Natalya (28) hat mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern dort gewohnt, wo jetzt die Kriegsfront ist. Nach ihrer Flucht quer durch die Ukraine lebt die Familie jetzt auf 20 Quadratmetern – und ist dennoch dankbar, dass es ihren Kindern dort an nichts fehlt.
Ein Koffer voll mit Kleidung, mehr Gepäck war nicht möglich. Sogar ihre Katzen mussten sie zurücklassen, als Natalya Ende Februar mit ihrem Mann und den zwei Kindern aus dem Osten der Ukraine geflüchtet ist. Ihre Heimatstadt Sjewjerodonezk liegt direkt an der Front. „Unser einziger Wunsch war, von dort wegzukommen. Dahin, wo es sicher ist“, erzählt Natalya von ihrer Flucht Ende Februar.
Im Video erhalten Sie einen Einblick in das Zimmer und Leben von Natalyas Familie:
Alle Berichte und Hintergründe zur Spendenaktion finden Sie auf unserer Sonderseite. Hier können Sie online spenden.
Vier Tage und Nächte auf der Flucht
Vier Tage lang war die Familie unterwegs. Am 28. Februar haben sie einen Evakuierungszug nach Lviv genommen. Ganz in den Westen des Landes, möglichst weit weg vom Kriegsgeschehen. Dennoch wird auch dort regelmäßig Luftalarm ausgerufen. Die erste Nacht mussten sie im Bahnhof von Lviv schlafen, dann haben Freiwillige ihnen ein Hostel vermittelt. „Die Bedingungen vor Ort waren uns egal. Hauptsache, wir hatten eine warme Unterkunft“, sagt die 28-Jährige. „Uns allen war schrecklich kalt.“ Die Sicherheit ihrer Töchter – Masha ist drei, Islata fünf Jahre alt – sei ihre größte Sorge gewesen.
Jetzt leben sie zu viert mit zwei Katzen in einem Zimmer, kaum größer als 20 Quadratmeter. Ob Betten, Schränke oder der Esstisch: Alles hat gerade so Platz in dem kleinen Raum. So gut wie jeden Gegenstand haben sie durch Spenden erhalten, die Möbel hat die Einrichtung gestellt. Um einmal durch den Raum zu kommen, muss man aufpassen, wo man hintritt. Beklagen will sich die Familie trotzdem nicht: „Wir haben sechs Monate in einem Raum gelebt, der nur halb so groß wie dieser war“, sagt Natalya. „Wir schätzen uns sehr glücklich, so viel Platz zu haben.“
Unterkunft schon komplett voll
Die Flüchtlingseinrichtung liegt am Stadtrand von Iwano-Frankiwsk. Fernab von Großstraßen können die Geflüchteten hier zur Ruhe kommen. Die Hilfsorganisation CARE hat gemeinsam mit Partnern leerstehende Gebäude umgebaut. Über 100 Binnenflüchtlinge sind hier untergebracht. Natalyas Familie wurde daher bereits in ein neu errichtetes Nebengebäude einquartiert.
„Die Kinder können hier gut leben und aktiv sein“, freut sich Natalya. Vor der Tür gibt es einen Spielplatz, unter den Spenden waren viele Spielsachen. Am meisten hätten sich Masha und Islata jedoch darüber gefreut, die beiden Katzen wiederzusehen. Bei ihrer Flucht mussten sie sie zurücklassen. Freiwillige haben sie später aus Sjewjerodonezk gerettet und mit der Familie wieder vereint.
Wie es langfristig weitergeht, weiß die Familie nicht. Sie lebt von Tag zu Tag. „Ich hoffe, dass wir gut durch den Winter kommen. Immerhin ist es hier warm, das ist das Wichtigste“, sagt Natalya. Eine Sache wünscht sich Natalya dann aber doch noch; „Ich will das Geräusch einer Explosion nie wieder hören müssen.“
Zu den Kommentaren