Reise & Urlaub
Hamburg nachhaltig genießen: Kulinarik und Kultur

16.04.2022 | Stand 20.09.2023, 23:22 Uhr

Sich in diese Stadt zu verlieben, ist leicht geschehen: Hamburg, der Hafen, die Elbphilharmonie und die regionale nordische Küche lassen sich auch umweltbewusst entdecken. −Foto: Medienserver Hamburg / instagram.com/sascha_b_hamburg

Tor zur Welt nennen sie die Gäste, schönste Stadt der Welt sagen die Einheimischen. Aber funktioniert ein Städtetrip nach Hamburg auch umweltbewusst? Wir haben es probiert.

Fotos vom Städtetrip finden Sie in unserer Fotogalerie.

Der CO2-Rechner ist da hart: So viel Biogemüse lässt sich gar nicht essen, so viel Fahrrad gar nicht fahren, dass auch nur eine einzige Flugreise damit kompensiert wäre in der Bilanz des persönlichen Klima-Fußabdrucks. Von Bayern bis nach bis Hamburg dauert der Flug mit Fahrten zum und vom Flughafen länger als der ICE, der mit Ökostrom ins Zentrum der Stadt fährt.

Nachhaltig reisen: Das kennt jeder. Handtuch auf dem Boden bedeutet: Ich will ein neues. Am Haken bedeutet: Ich verwende es noch mal. Das Scandic Emporio Hotel, skandinavisch-klar im Stil und zentral zwischen Jungfernstieg und St.-Pauli-Stadion, ist mächtig stolz, dass ein Mitarbeiter des Hauses diese Idee hatte, die heute weltweit Standard ist. Der Zimmerservice kommt nicht täglich, sondern auf Wunsch, Bademantel und Hausschuhe gibt’s an der Rezeption, Frühstück teils in Bioqualität.

Auto haben Hamburger Familien oft keins mehr, weil es nur rumsteht. Stattdessen geht es mit Hamburg Card mit Bus und Bahn durch die Stadt. Das Fahrrad darf außer im Berufsverkehr dort mit hinein. Die Stadt am Wasser mit ihren 2500 Brücken (europaweit die meisten, Venedig hat nur 400) entdeckt man vom Wasser aus. Man leiht sich am besten mit der App "Stadtrad" einen Drahtesel, fährt mit der S1 oder mit Hafenfähre auf der Elbe westwärts bis Blankenese oder Wedel und radelt am Ufer lang zurück ins Zentrum, in den Hafen, das Herz der Stadt. Vorbei am Museumshafen Övelgönne, am Findling "Alter Schwede" zum Elbstrand, wo sich die Stadt zu Bier, Beachball und Baden mit Blick auf Containerschiffe und Kräne trifft. Flugzeugfans planen eine Werksführung bei Airbus in Finkenwerder ein, Seebären eine Hafenrundfahrt (mit der flachen Barkasse, die unter die Brücken der Speicherstadt passt). Und zur Stärkung gibt’s Fischbrötchen an der "Brücke 10" bei den St. Pauli Landungsbrücken.

Wo man schon in der Gegend ist, sollte man sich einen Guide leisten und das Unesco-Welterbe der Speicherstadt und des Kontorhausviertels mit seinen architektonisch einzigartigen Backsteinmustern erkunden. In der Hafencity lässt sich erleben, wie ein komplett neues Stadtviertel aus dem Nichts entsteht. Bis zum abendlichen Feiern im Mojo Club auf der Reeperbahn ist kein Milliliter Benzin verbraucht.

Nachhaltig shoppen lässt es sich besonders gut im Karolinenviertel im Norden des Stadtteils St. Pauli. Was für eine simple und geniale Idee: Auf jede Jeans im "Glore" gibt es eine lebenslange Reperaturgarantie. Glore steht für "globaly responsible fashion", die Läden desselben Namens in Nürnberg, Frankfurt, Düsseldorf und in der Schweiz kämpfen für dieselbe Sache. Die Mode soll fair, nachhaltig und so transparent wie möglich sein. "Denn Biobaumwolle ist schön, aber sie nutzt nichts, wenn die Produktionsbedingungen nicht stimmen", sagt Inka Zurheide. Immer mehr Kunden wollten wissen, was sie am Körper tragen und versuchten, Schritt für Schritt ihren Kleiderschrank so zu bestücken, dass sie ohne schlechtes Gewissen denen in die Augen schauen können, die die Wolle gepflanzt und das Kleid genäht haben. Die Daunen sind aus PET-Flaschen, das Leder pflanzlich gegerbt vom Biohof, die Sneakers aus Maisabfällen, Bambus und Hanf. Basic-Shirts gibt es für 15 Euro – "weil wir ganz bewusst den Leuten zeigen wollen, man muss nicht zu H&M gehen für ein Shirt."

