PNP-Spendenaktion 2024
Wegen alkoholkranker Mutter: Brüder in Moldau sind auf sich alleine gestellt

21.12.2024 | Stand 21.12.2024, 6:18 Uhr |

Der Vater tot, die Mutter mit allem überfordert: Gheorghe trägt mit seinen 14 Jahren die Verantwortung für sich und seinen kleinen Bruder Grigore (12).  − Fotos: Cristina Bancu, Concordia

Gheorghe* (14) und Grigore* (12) wachsen in bitterer Armut bei ihrer alkoholkranken Mutter auf. Ans Leben haben die beiden Brüder keine großen Erwartungen. Ihr einziger Rettungsanker ist die Sozialkantine der Concordia.

  


Zum 32. Mal leuchtet heuer „Ein Licht im Advent“, die Weihnachtsaktion der Passauer Neuen Presse. In diesem Jahr unterstützen Ihre Spenden die Arbeit der Hilfsorganisation Concordia in der Republik Moldau. Hier können Sie direkt online spenden. Alle weiteren Infos und Berichte zur Spendenaktion finden Sie hier auf unserer Sonderseite.




Normalerweise hat jedes Kind eine Antwort auf die Frage, was es einmal werden will. Von Astronaut bis Zauberer ist alles dabei, die Berufswünsche und Träume fallen mal mehr, mal weniger realistisch aus. Doch Gheorghe (14) und sein zwei Jahre jüngerer Bruder Grigore zucken nur mit den Schultern. „Was soll schon aus uns werden?“, fragt Gheorghe. Die beiden machen sich keine Illusionen, erwarten nichts vom Leben, das ihnen bisher übel mitgespielt hat. Sie kennen nichts anderes als die bittere Armut ihres Zuhauses in Ghetlova, einem Dorf im Bezirk Orhei im Zentrum Moldaus gelegen.

Das Haus, in dem sie mit ihrer Mutter Corina (32) leben, ist in einem schlimmen Zustand. Hier wurde seit vielen Jahren nichts gemacht, und offensichtlich ist die Mutter nicht in der Lage, sich um den Haushalt zu kümmern.

Lesen Sie auch: Großherzige Großmutter: Wie die schwerkranke Melanie (67) für ihre Enkelinnen kämpft

Im Hof gibt es noch nicht einmal ein Plumpsklo

Der einzige bewohnte Raum ist nicht beheizt, die Einrichtung wirkt verdreckt, es gibt auch keine Anzeichen dafür, dass hier regelmäßig gekocht wird. Als Waschgelegenheit dient der Mutter und den beiden Burschen eine Plastikwanne im Hof, in die nur ein Wasserschlauch führt – auch im Winter. Kaum vorstellbar, wie hier bei Minusgraden Körperpflege möglich sein soll. Für ihre Notdurft müssen sich die Kinder in die Büsche schlagen – es gibt nicht einmal ein Plumpsklo im Hof.

„Vor zwei Jahren starb der Vater an den Folgen seiner Alkoholsucht, und auch die Mutter kämpft mit dem Trinken“, erzählen die Mitarbeiter der Sozialkantine im Ort, die von der Hilfsorganisation Concordia betrieben wird. „Die Mutter ist mit allem überfordert, sie schafft es nicht, ihren Söhnen die nötige Fürsorge zukommen zu lassen. Die Familie gilt als besonders gefährdet.“ Doch offenbar hat die Gemeinde bisher keine andere Lösung für die Kinder gefunden, als sie bei ihrer Mutter zu lassen.

Deshalb versuchen die Mitarbeiter von Concordia der Familie so gut es geht zu helfen. Sie versorgen Corina und ihre Söhne mit Kleidung und Hygieneartikeln und öffnen die Türen der Sozialkantine für sie. Dort können sich die Jungs und ihre Mutter aufwärmen, haben soziale Kontakte und erhalten unter der Woche ein warmes Mittagessen. Und die Helfer kontrollieren, ob Gheorghe und Grigore zur Schule gehen und ihre Hausaufgaben machen. Denn mit dem Lernen tun sich beide Kinder schwer – ihre Mutter ist ihnen dabei überhaupt keine Hilfe.

Mehr zum Thema: Wo sich die Hilfsorganisation Concordia in Moldau einsetzt

Statt Schule versuchen die Brüder Geld zu verdienen

Im Gegenteil. Gheorghe trägt mit seinen 14 Jahren die Verantwortung für seinen Bruder und die kranke Mutter, die nur Gelegenheitsjobs hat und auch diesen oft genug nicht gewachsen ist. Die Brüder wissen, dass sie nicht auf sie zählen können. Anstatt den Unterricht zu besuchen, bietet Gheorghe dann lieber im Dorf seine Dienste an, arbeitet in den Gärten der Nachbarn oder sammelt Holz im Wald. Manchmal nimmt er auch seinen kleinen Bruder mit. „Von dem Trinkgeld kaufen wir etwas zu essen“, sagt Grigore. „Gestern hat es für Brot und ein bisschen Fleisch gereicht.“

Und dann, als die beiden so erzählen, da keimt in Gheorghe doch noch ein Wunsch auf. „Ich hätte gerne ein Pferd“, sagt er. „Mit einem Pferd könnte ich im Wald arbeiten und Feuerholz sammeln. Davon könnten wir leben.“ Dass ein 14-Jähriger schon in so existenziellen Dimensionen denken muss, bereitet dem Team der Sozialkantine Kummer. „Wir ermutigen die Brüder dazu, regelmäßig in die Schule zu gehen. Bildung ist ihre einzige Chance, diesem Elend zu entfliehen. Und solange sie zu uns in die Sozialkantine kommen, können wir auf die beiden aufpassen.“


Die Namen* wurden aus Kinderschutzgründen geändert.

Artikel kommentieren