Der Spitzenkandidat der CSU bei der Europawahl, Manfred Weber, hat das Abschneiden seiner Partei am Sonntag als „tolle Leistung“ bezeichnet. Frust herrscht bei der SPD.
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Dass die Christsozialen laut einer ersten Prognose unter der 40-Prozent-Marke liegen könnten, „das ärgert uns nicht“, sagte Weber am Abend im Bayerischen Rundfunk. Die Prognose von 38,5 Prozent liege über dem Stimmenanteil bei der Landtagswahl im Oktober 2023 von 37,0 Prozent, betonte Weber. „Wenn wir jetzt darüber liegen, dann stärkt das die CSU.“
Seine Partei sei die einzige Volkspartei im Freistaat, sagte Weber. Man habe einen „klaren Auftrag der Bayerinnen und Bayern bekommen“. Man müsse sehen, dass es bei der Europawahl mangels einer Prozenthürde eine Fragmentierung im Wahlergebnis gebe, sagte Weber. „Die strategische Lage ist bei der Europawahl herausfordernder.“
Weber: Scholz soll von der Leyen vorschlagen
Weber fordert zudem von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Ursula von der Leyen (CDU) als EU-Kommissionspräsidentin vorzuschlagen. „Es ist klar, dass die EVP die Wahlen in Europa gewonnen hat. Das muss auch Bundeskanzler Olaf Scholz anerkennen und Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin vorschlagen“, sagte Weber den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. „Es darf jetzt nicht taktiert werden“, erklärte er.
Auch Söder zufrieden
CSU-Chef Markus Söder hat das Europawahlergebnis unterdessen als klares Votum gegen die amtierende Bundesregierung gewertet. „Die Ampel ist de facto von den Bürgerinnen und Bürgern abgewählt worden“, sagte Söder am Sonntagabend in München. SPD, Grüne und FDP hätten zusammen fast ein Viertel ihrer Wähler verloren. „Die Halbwertszeit der Ampel ist maximal noch ein Jahr.“ Dann müsse der „Spuk“ vorbei sein. Für die Union sei das Ergebnis eine gute Rampe für die Bundestagswahl. Söder beklagte allerdings, dass das nationale AfD-Ergebnis - und das trotz der Skandale der Partei - zu hoch sei. Das bleibe ein „harter Arbeitsauftrag“.
Aiwanger erleichtert
Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hat sich erleichtert über das Abschneiden seiner Partei bei der Europawahl gezeigt. „Nach obenhin ist natürlich immer Luft, aber ich bin ja schon froh, dass wir nicht verloren haben“, sagte er am Sonntagabend im Bayerischen Rundfunk. „Viele andere müssen Wunden lecken. Wir können feiern.“ Hochrechnungen sahen die Freien Wähler in Bayern am Abend bei 7,0 Prozent (2019: 5,3 Prozent). Bundesweit schnitt die Partei demnach mit 2,6 Prozent ab. Das würde den Prognosen zufolge für einen weiteren Sitz im EU-Parlament reichen. In der vergangenen Legislatur hatten die Freien Wähler dort zwei Sitze.
Kühnert: SPD muss sich „auf Fehlersuche begeben“
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wertet den Ausgang der Europawahl als „ein ganz bitteres Wahlergebnis“ für seine Partei. „Für uns ist das heute eine harte Niederlage“, sagte Kühnert am Sonntagabend in der ARD mit Blick auf das Abschneiden der Sozialdemokraten. Den Unionsparteien gratulierte er zu ihrem Wahlerfolg.
Die SPD erreicht ersten Prognosen zufolge nur noch 14 Prozent der Stimmen - rund zwei Prozentpunkte weniger als vor fünf Jahren und ein massiver Absturz im Vergleich zur Bundestagswahl 2021. „Wir werden uns mit der Frage beschäftigen müssen, wo wie bei der Mobilisierung nicht gut gewesen sind“, sagte dazu Kühnert.
Er forderte seine Partei auf, „bei uns selbst auf die Fehlersuche zu gehen“. Dies bedeute jedoch nicht, dass die SPD nun „in Sack und Asche gehen“ werde. „Unser Versprechen ist: Wir kommen zurück“, sagte der Generalsekretär.
Lang: „Nicht der Anspruch“
Enttäuscht hat die Grünen-Vorsitzende, Ricarda Lang, auf die Stimmenverluste ihrer Partei bei der Europawahl reagiert. „Das ist nicht der Anspruch, mit dem wir in diese Wahl gegangen sind, und wir werden das gemeinsam aufarbeiten“, sagte die Co-Parteichefin am Sonntagabend in der ARD.
Nach den Prognosen von ARD und ZDF erzielten die Grünen 12 bis 12,5 Prozent. Bei der Wahl vor fünf Jahren hatten sie mit 20,5 Prozent ihr bislang bestes Ergebnis bei einer Europawahl erreicht. Die Situation sei heute ganz anders als bei der zurückliegenden Europawahl 2019, erklärte Lang. Die Menschen seien verunsichert. Die Frage von Krieg und Frieden sei für die Wählerinnen enorm wichtig gewesen diesmal.
Eine Kursänderung im Hinblick auf Ukraine-Krieg sei von ihrer Partei jetzt nicht zu erwarten, sagte Lang, denn wenn der russische Präsident Wladimir Putin diesen Krieg gewinnen würde, wäre die Zukunft auch in Deutschland weniger friedlich.
Linnemann: Scholz soll Vertrauensfrage stellen
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hat angesichts der Verluste für die SPD bei der Europawahl Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aufgefordert, die Vertrauensfrage zu stellen. Der Kanzler müsse sich angesichts „mickriger 14 Prozent“ die Frage stellen, ob er wirklich Politik für die Menschen mache, sagte Linnemann am Sonntag im ZDF. „Ansonsten muss er den Weg freimachen zum Beispiel mit einer Vertrauensfrage.“ Die Union sei „doppelt so groß wie die SPD“.
Chrupalla: „Super Ergebnis“ für die AfD
AfD-Co-Chef Tino Chrupalla hat die Prognosen für seine Partei bei der Europawahl als „super Ergebnis“ bewertet. Die gut 16 Prozent in den ersten Prognosen von ARD und ZDF seien ein „guter Start ins Wahljahr“, sagte Chrupalla am Sonntagabend im ZDF. Seine Partei habe „fast 50 Prozent neue Wähler hinzugewonnen“, betonte Chrupalla angesichts des Rekordergebnisses seiner Partei bei einer Europawahl.
− dpa/afp
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