Nachhaltig speisen lässt sich gleich in der Nachbarschaft beim veganen Imbiss Happenpappen oder bei Schmitt Foxy, die Currywurst auch in Bio braten. Für den Mittagstisch empfiehlt sich dringend das Markthallen-Lokal "Hobenköök" im Oberhafen mit köstlicher regionaler Alltagsküche.

Eine Nummer nobler isst es sich in der "XO Seafoodbar", die Fabio Haebel gegenüber seines Sternelokals "Haebel" auf St. Pauli geöffnet hat. Thunfisch und Lachs sind hier tabu; gebraten wird, was regionale Fischer aus Elbe, Nord- und Ostsee liefern. "Es ist aufwendig, aber es geht", sagt Haebel. Nebenbei sieht es aus wie gemalt und schmeckt königlich.

Oberste Liga und sogar von Kollegen bewundert ist "Wolfs Junge" an der östlichen Außenalster. Sebastian Junge serviert abends ein 5-Gänge-Überraschungsmenü, bei dem auch Butter, Sauerteigbrot, Schinken und geräuchertes Paprikapulver handgemacht sind. Beim Desserttrio in drei Temperaturen mit Sesameis, Topinamburcreme und Griesknödel ist klar: Wenn schon höchste Ansprüche ans Essen, dann bio.

PNP-Feuilleton-Ressortleiter Raimund Meisenberger reiste auf Einladung von Hamburg Tourismus.

Schmausen mit bestem Gewissen

Hamburger Bio-Markthalle und Restaurant "Hobenköök"



Die Längste Zeit der Menschheitsgeschichte war Bio der Normalzustand, erst Anfang des 20. Jahrhunderts kamen Verfahren auf, Chemikalien einzusetzen, um Wachstum zu beschleunigen und unliebsames Wachstum zu stoppen. "Mein großer Wunsch ist, dass Bio wieder das Normale ist", sagt Thomas Sampl, dass nicht "bio" auf Lebensmitteln steht, sondern jedes Gift, mit dem sie behandelt wurden. Klingt verrückt? Sampl ist das gewohnt. Thomas Sampl ist Koch und einer der drei Geschäftsführer der "Hobenköök", was nicht etwa Haubenküche, sondern Hafenküche heißt, aber zum Verwechseln ähnlich schmeckt. In einer alten Eisenbahnhalle im Oberhafen nahe der Elbphilharmonie hat er eine Markthalle mit 1500 Produkten von 250 Erzeugern aus dem Großraum Hamburg eingerichtet, mit angeschlossenem Restaurant.

Hier kaufen die Hamburger täglich Gemüse, von dem andere noch nicht einmal gehört haben: Butterrübchen, Navettrübchen, Moorrübchen, wilder Brokkoli, wilder Blumenkohl, bunte Beete. Aber auch Brot, Kaffee, Tee, Käse, Fisch, Erdbeer-Dattelkonfekt, Rhabarberessig, saures Gänsefleisch im Glas, so regional und bio wie möglich. Was sich dem Mindesthaltbarkeitsdatum nähert, schreibt Thomas Sampl am nächsten Morgen auf die Speisekarte, das wird im Restaurant mit seinen 150 Plätzen an rustikalen Holztischen frisch verkocht. Oder es gibt ein und dasselbe Gericht mit "Markthallengemüse"; welches genau, entscheidet täglich der Koch. In Märkten und Restaurant landen Unmengen wertvoller Lebensmitteln im Müll, hier nicht. Das Catering als dritter Geschäftszweig macht ein flexibles Wirtschaften möglich, das nicht nur auf dem Papier steht.

