Regensburg und Ingolstadt stürzen ab
Neue Rangliste: Die höchste Kaufkraft wohnt in den bayerischen Landkreisen

06.11.2023 | Stand 08.11.2023, 16:43 Uhr |

Teils drücken deutlich überdurchschnittliche Lebenshaltungskosten die Stadt nach unten, wie bei Rosenheim, Regensburg und ganz besonders Ingolstadt. − Symbolbild: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

Wo viele Reiche leben, ist es oft auch teuer. Gleicht das die Einkommensunterschiede aus? Nur teilweise, wie ein neues regionales Kaufkraftranking zeigt. Die meisten Städte stürzen drastisch ab - wie unter anderem Ingolstadt, Rosenheim und Regensburg. Zu den Aufsteigern zählt der Landkreis Regen.



Wie wohlhabend oder arm man ist, hängt nicht nur am Einkommen, auch die regionalen Lebenshaltungskosten spielen eine Rolle. Bereinigt man die Rangliste der Einkommen in den 400 deutschen Landkreisen, Kreisen und Städten damit, stürzen die großen Städte teils drastisch ab, wie Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zum preisbereinigten verfügbaren Einkommen pro Kopf zeigen, die der Deutschen Presse-Agentur vorab vorlagen. Das neue Ranking wirft einiges durcheinander: Oft geht es um deutlich mehr als 100 Plätze nach oben oder unten.



Die höchste Kaufkraft in Bayern sitzt nicht in den Städten. Bereinigt man die Pro-Kopf-Einkommen um die regionalen Lebenshaltungskosten, gehen die ersten fünf Plätze im Freistaat an Landkreise, wie Berechnungen des IW zeigen. Und der billigste Landkreis Wunsiedel liegt plötzlich vor der teuersten Stadt München - obwohl das durchschnittliche nominelle, also nicht preisbereinigte Jahreseinkommen in München fast 8500 Euro höher ist.

Die Wohlhabendsten



Ganz oben gilt: reich bleibt reich. Das höchste verfügbare Jahreseinkommen in regionalen Preisen findet sich den IW-Berechnungen zufolge mit gut 32.800 Euro im Landkreis Starnberg. Das sind 34,7 Prozent mehr als der Bundesdurchschnitt. Starnberg ist schon beim nominalen Einkommen Nummer eins und der Vorsprung schlicht so groß, dass er von den hohen Lebenshaltungskosten, die dort 14,1 Prozent über dem Bundesschnitt liegen nicht ausgeglichen wird.

Die nächsthöheren Realeinkommen in Bayern finden sich in den Landkreisen Miesbach, München, Erlangen-Höchstadt und Wunsiedel. Die erste kreisfreie Stadt ist Schwabach auf Rang 6. München Stadt folgt erst auf Rang 8.

Vor allem die Platzierung von Wunsiedel ist dabei auffällig. Denn der Landkreis verdankt sie nicht etwa hohen Einkommen - hier liegt er nur im bayerischen Mittelfeld -, sondern seiner Position als billigster im Freistaat: 9,2 Prozent billiger als im Bundesschnitt ist es dort. Das reicht, um bei der Kaufkraft an der Stadt München vorbeizuziehen. Die hat zwar das zweithöchste nominale Einkommen pro Kopf in Bayern, aber die mit Abstand höchsten Lebenshaltungskosten - 25,1 Prozent über dem deutschen Durchschnitt fressen einen großen Teil davon auf.

Die Ärmsten



Auch ganz unten bleibt arm arm: Das niedrigste preisbereinigte verfügbare Jahreseinkommen errechnen die IW-Experten für Gelsenkirchen. Mit 18.886 Euro liegt es 22,5 Prozent unter dem Bundesschnitt. Die Rote Laterne hat die Stadt schon vor der Preisbereinigung. Die um 5,1 Prozent unterdurchschnittlichen Kosten dort ändern daran nichts mehr. Dahinter folgen Offenbach am Main, Duisburg, Herne und Freiburg, die 21,7 bis 16,2 Prozent unter dem Bundesschnitt liegen.

