Fragen stellen, die wehtun
Wie Theatermacher Mario Eick die Krise bewältigt

07.04.2020 | Stand 20.09.2023, 4:52 Uhr
Mirja-Leena Zauner

Steht für sinnliches und unbequemes Theater: Mario Eick. −Foto: Theater für die Jugend

Mit weit über 60 Beteiligten sollte das Theater für die Jugend am 24. April mit dem ambitionierten Kafka-Projekt zu "Der Prozess" in Burghausen Premiere feiern. Doch dann mussten die Vorbereitungen, die schon seit Januar liefen, ab dem 10. März wegen Corona gestoppt und die Proben eingefroren werden. Eingebunden im Ensemble sind auch Schüler und ältere Menschen, doch vor allem freiberufliche Profis. Was tun mit jenen, die vom Schauspiel leben? Diese Frage könnte den Autor und Regisseur sowie die Projektverantwortliche des Theaters für die Jugend, Simone Sommer, zur Verzweiflung bringen. Tut es aber nicht. "Ich habe mit unseren Geldgebern verhandelt, und es bleiben alle dabei. So haben wir Lösungen finden können, dass alle über die Runden kommen und ihre Kosten decken können, auch wenn es vorerst nicht zur Aufführung kommt", sagt Eick, der mit seinem Projekttheater an die 180 Vorstellungen im Jahr auf die Bühne bringt und auf Tour geht. Das Theater für die Jugend, das derzeit auf dem Leonberg in Marktl am Inn ansässig ist, ist ein Ensemble freier Tänzer, Musiker, Schauspieler, Sänger und Bühnenmitarbeiter. Geplant sind die Kafka-Vorstellungen nun später im Jahr. Bis auf eine Kollegin, die aufgrund der zeitlichen Verschiebung zugunsten anderer Verpflichtungen abgesprungen ist, halten sich die Schäden, so Eick, in Grenzen.

Mit Sicherheit seien auch gerade die Idealisten in der freien Kulturszene die Leidtragenden der Krise, die wirklich für die Sache brennen würden, aber vielleicht nicht so gut aufgestellt seien. Aber hier sieht der Theatermacher, der zusammen mit Simone Sommer die Produktionen von Burghausen aus zusammenhält, in der Krise auch eine Chance. "Man könnte jetzt endlich anfangen, mehr untereinander zu kommunizieren, die Kulturschaffenden müssen sich jetzt gegenseitig unter die Arme greifen, wie kann man sich gegenseitig unterstützen, sich vielleicht auch bezüglich der Planungen günstig absprechen?" Auch bezüglich wichtiger Themen im Theaterbetrieb sei jetzt eine Zeit des Umdenkens. "Wir sollten uns als freie Theatermacher jetzt die Fragen stellen, die wehtun. Wie gehen wir mit dem Turbokapitalismus um, was passiert ökologisch mit unserer Welt?

Man kann diese Fragenauch sinnlich und schön angehen. Aber wir haben jetzt wirklich die Pflicht und die Chance unbequem zu sein", fordert Eick. "Wir haben als Künstler was zu sagen." Um den Probenausfall am Kafka-Stück zu überbrücken, wird seit gestern in "Probenquarantäne" für "Hamlet" gegangen, mit dem Eick im Sommer touren will.
Mehr zum Thema lesen Sie am 7. April in der Passauer Neuen Presse.