"Ich war immer der Regionalspinner", sagt Thomas Sampl. Die Hobenköök aufzubauen war ein langer Prozess. Regionalität gibt’s nicht auf Bestellung im Großhandel. "Du musst erst mal die Bauern überzeugen, der Koch muss mit den Bauern sprechen." In einem alten Rezeptebuch hatte er ihm völlig unbekannte Gemüsesorten gefunden. Also fährt Sampl zum Wochenmarkt und sucht dies alten Sorten, den verdutzten Bauern sagt er: "Ich will diese Rübe haben für mein Restaurant, ich hol sie auch selber ab."

Fisch direkt vom Kutter ist auch in Hamburg schier ein Ding der Unmöglichkeit, erklärt der Koch. "Die Fischer liefern ihren Fang in die Kühlcontainer der Genossenschaften, drei Tage lang wird gesammelt, dann geht der Container nach Holland oder Dänemark zur Fischauktion, weil es die in Deutschland nicht mehr gibt - erst dann geht’s zurück nach Deutschland." Der Fisch für Thomas Sampls Hobenköök kommt vom 2019 gegründeten Start-up "Frisch gefischt": Zwei Hamburger Jungs, Lars Bäumer und Andreas Reinhardt, machen sich die Mühe, am Großhandel vorbei die Ware direkt vom Boot handwerklicher Fischer in die Küchen der Hamburger Top-Restaurants zu liefern.

Neue Handelswege entstehen, und Vertrauen wächst. Auch bei den Kunden, die hierher in die Markthalle zu Hunderten zum biologisch-regionalen Mittagstisch kommen. Heute ist die Hobenköök einer von 60 Betrieben in der Regionalwert AG Hamburg, die sich zu sozialen und ökologischen Standard verpflichten, und denen rund 1500 Aktionäre helfen, in eine "enkeltaugliche Landwirtschaft" zu investieren.

Denn dass der Biohandel heute "supermarktmäßig" läuft, findet Thomas Sampl genauso dumm wie den "Grünen Stern", den der Guide Michelin seit 2020 für "nachhaltige" Spitzenküche vergibt. "Das ist reines Greenwshing", sagt Sampl, "das hat null Bedeutung". Weil Michelin sich mit telefonischen Auskünften begnügt und keine Lieferketten kontrolliert, hat Billy Wagner, Chef des Berliner Sternerestaurants "Nobelhart & Schmutzig" sogar angekündigt, seinen Grünen Stern zurückzugeben.

Thomas Sampl dagegen ist Mitglied in der "Slow Food Chef Alliance", die sich auf regionale biologische Zutaten und handwerkliche Zubereitung verpflichtet. "Ich will nix mehr in meiner Pfanne haben, wo ich nicht weiß, wo es her ist", sagt er und ist überzeugt: In wenigen Jahren
ist bio Standard in den öffentlichen Hamburger Institutionen. Wie überzeugt man die Leute vom Wert dieser Nahrung? "Über den Geschmack!" Der Schutz der Meere und der Böden, das ist hier keine Frage des Verzichts, sondern der neuen Möglichkeiten. "Du musst die Leute mit auf die Reise nehmen und Anreize", meint Thomas Sampl. Statt dem Lieferanten zu sagen, dein Zeug kauf ich nicht mehr, sagt er ihm: "Damit du Bescheid weißt, nächstes Jahr kaufe ich nur noch Biokräuter - bist du dabei?"

Die Vorfreude bis zur nächsten Hamburgreise lässt sich überbrücken mit dem von Thomas Sampl und Jens Mecklenburg herausgegebenen "Das neue Hamburger Kochbuch" (KJM Verlag, 29,90 Euro). Rund 100 Gerichte werden mit historischem Rezept, klassischem Rezept und neu interpretiert vorgestellt. "Saure Leber vegan" gibt’s mit Portobello-Pilzen statt Leber. Und der Grünkohl mit Kartoffeln, Sellerie, Birnen und Champignons schmeckt auch am bayerischen Gaumen einfach sensationell.

− rmr



Nachklingendes Kulturerlebnis Hamburg

Die Stadt der Musical, Harry Potter und die Elbphilharmonie



Hamburg, das ist natürlich die Stadt der Musicals, 1986 begann mit "Cats" ein Boom, der allein heute rund drei Millionen Gäste jährlich in die Hansestadt bringt. Derzeit laufen u.a. im Hafen Disneys "Eiskönigin" und "König der Löwen", in der Neuen Flora "Wicked", auf der Reeperbahn "Tina - Das Tina Turner Musical", und im First Stage Theater "Der kleine Horrorladen".

