Aus solcher Vielfalt im eigenen Bestand kann so manches größere Museum nicht schöpfen. Die Galerie Wolfstein im Museum Jagd, Land, Fluss in Freyung hat das Glück, dass der Landkreis-Grafenau seit den 1980er Jahren kontinuierlich sammelt und inzwischen ein Depot von über 600 Werke aufgebaut hat. 160 davon sind ausgestellt, so Marina Reitmaier-Ranzinger, Kunsthistorikerin und Leiterin des Museums in den historischen Räumen des Schlosses, das einst Trutzburg und später Repräsentationsbau der Passauer Fürstbischöfe war. Sie hat die Corona-Zeit effektiv genutzt, die Räumlichkeiten renoviert und die Dauerausstellung neu kuratiert.
Der Begriff "regional" ist weit gefasst
In acht Räumen mit 240 Quadratmetern präsentiert sich regionale Kunst dem Besucher. Den Schwerpunkt bildet dabei das Thema Bayerischer Wald in verschiedenen Techniken. Doch der Begriff "regional" ist weiter gefasst: Künstler aus dem Bayerischen Wald, aus Passau sind ebenso dabei wie Österreicher und Tschechen.
Wer die alte Ausstellung kennt, sieht, dass die aktuelle Schau luftiger ist, neue Bezüge herstellt und die Vielfalt der Sammlung zum Ausdruck bringt. Gleich zu Beginn gibt es die aktuellsten Werke, z. B. den jüngsten Ankauf des Landkreises: ein Werk von Petronilla Hohenwarter ("Love03", Mischtechnik, 2010). Als Vertreter der aktuellen Künstlergeneration hängen hier Werke von u. a. Mario Schoßer, Rosemarie Wurm, Mona Ziemen, Konrad Schmid und Pia Mühlbauer.
Natürlich fehlen die Granden unter den Künstlern des Bayerischen Waldes nicht: Hajo Blach, dessen Entwicklung man an eindrucksvollen Landschaftsbildern sehen kann, Gerhard Steppes-Michel, Edmund Steppes, Otto Baumann, Johann Turek (besonders schönes Tempera von Schloss Wolfstein, 1961). Auch Alfons Neubauer sowie Anton Kirchmair sind vertreten.
Nicht nur Arbeiten auf Leinwand und Papier zeugen von der künstlerischen Schaffenskraft. Die großen Bildhauer der Region sind mit Spitzenwerken vertreten, so Heinz Theuerjahr, Karl Mader, Leopold Hafner, Erika Einhellinger, Marianne Wimmer (auch Hinterglasbilder – eine eher seltene Technik ausgestellt) und Renate König-Schalinski. Neben den beiden letztgenannten Künstlerinnen aus Passau ist die Dreiflüssestadt auch vertreten u. a. durch
Drei Künstlervereinigungenwerden präsentiert
eine philosophische Arbeit von Fritz Brunner, ein Kinderporträt von Helgard Beck sowie durch die Künstler Dieter Stauber, Franz Weismann und Eugen Siegler.
Löblich ist es, dass die drei großen Künstlervereinigungen der Nachkriegszeit in einzelnen Räumen vertreten sind: "Donau-Wald-Gruppe" (1946–1990), "Bayerwaldkreis" (1966-1997) und "Die Eule", gegründet 1976. Die gezeigten Werke zeigen, dass in den Gruppen keine Doktrin herrschte. Künstlerische Freiheit war die Devise der Nachkriegszeit. Und so sind hier sehr unterschiedliche Kunstauffassungen vertreten, z. B. von Reinhold Koeppel (eine sehr frühe Arbeit ist jetzt in den Besitz des Museums gekommen), Heinz Theuerjahr und Otto Sammer; auch die einzige Frau der Gruppe ist vertreten: Frederike Pröbiuss.
Während der Donau-Wald-Gruppe und dem Bayerwaldkreis in den vergangenen Jahren immer wieder mal Ausstellungen gewidmet waren, ist "Die Eule" fast vergessen. Umso wertvoller, dass die Galerie die Gruppe auch in ihrer Schau abbildet: Werke von Anton Ohme, seiner Frau Svata Ohme Fiedler, die mit naiver Malerei vertreten ist, Rupert Berndl (originelle Schrottplastik), Manfred Werner und Hanni Wohofsky werden gezeigt.
Natürlich ist dem großen international gefeierten Künstler des Studioglasbewegung auch eine Ecke mit wunderbaren Arbeiten gewidmet: Erwin Eisch.
Das Thema Glasbläser hängt zweimal in der Ausstellung z. B.: von Walter Niedl.
Ein Raum zeigt Karikaturen. Neben bekannten Zeichnern der Region (Harald Rolf Sattler, Gerold Paulus, Heinz G. L. Schütze sind auch internationale Zeichner dabei wie Tomi Ungerer, Loriot und Paul Flora.
Die neuen Perspektiven in der Galerie Wolfstein bringen Erhellendes über die Kunst der Region.
•Galerie Wolfstein, Wolfkerstraße 3, 94078 Freyung; geöffnet täglich außer Mo. 10 bis 16 Uhr
•Nacht der Museen, 8. Oktober, geöffnet von 19 bis 21 Uhr – in allen Museen freier Eintritt
Reinhard Koeppel, "Frühling am Rachel", Öl auf Leinwand, 1911.
Walter Niedl, "Glasbläser", Öl auf Sperrholzplatte, 1980.
Otto Sammer, "Komposition Café", Öl auf Hartfaserplatte, 1980.
Hajo Blach, "Beim Haslbeck", Öl auf Holzfaserplatte, 1980.
