Eltern allein in eine ungewisse Zukunft deportiert.
An diese Kinder und Jugendlichen erinnert nun eine Installation des Münchner Lichtgestalters und Künstlers Georg Soanca-Pollak, 1967 im rumänischen Klausenberg geboren. Seit drei Jahrzehnten beschäftigt er sich mit der Situation deutscher Juden im Dritten Reich, um mahnende Zeichen zu setzen gegen das Vergessen, um Licht ins Dunkel der Verdrängung zu bringen.
Jetzt zeigt das NS-Dokumentationszentrum sein neuestes Projekt, die Raum-Installation „AugenBlicke“ im Innenraum des Museums und auf dessen Fassade. Es sind konventionelle Passbilder von Kindern und Jugendlichen, meist im Halbprofil aufgenommen und mit dem gängigen Stempel gekennzeichnet: Hakenkreuz und Reichsadler.
Soanca-Pollak hat mehrere Dutzend dieser Porträts, stark vergrößert auf ein einheitliches Format, an zwei Innenwände des weitläufigen Museums-Entrées gehängt; auf einer weiteren Wand stehen sämtliche Namen der jungen Opfer. Berührend, ja erschütternd in der Wirkung, denkt man doch bei jedem Einzelnen die tragisch endende Geschichte mit.
Dabei blicken einige bereits ernst Richtung Kamera, als ahnten sie ihr Schicksal, viele schauen noch geradezu unschuldig, während bei manchen noch ein naiv fröhlicher Gesichtsausdruck dominiert. Durch das Erinnern holt sie der Künstler aus der Anonymität von Opfern und gibt ihnen Individualität und Würde zurück.
Barbara Reitter
Bis 1. Dezember, NS-Dokumentationszentrum, Max-Mannheimer-Platz 1, geöffnet Di. bis So. 10-19 Uhr
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