Die neue Attraktion im Kulturprogramm freilich ist "Harry Potter und das verwunschene Kind" in einer zum Spektakeltheater umgebauten Großmarkthalle im Hafen - kein Musical, kein Gesang, sondern ein Theaterstück, jener inoffizielle "8. Band" der Buchreihe, der in 2016 Dialogform gedruckt wurde: Harry Potter ist erwachsen, sein Sohn Albus Severus besteht neue Abenteuer in der Zauberschule Hogwarts, und die Freunde von damals - Harry, Ron und Hermine - eilen zu Hilfe. Es ist zauberhaft, den Figuren wieder zu begegnen und wieder einige Stunden dieser magischen Welt zu verleben.

Ziemlich viele Stunden sogar. Denn wie im Buch ist die Inszenierung von John Tiffany in zwei Teile geteilt - wer das ganze Stück sehen will, muss also zwei Eintrittskarten kaufen, auf den schlechtesten Plätzen kosten beide zusammen knapp 100 Euro. Eine Familie mit zwei Kindern muss - Verpflegung, Zauberstab, Kuscheltier von Souvenirstand mit eingerechnet - gut 500 Euro zusammensparen, um diesen Harry Potter erleben zu können. Je 2 Stunden und 30 Minuten plus 20 Minuten Pause dauert ein Teil, am Mittwoch und Donnerstag werden sie an zwei Abenden, von Freitag bis Sonntag hintereinander weg gespielt.

Das Schauspiel macht zunächst atemlos: Das Theaterinnere simuliert einen Bahnhof, von wo der Zug in die Zauberwelt abfährt. Die Schauspieler sind eine Wucht, vor allem Mathias Reiser als Potter juniors Freund Scorpius spielt einen überragend überdrehten Teenager. Und vor allem: Auf offener Bühne wird gezaubert, dass dir die Augen übergehen: Zauberstäbe, ganze Menschen fliegen durch die Luft, ohne dass der Trick erkennbar wäre, ein Bücherregal frisst Menschen, andere werden von eine Telefonzelle eingesaugt - Special Effects vor den Augen des Livepublikums. Eine Warnung muss sein: Wenn die Seelen-aussaugenden Dementoren ins Publikum fliegen, sollte man dringend der Versuchung widerstehen, das Handy zu zücken. In der Premiere wurde ein Herr deswegen hochkant hinausgeworfen.

Das Stück hat neben sehr viel Action und Unterhaltung etliche wahrhaftige und rührende Momente übers Erwachsenwerden, übers hoffnungslos Verlorensein, über Klarkommenmüssen mit dem Schicksal. Über sechs Stunden hinweg zeigt der von Jack Thorne fürs Theater bearbeitete Text allerdings auch seinen klaren Längen und Schwächen. Künstlerisch hätten es nicht partout zwei Teile sein müssen, ökonomisch freilich ist es ein Coup: Nach London, New York, San Francisco und Melbourne ist Hamburg der erste nicht-englischsprachige Standort für das Spektakel. Bis zur Premiere am 5. Dezember waren bereits 350 000 Karten verkauft - für ein einziges Theaterstück. Harry Potter sorgt - auch lange, nachdem der letzte Roman erschienen ist - wieder für Rekorde. Und für ein weltweites Millionengeschäft.

Seit der Eröffnung 2017 ist die Elbphilharmonie Pflichtprogramm für Hamburg-Besucher. Von der 82-Meter-Rolltreppe übers verschachtelte Treppenhaus bis zum akustisch wie optisch kristallklaren Saal - aus jedem Blickwinkel ergeben sich spektakuläre Perspektiven. Wenn sich der Besuch so planen lässt, besucht man am besten ein sinfonisches Konzert des NDR Elbphilharmonie Orchesters unter Alan Gilbert oder des Philharmonischen Staatsorchsters Hamburg mit dem früheren Münchner Generalmusikdirektor Kent Nagano am Pult. Mittlerweile gibt es sogar immer wieder mal Karten. Wem Musik schnuppe ist, der genießt den Blick von der Plaza über den Hafen. Und ein Tipp fürs Karma: Wer dem neuen Hamburger Wahrzeichen gehuldigt hat, der sollte die paar Schritte gehen und dem alten Wahrzeichen, der Michaeliskirche, einen Besuch abstatten: Das ist man dem Michel schuldig.

