Der erste Strafprozess im Dieselskandal hat gut zweieinhalb Jahre gedauert, jetzt steht nur noch die Urteilsverkündung aus. Der Rahmen ist schon abgesteckt. In den Plädoyers der Verteidiger bekam die Staatsanwaltschaft aber die Leviten gelesen.
Die Verteidiger des ehemaligen Audi-Chefs Rupert Stadler und der beiden Mitangeklagten im Dieselbetrugs-Prozess haben in ihren Schlussplädoyers am Dienstag Bewährungsstrafen gefordert. Diese hat das Landgericht München allen drei geständigen Angeklagten bereits in Aussicht gestellt. Das Urteil soll am kommenden Dienstag verkündet werden. So nutzten die Verteidiger die Gelegenheit auch zu deutlicher Kritik an der Staatsanwaltschaft.
Sie sei von Anfang an mit dem «Flammenwerfer» vorgegangen und habe vor Erhebung der Anklage nicht zu Ende ermittelt, sagte Gerson Trüg, Verteidiger des ehemaligen Chefs der Audi-Motorenentwicklung, Wolfgang Hatz. Es habe - vielleicht auch im Wettlauf mit der Braunschweiger Staatsanwaltschaft um den ersten Dieselprozess in Deutschland - schnell gehen müssen. Auch deshalb habe der Prozess mehr als zweieinhalb Jahre gedauert und sei der Unterschied zwischen den Anklagevorwürfen und dem «dünnen» Beweisergebnis groß.
Stadlers Verteidiger Thilo Pfordte hielt der Staatsanwaltschaft Populismus und eine widersprüchliche Einschätzung von Zeugen und Schadenshöhen vor. Die Anwälte des angeklagten Ingenieurs P. warfen der Staatsanwaltschaft vor, sie habe im Ermittlungsverfahren fragwürdige Untersuchungsergebnisse von US-Anwälten übernommen. Die USA hätten den Dieselskandal brutal ausgenutzt zugunsten ihrer eigenen Autoindustrie.
Stadler und Hatz verzichteten auf ein Schlusswort, P. bat noch einmal um Entschuldigung. Die Wirtschaftsstrafkammer hat allen drei Bewährungsstrafen zwischen eineinhalb und zwei Jahren in Aussicht gestellt. Außerdem soll Stadler 1,1 Millionen Euro zahlen, Hatz 400.000 Euro und der Ingenieur 50.000 Euro. Im Zuge einer Verständigung mit Gericht und Verteidigung stimmte die Staatsanwaltschaft dem bei Stadler und P. zu. Für Hatz fordert sie aber eine Gefängnisstrafe von drei Jahren und zwei Monaten ohne Bewährung.
Alle Verteidiger führten die Untersuchungshaft, die Länge des Prozesses und die enormen Kosten ins Feld und plädierten für Bewährungsstrafen am unteren Rand des vom Gericht genannten Rahmens. Allein die Verfahrenskosten lägen über einer Million Euro, dazu kämen Anwaltshonorare für mehrere Tausend Stunden, rechnete P.s Anwalt Walter Lechner vor. Sein Mandant stehe nun vor der Insolvenz.
Stadler hatte jahrelang seine Unschuld beteuert. Nach dem Hinweis des Gerichts auf eine drohende Gefängnisstrafe gestand er aber im Mai, den Verkauf von Autos mit manipulierten Abgaswerten in Europa zu lange nicht gestoppt zu haben. Er hätte sorgfältiger sein, für Aufklärung sorgen und eingreifen müssen. Damit hat er nach Einschätzung des Gerichts «Betrug durch Unterlassen» gestanden.
Hatz, P. und ein weiterer Ingenieur gestanden, dass sie die Ausgestaltung der Motor-Software veranlasst hatten. Mit unzulässigen Abschalteinrichtungen hielten Dieselautos die Stickoxid-Grenzwerte zwar auf dem Prüfstand ein, aber nicht auf der Straße. So wollten sich die Autobauer den aufwendigen nachträglichen Einbau größerer Adblue-Tanks für die Abgasreinigung sparen, nachdem sie sich zuvor verrechnet hatten.
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