Die Rolle der Lebenshaltungskosten



An den Endpunkten Starnberg und Gelsenkirchen mögen die regionalen Lebenshaltungskosten an der nicht gewichteten Einkommensrangordnung nichts ändern, dazwischen werfen sie aber einiges durcheinander. Das liegt allerdings auch daran, dass gerade im Mittelfeld die Unterschiede teils nur relativ klein sind.

Insgesamt nivellieren die regionalen Kosten die Einkommensunterschiede ein Stück weit. „Die Streuung wird kleiner“, sagt Christoph Schröder vom IW. Auch die Unterschiede zwischen Ost und West gingen zurück.

Die Absteiger



So stürzen die Großstädte angesichts ihrer hohen Lebenshaltungskosten teils mehr als 200 Plätze ab: Bei Stuttgart sind es 259 Plätze: Rang 301 statt 42. Für Frankfurt am Main geht es vom 118. Platz auf den 370. und Hamburg sackt vom 64. auf den 297. Rang. Auch Köln büßt kräftig ein: 183 Plätze vom oberen Mittelfeld auf Rang 349.

Aus der Gruppe der sieben größten Städte können sich nur München und Düsseldorf nach der Preisbereinigung in der reicheren Hälfte halten. Düsseldorf fällt dank nur 8,5 Prozent überdurchschnittlicher Kosten nur von Platz 19 auf 103. Bei München dämpft das auf Rang zwei herausragend hohe nominale Einkommen den Fall trotz der bundesweit höchsten Kosten. So bleibt die bayerische Landeshauptstadt mit Rang 24 beim preisbereinigten Einkommen zumindest in der erweiterten Spitzengruppe.

Ingolstadt stürzt nach unten ab



Am unteren Ende des Rankings liegen Städte. Hinter Augsburg, wo niedrige Einkommen auf eher hohe Kosten treffen, folgen Passau, Bayreuth, Rosenheim, Regensburg, Nürnberg, Kempten, Bamberg und Ingolstadt. Teils sind hier auch die nominellen Einkommen eher gering und werden nicht durch niedrige Kosten ausgeglichen (wie bei Passau oder Bayreuth), teils drücken deutlich überdurchschnittliche Lebenshaltungskosten die Stadt nach unten, wie bei Rosenheim, Regensburg und ganz besonders Ingolstadt – Die Stadt stürzt durch hohe Kosten um viele Plätze nach unten.

Oft schneidet dabei das Umland der Städte besser ab. So liegt der Landkreis Nürnberger Land 83 Plätze vor der Stadt Nürnberg und der Landkreis Augsburg im soliden Mittelfeld.

Die Aufsteiger – wie der Landkreis Regen



Die nach der Zahl der nach oben gekletterten Ränge größten Aufsteiger sind allesamt Landkreise. Allen voran Tirschenreuth, das durch niedrige Preise 140 Plätze gut macht und von Rang 200 auf 60 springt. Die Landkreise Hof und Regen verbessern sich um 133 beziehungsweise 132 Punkte. Große Städte sucht man in dieser Gruppe vergebens. Auch auf dem Land hätten die Menschen oft ein gutes Einkommen, sagt Schröder.

Die Grundlagen der Rangordnung



Insgesamt nivellieren die Lebenshaltungskosten in der Regel die Unterschiede ein Stück weit. Und noch eine gute Nachricht für Bayern gibt es: Nur 17 bayerische Städte und Landkreise liegen beim realen Einkommen unter dem deutschen Durchschnitt, 79 darüber.

Basis des Rankings sind Daten zum nominalen Einkommen vom Statistischen Bundesamt mit Stand 2021, die das IW mit einem vor kurzen von ihm zusammen mit dem Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) veröffentlichten Index der regionalen Lebenshaltungskosten auf Ebene der Kreise, Landkreise und Städte kombiniert hat. Der Preisindex basiert unter anderem auf 24 Millionen teilweise automatisiert im Jahr 2022 abgefragter Preisdaten. Entscheidend für größere Unterschiede waren dabei die Wohnkosten.

Nicht berücksichtigt in der Rangliste sind Unterschiede in der Ausgabenstruktur, dass beispielsweise Städter möglicherweise weniger hohe Pendelkosten haben als Menschen aus billigeren Landkreisen.

− dpa

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