− rmr



Ein Ölfass wird neu geboren

Das Lockengelöt recycelt zu schicken Möbeln



Es war Liebe auf den ersten Blick. Die Liebe zu Hafen und Industrieromantik sind sofort geweckt von diesem Design, von den Farben, von der Extravaganz. Und erst die inneren Werte: Ein Stück Hamburger Hafen steht demnächst im eigenen Wohnzimmer, ein wiedergeborenes Ölfass als Couchtisch. Hergestellt in Handarbeit von den Jungs der Upcycling-Manufaktur mit dem poetischen Namen "Das Lockengelöt". Verwendet werden übrigens nur Fässer, in denen noch nie Öl war. 2004 mieteten der Industrieelektroniker Dennis Schnelting und der Grafikdesigner Carsten Trill einen Laden in St. Pauli, im Keller die Werkstatt, drüber Büro und Schlafzimmer, um Miete zu sparen. Seither bauen sie Möbel und Lampen aus Fässern. Warum, erklärt Carsten Trill im Gespräch.

Wer hatte warum die Idee, aus einem Fass ein Möbelstück zu machen?
Carsten Trill: Das war im ersten Jahr, 2004, ein Nachbar, der durch Zufall an ein Fass gekommen ist und einfach sagte: "Könnt ihr mir daraus etwas für meine Wohnung herstellen?" Der Schrank war gut machbar, weil wir die seitlichen Auswölbungen unkompliziert als Regalbodenhalter benutzen konnten. Er kam im Laden-Schaufester so gut an, dass wir beschlossen haben, uns auf die Suche nach einer guten Fässerquelle zu machen. Über die Jahre haben wir ihn immer weiter verbessert, neue Modelle entworfen, dann die Couchtische bis zur kompletten Möbelserie, die wir heute anbieten. Viele Varianten waren ursprünglich Kundenwüsche, die wir umgesetzt haben.

Wie war der Anfang des Ladens?
Trill: Wir sind völlig blauäugig ohne Erfahrung gestartet, der Laden war die ersten sechs Monate geschlossen und die Fenster verklebt, so konnten wir in Ruhe im Keller ausprobieren und entwerfen und so eine unglaubliche Vielzahl an Einzelstücken produziert. Material haben wir auf Flohmärkten gefunden. Dabei haben sich dann ganz wenige als Serienreif rausgestellt, das haben wir dann immer weiter verfolgt.

Kommt das öfter vor, dass ein Bayer oder jemand von ganz wo anders was bestellt?
Trill: Wir sind tatsächlich ein Export-Geschäft, also wenn man das jetzt mal Export nennt, wenn man aus Hamburg verschickt. Jede Woche gehen Pakete auch ins Ausland, nach Frankreich, Schweiz, Belgien, Dänemark. Und fast jede Woche auch ein Möbelstück in die USA, das freut mich immer besonders. Es stehen Möbel von uns in Tokio, Hongkong, New York, Sidney und sogar in Christ Church, Neuseeland. Den Laden in Hamburg wollen wir aber auf jeden Fall weiter behalten, da geht einfach nichts drüber und es gibt nichts was mehr Vertrauen bringt als ein lokales Geschäft, da wissen die Online-Kunden einfach, dass das ein vernünftiges Unternehmen ist, wo sich täglich Leute ein Bild machen können. Es gibt auch Kunden, die jedes Jahr bei Ihrem Hamburg-Besuch bei uns vorbei schauen um zu sehen, was es Neues gibt, das find ich besonders schön.

Bedeutet "Lockengelöt" irgendetwas oder klingt das nur wie Plattdeutsch?
Trill: Das ist eine Wortschöpfung von Studio Braun, einem Autoren-Trio aus Hamburg, die 1998 eine CD mit Telefonstreichen rausgebracht haben. In unserem Lieblings-Gespräch erfindet Rocko Schamoni das Wort um etwas Komisches, Technisches zu beschreiben, das hat sich dann in unseren Wortschatz gemogelt - und irgendwann haben wir einfach gesagt, lass uns den ganzen Laden so nennen. Rocko Schmamoni war dann auch kurz nach Eröffnung im Laden, fand das alles super und wir haben ein paar Jahre deren Studio-Braun T-Shirts verkauft. Der Beitrag ist auch auf unserer Lockengelöt-Doppel-LP mit Songs von 24 Bands, die seit 2004 in unserem Laden aufgetreten.